Formel-E-Drama drei Stunden nach dem Rennende in London: Nyck de Vries verliert Platz drei auf dem Podium nachträglich! Der amtierende Weltmeister hatte die Ziellinie hinter Sieger Jake Dennis (Andretti) und Mercedes-Teamkollege Stoffel Vandoorne als Dritter überquert, alles schien sicher zu sein beim Samstagsrennen in der britischen Hauptstadt.
Dann die Hiobsbotschaft am Abend aus der Rennleitung: De Vries erhält im Nachgang eine 5-Sekunden-Zeitstrafe. Das wirft den Niederländer vom dritten bis auf den sechsten Platz zurück. Neuer Dritter ist Nick Cassidy (Envision), der zuletzt in New York gesiegt hatte. Begründung der Sportkommissare: "In der vorletzten Runde fuhr der Fahrer von Auto 17 (de Vries) auf der Start- und Zielgeraden vor T1 mehr als einmal vor Auto 37 (Cassidy), um seine Position zu verteidigen."
Ob de Vries, der im Rennen wegen unterschiedlicher Aktionen gegen Cassidy zweimal von der Rennleitung unter die Lupe genommen wurde, kurz nach dem Rennende schon etwas ahnte? Als ihn Motorsport-Magazin.com kurz nach dem drittletzten Rennen der Saison 2022 auf das späte Duell mit Cassidy ansprach und fragte, ob alles fair abgelaufen sei, antwortete er: "Wer bin ich, das zu bewerten? Ich finde schon und es bekam ja niemand eine Strafe. Natürlich kämpfst du um den letzten Platz auf dem Podium."
Und de Vries kämpfte in der Schlussphase des London ePrix mit stumpfen Waffen. Der Noch-Mercedes-Pilot erklärte: "Ich hatte massive Probleme mit der Balance. Ich hatte früh im Rennen am Scheitelpunkt in Turn 8 ohne Fremdkontakt die Mauer getroffen. Dann stand mein Lenkrad schief und die Balance zwischen linken und rechten Kurven passte nicht mehr."
Protest gegen de Vries abgelehnt - gleicher Ausgang
Tatsächlich hatte Cassidys Envision-Team nach dem Rennen einen Protest bei der Rennleitung gegen de Vries' Fahr-Standards eingelegt. Problem: Der Rennstall reichte das Schreiben nach dem Ablauf der vorgeschriebenen Zeit ein, womit der Protest abgelehnt wurde. Das Ergebnis war unterm Strich das gleiche.
Mercedes-Teamchef Ian James wurde in der Pressemitteilung des Werksteams wie folgt zitiert: "Leider wurde Nyck wegen eines Richtungswechsels beim Verteidigen bestraft und erhielt eine 5-Sekunden-Zeitstrafe, wodurch er im Endklassement auf P6 zurückfiel. Das ist eine bittere Pille, da wir dadurch sieben sehr wertvolle Punkte verlieren."
Mercedes: Reifen-Wechsel lässt de Vries zittern
Mit dem späteren Wissen um die Strafe wirkte ein anderer Vorfall rund um de Vries am Samstag schon fast komisch. Wie er verriet, tauschte Mercedes kurz vor dem Rennstart eines der Räder an seinem Elektro-Silberpfeil aus, weil das Team einen schleichenden Plattfuß befürchtete. "Wir wollten nichts riskieren und haben es zum Glück früh genug erkannt", sagte er und räumte ein, kurzzeitig etwas nervös geworden zu sein. "Sowas fasst meine Saison ganz gut zusammen..." Im Vergleich zum Podestverlust im Nachgang war diese 'Zitterpartie' natürlich ein Witz.
Als Weltmeister durchlebt de Vries eine Achterbahn-Saison: Zwei Siegen und drei Podestplätzen stehen zahlreiche Probleme, technischer und unfallträchtiger Natur, gegenüber. Während Teamkollege Vandoorne in London den zweiten Platzt belegte und seine Führung in der Gesamtwertung auf 173 Punkte ausbauen konnte, liegt de Vries bei 91 Zählern und ist als Gesamtsiebter längst raus aus dem Titelkampf.
Formel E in London: Viel Arbeit für die Rennleitung
De Vries' Fall war nicht der einzige, der die Rennleitung nach Rennende beschäftigte. So kassierte Titelanwärter Edoardo Mortara eine 10-Sekunden-Zeitstrafe, weil sein Team unerlaubt am Auto arbeitete, nachdem der Venturi-Pilot nach einem Start-Crash mit Sam Bird frühzeitig die Boxengasse aufsuchen musste. Die Strafe spiele keine Rolle, wegen des Unfalls fuhr Mortara ohnehin das komplette Rennen hinterher.
Außerdem kassierte mit Jean-Eric Vergne ein weiterer Titelaspirant eine nachträgliche 5-Sekunden-Zeitstrafe wegen einer Kollision mit Alexander Sims. Auch hier waren die relevanten Auswirkungen zu vernachlässigen: Vergne wurde als 14. statt als 13. gewertet, ging damit leer aus und kann seine Hoffnungen auf den dritten Titelgewinn in der Formel E mehr oder weniger begraben.
Nebenbei nahm die Rennleitung noch eine zuvor verhängte Geldstrafe gegen das Porsche-Werksteam zurück. Die Zuffenhausener waren zunächst mit einer Geldstrafe in Höhe von 5.000 Euro (3.500 Euro zur Bewährung ausgesetzt) belegt worden, weil das Team angeblich mit elektromagnetischer Strahlung zwischen 5 und 6 GHz gearbeitet hatte. Das ist per Reglement verboten.
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