Techeetah, das mit fünf Titelgewinnen erfolgreichste Einsatzteam in der Geschichte der Formel E, steht 2023 nicht mehr in der Startaufstellung. Nach der Trennung des langjährigen Partners DS Automobiles, das zu Beginn der Gen3-Ära mit Dragon/Penske zusammenspannt, fand sich erst einmal keine Alternative. Ein Großteil der Techeetah-Truppe inklusive des zweifachen Meisters Jean-Eric Vergne ist mit dem französischen Autobauer abgewandert.

Techeetah-Geschäftsführer Mark Preston hatte nach dem bevorstehenden DS-Abschied sein Möglichstes getan, kurzfristig einen Investor zu finden. "Ich habe schon einmal innerhalb weniger Monate ein Formel-E-Team aufgebaut", zeigte sich Preston beim zurückliegenden Saisonfinale in Seoul gegenüber Motorsport-Magazin.com noch zuversichtlich.

Foto: LAT Images
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Damals, im Jahr 2016, stampfte der Australier mit Formel-1-Vergangenheit (Arrows, McLaren, Super Aguri) aus den Überresten des Formel-E-Teams Aguri die Techeetah-Mannschaft aus dem Boden. Als einziges Kundenteam der Formel E mit Renault-Motoren gewann die Truppe 2017/18 mit Vergne den Fahrer-Titel, 2018/19 als DS-Werksteam eine weitere Fahrer-Meisterschaft mit dem Franzosen sowie den Team-Titel, und ließ 2019/20 den dritten Titel in Folge mit Antonio Felix da Costa folgen.

Im Laufe der Saison 2021 geriet das Team jedoch in finanzielle Schwierigkeiten, sogar Fahrergehälter sollen zwischenzeitlich nicht bezahlt worden seien. Techeetah-Mehrheitseigentümer SECA, ein chinesisches Kapitalunternehmen, verhandelte über einen Verkauf, zu dem es allerdings nicht kommen sollte.

In diesem Zuge übernahm DS Automobiles, das sich frühzeitig zur Zukunft der Formel E bekannt hatte, einen größeren Anteil am Team. Preston, zuvor Teamchef, machte sich als Techeetah-Geschäftsführer auf die Suche nach Investoren, während DS-Performance-Direktor Thomas Chevaucher am Kommandostand übernahm.

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Preston führte in den vergangenen Monaten zahlreiche Gespräche mit potenziellen Investoren und auch Rennfahrern, doch die Zeit reichte nicht aus. Als Motorenpartner wäre nur NIO in Frage gekommen. Auf der noch nicht veröffentlichten Starterliste der Formel E für die Saison 2023 dürfte das Techeetah-Team fehlen. Damit gehen im neunten Jahr der Elektro-Rennserie elf Teams inklusive der Neueinsteiger McLaren und Maserati sowie Rückkehrer Abt Sportsline an den Start.

Wer Prestons Ehrgeiz kennt, muss damit rechnen, dass der 53-Jährige nichts unversucht lassen wird, das Team Techeetah künftig wieder an den Start zu bringen - immerhin gehört er selbst zu den Pionieren der Formel E seit dem Serienbeginn 2014. Gegenüber The Race zeigte er sich zuversichtlich, für 2024 ein entsprechendes Paket schnüren zu können.

Preston: "Wir haben ein fantastisches Team aufgebaut und bewiesen, dass wir mit den richtigen Partnern dauerhaft Siege und Titel einfahren können. Jetzt müssen wir uns neu formieren und mit einem Neuanfang mit neuen Investoren und neuen Partnern für die Zukunft aufbauen. Wir glauben, dass wir die notwendigen Eigenschaften haben, um ein weiteres Erfolgskapitel in Gen3 zu schreiben."

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Die wertvolle Startlizenz befand sich beim Abschied von DS weiter in Besitz von SECA/Techeetah. Durch die Nicht-Teilnahme an der Saison 2023 würde sie automatisch an die Formel E zurückgehen. So erging es auch Audi beim Werks-Ausstieg Ende 2021, als sich kein Nachfolger finden ließ. Aber: Der bisherige Techeetah-Kapitalgeber SECA zählt zu den Investoren der Formel E, Firmengründer und CEO Sheng Li sitzt zudem im Vorstand der E-Rennserie. Ein Kulanzjahr erscheint demnach möglich.

SECA ist eine Sportvermarkungsagentur aus China, die dem Unternehmen China Media Capital gehört und zu deren Investoren unter anderem Basketball-Legende Yao Ming zählt. Der Name Techeetah - gesprochen: 'Ta-chi-ta' - bedeutet im Chinesischen eine Kombination aus 'Titan' und einem mystischen Drachen aus der chinesischen Sagengeschichte.

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Märchenhaft ist auch die Erfolgsbilanz von Techeetah in der Formel E. 15 Siege erzielten Fahrer des Teams seit der Saison 2016/17, 10 Mal triumphierte Vergne, 5 Mal der jetzige Porsche-Werksfahrer Antonio Felix da Costa. Insgesamt 43 Podestplätze vereinen Vergne (2016-2022), Felix da Costa (2019-2022), Andre Lotterer (2017-2019) und Stephane Sarrazin (2016-2017) für Techeetah auf sich.

In der Debütsaison 2016/17 gingen neben Vergne mit Sarrazin, Esteban Gutierrez und Ma Qing Hua gleich drei unterschiedliche Fahrer an den Start, bevor das Team mit Lotterer sowie später Felix da Costa eine Konstanz neben Dauerbrenner Vergne erlangte. Die abgelaufene Saison 2022, die letzte mit dem Gen2-Auto, schloss DS Techeetah auf dem dritten Platz der Team-Wertung ab - die fünfte Top-3-Platzierung in Folge.