Es war ein denkwürdiges Finale in der Formel E, das eigentlich noch gar nicht zu Ende ist. Schließlich wird am Sonntag durch die Londoner Messehalle noch ein Rennen gefahren. Und trotzdem steht mit Jake Dennis schon ein Weltmeister fest. Für die Formel E etwas Ungewöhnliches. Schließlich ist die Serie für Entscheidungen im allerletzten Rennen bekannt.

Noch ungewöhnlicher schreibt sich aber die Geschichte des neuen Weltmeisters Dennis. Vom bereits abgeschriebenen Newcomer an die Spitze der schnellsten Elektro-Rennserie. Ein Triumph über Größen wie dem mehrfachen DTM-Meister Rene Rast oder ehemaligen Formel-1-Fahrern wie Stoffel Vandoorne oder Pascal Wehrlein. Und Dennis selbst kann es auch nicht ganz fassen. Die Erleichterung ist groß!

Aus dem Nichts an die Spitze

"Es ist eine massive Befreiung", fasst Jake Dennis seine Gefühle unmittelbar nach dem Titelgewinn der Formel-E-Weltmeisterschaft zusammen. Diese Befreiung ist ihm anzumerken. Er möchte den Abend, aber auch das Rennen am Sonntag genießen. Das erzählt er einer Gruppe Journalisten, zu der auch Motorsport-Magazin.com gehörte. Immer wieder unterbrechen Leute das Interview, um ihn zu seinem Titel zu gratulieren.

Der Weg dorthin war außergewöhnlich. Ende 2020 wurde der damals 25-Jährige an der Seite von Maximilian Günther als neuer Formel-E-Pilot des BMW-Andretti-Teams bekanntgegeben. Dabei wurde er als "talentiert" und "vielseitig" wurde er damals beschrieben. Lorbeeren, die ihm von der Öffentlichkeit nur bedingt entgegengetragen wurden.

Er war ein Newcomer, ein unbekannter Name, dem damals trotzdem fast sofort der ganz große Wurf gelang. "Wir sind fast mit einem Knall in die Formel E gestartet, als ich fast als Rookie die Weltmeisterschaft gewonnen hätte", erinnert er sich. Diesen Titel verpasste er mit damals mit lediglich acht Punkten denkbar knapp. Alle guten Dinge sind drei, denn im dritten Jahr funktionierte es dann mit dem Titel. Und Dennis beteuert, dass er sich richtig gut anfühlt: "Wir haben hier so ein hohes Level und es fühlt sich richtig an, dass wir das wirklich verdient hat.

"Es war so, als würden 21 Jaguar gegen mich fahren"

Dennis wurde dabei eine besondere Ehre zu Teil. Schließlich fuhr er nicht nur vor heimischer Kulisse, sondern auch vor Michael Andretti höchstpersönlich über die Ziellinie. Der US-Amerikaner war über den großen Teich nach London gereist. "Ich konnte ihm während dem Rennen auf dem großen Bildschirm sehen. Er wollte das hier genauso sehr wie ich. Ich bin so glücklich, dass ich das für ihn schaffen konnte", zeigt sich Dennis emotional.

Am großen Bildschirm bekam er auch mit, wie Michael Andretti zwischenzeitlich in die Garage von Ausrüster Porsche lief. Der Anspannung war groß. Dennis erwartete sich mehr Unterstützung von Werks-Porsche-Fahrer Pascal Wehrlein, musste er doch gegen den Deutschen um seine Position ringen. "Es hat sich heute so angefühlt, als würde ich gegen 21 andere Jaguar fahren", gewährt er einen Einblick unter seinen Rennhelm. Realistisch gesehen hatte nämlich auch Jaguar-Pilot Nick Cassidy noch Chancen auf den Titel. Im Zwist mit Teamkollege Sebastien Buemi gaben sie jegliche Restchancen aber selbst aus der Hand.

Auch die eigene Strategie war in dem Chaos-Rennen von London schließlich für die Tonne, wie Dennis erklärt. An den Sieg beim London-Rennen habe er aber ohnehin nicht gedacht. "Mich hat der Sieg vom Start weg nicht interessiert. Ich wollte einfach aus allem Ärger draußen bleiben." Und das ist ihm auch gelungen. Nach anfänglichen Strapazen reichte es schließlich sogar für den zweiten Platz.

Und Michael Andretti? Der hat auch auf den letzten Runden nochmal den Atem angehalten. "Es war verrückt! Ich denke, dass das ganz gut beschreibt, worum es in der Formel E geht. Du weißt bis in die letzte Runde nicht, was passiert." Letztlich wartet am Sonntag aber noch ein Rennen auf die Formel E. Für die Zeit danach hat Dennis aber bereits Pläne. "Ich werde einfach den Urlaub genießen", schwelgt der Formel-E-Weltmeister über den bevorstehenden August.