Porsche-Party in der Formel E! Die Festspielwochen des Sportwagenbauers aus Zuffenhausen gehen munter weiter, Pascal Wehrlein eroberte beim zweiten Rennwochenende in Saudi-Arabien einen Doppelsieg. Ein äußerst seltenes Kunststück, das in den bisherigen 102 Rennen der Elektro-Rennserie zuvor nur Nicolas Prost (London 2016), Sam Bird (New York 2017), Antonio Felix da Costa (Berlin 2020) und Mitch Evans (Rom 2022) gelang.
Und damit nicht genug: Porsche-Motoren feierten den dritten Doppelsieg beim dritten Rennen der Saison mit den neuen Gen3-Autos. Vor zwei Wochen beim Auftakt in Mexiko-City hatte Jake Dennis mit seinem Porsche-Kundenauto von Andretti die Nase vor Wehrlein. In Saudi-Arabien drehte der frühere DTM-Meister und Formel-1-Fahrer den Spieß in beiden Rennen um und überquerte die Ziellinie jeweils vor dem Zweitplatzierten Briten.
Formel-E-Gesamtwertung: Porsche-Power dominiert
Ein Blick auf die Gesamtwertung untermauert die Vormachtstellung von Porsche in der Formel E 2023: Wehrlein führt das Klassement mit 68 Punkten an, gefolgt von Dennis, der bislang 62 Zähler sammeln konnte. Dahinter klafft bereits eine große Lücke zum Gesamtdritten Sebastien Buemi (31 Punkte), der sich nach zwei schwierigen Jahren bei Nissan mit dem Wechsel zum Jaguar-Kundenteam Envision wieder im Aufwind befindet - und seine Pole Position am Freitag im Wüstenstaat mindestens genauso lautstark bejubelte wie das Porsche-Team später auf dem Podium.
"Mega, das ist ein bisschen surreal", kommentierte Doppelsieger Wehrlein die bärenstarke Leistung auf dem 2,495 Kilometer langen Kurs in Diriyah, einem Vorort der saudischen Hauptstadt Riad. "Wir surfen gerade auf einer Welle, und wir wollen mehr davon! Ich bin so stolz auf mein Team. Endlich sind wir da, wo wir hingehören."
Nach zuvor drei eher ernüchternden Saisons in der Formel E, gab sich das Porsche-Werksteam nach dem überzeugenden Saisonstart in Mexiko-City nur vorsichtig optimistisch. Mit den Anforderungen des aus der Formel 1 bekannten Autodromo Hermanos Rodriguez kamen die Porscheaner traditionell gut parat, doch der Wüstenkurs zwei Wochen später mit seinen 21 Kurven und Esses-Abschnitten wie in Suzuka stellte gänzlich andere Herausforderungen an das Energie-Management und die Setups der Autos.
Doch in Saudi-Arabien zeigte sich, dass die Porsche-Mannschaft zu diesem frühen Zeitpunkt in der Saison ein in allen Bereichen starkes Paket auf die Beine gestellt hat. Die durchscheinende Zuversicht nach den Testfahrten Ende Dezember in Valencia hätte Alarm bei der Konkurrenz auslösen müssen, als zahlreiche Beobachter dem Antriebsstrang von DS vorschnell die beste Performance attestierten. Doch DS Penske sowie Kundenteam Maserati fuhren bislang heillos hinterher.
Motor wichtig - Fahrer ausschlaggebend
Stattdessen etablierte sich der Porsche-Motor als eine Macht in den Rennen. Wehrlein feierte seine Siege von den Startplätzen neun und fünf: "Am Anfang habe ich versucht, Energie zu sparen und nicht zu früh zu attackieren. Dann habe ich mich langsam, aber sicher nach vorne gearbeitet." Mit seiner Energie konnte der werdende Vater scheinbar nach Belieben haushalten, als er nur so durchs Feld pflügte. "Von außen sah es einfacher aus als es in Wirklichkeit war", meinte Wehrlein später - mit Blick auf seine Renn-Performance.
Wehrleins dominanten Auftritt allein auf den Porsche-Antriebsstrang zurückzuführen, wäre zu einfach. Tatsächlich spielen er und Andretti-Ass Dennis ("Über Platz zwei bin ich ein wenig enttäuscht") derzeit in einer ganz eigenen Liga, wie ein Blick auf die jeweiligen Teamkollegen zeigt.
Der neue Porsche-Werksfahrer Antonio Felix da Costa, Formel-E-Champion von 2020, hat sich noch nicht komplett eingelebt und ging in Saudi-Arabien leer aus. Ebenso Dennis' neuer Andretti-Teamkollege Andre Lotterer, der sich nach Platz vier in Mexiko mit einer Ausbeute von nur zwei Punkten in Diriyah begnügen musste.
"Effizient zu sein, bezieht sich nicht nur auf die Energie", erklärte der inzwischen dreifache Formel-E-Rennsieger Wehrlein nach seinem 51. Rennen. "Du musst den Speed in den Kurven maximieren, um auf der nachfolgenden Geraden weniger Energie zu verlieren. Das ist eine Kombination. Wir sind alle sehr erleichtert im Team, dass wir die Performance auf unterschiedlichen Strecken zeigen konnten."
Porsche: Qualifying bleibt Baustelle
Zwar gelang Wehrlein im Freitagsrennen eine selten gesehene Aufholjagd vom neunten Startplatz bis an die Spitze, doch das Qualifying bleibt eine der Baustellen im Porsche-Lager. Zu sehen an Felix da Costa, der in beiden Zeittrainings nicht über die Plätze 13 und 17 hinauskam. Im Freitagsrennen wurde der Portugiese im dicht gedrängten Mittelfeld während der Startphase in eine Kollision verwickelt - Rennen vorzeitig gelaufen, nur Platz 18. Am Samstag ging es zwar voran, doch als Elfter blieb Felix da Costa erneut ohne Punkte.
Wehrlein hingegen kam immer besser auf einer schnellen Runde zurecht, auch, wenn es am Samstag im Qualifying leicht hätte schiefgehen können. Im morgendlichen Abschluss-Training konnte der 28-Jährige keinen Run mit der vollen Leistung von 350 kW fahren, die später im Qualifying in der K.o.-Phase zur Verfügung steht. Ein Problem mit einem Einheitsbauteil 'klaute' Wehrlein zehn der 30 verfügbaren Trainings-Minuten. Porsche-Gesamtprojektleiter Florian Modlinger: "Wir haben keine 350-kW-Runde simuliert, sondern sind konstant mit 300 kW gefahren, um vergleichbar zu bleiben."
Hält die Porsche-Dominanz an?
Der in der Öffentlichkeit selten euphorisch wirkende Modlinger sprach von einem "sensationellen Wochenende" - und kann sich Hoffnungen machen, dass die Porsche-Festspiele noch eine Weile andauern. Zwar erwartet die Formel E bei der anstehenden Rennpremiere im indischen Hyderabad (Samstag, 11. Februar) eine gänzlich unbekannte Herausforderung, doch die Rennen im Zwei-Wochen-Takt lassen der Konkurrenz nur wenig Spielraum, um ihre Software, die Strategien und Abläufe ausgiebig zu optimieren.
"Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und müssen jetzt fokussiert bleiben. Die Saison ist noch lang und wir wissen, wie hart der Wettbewerb in dieser Weltmeisterschaft ist", kommentierte Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach in dem Wissen, dass die Lernkurve mit den brandneuen Gen3-Autos steiler ist als je zuvor in der Formel E.
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