Die Formel E gastiert nächstes Wochenende in London (30./31. Juli 2022) zum vorletzten Event der Saison 2022. Zum zweiten Mal nach der Premiere im Vorjahr tragen die Fahrer zwei Rennen auf dem einzigartigen Kurs aus, der zwischenzeitlich mitten durch eine überdachte Messehalle führt.

Und das ist nicht die einzige Besonderheit beim London ePrix in der britischen Hauptstadt: Wie schon in der Saison 2021 wird die Energiemenge der Rennwagen deutlich reduziert. Beim anstehenden Double-Header beträgt die per Reglement freigegebene Menge in der Batterie nach Informationen von Motorsport-Magazin.com sogar nur 46 kWh statt der sonst üblichen 52 kWh.

Eine Anpassung gab es schon für die Rennen 2021, damals betrug die erlaubte Energiemenge 48 kWh - diesmal sind es noch 2 Kilowattstunden weniger. Der Grund: Die 2,142 Kilometer kurze und winklige Rennstrecke mit 22 Kurven bietet aufgrund des Stop-And-Go-Layouts viele Möglichkeiten zur Energierückgewinnung, jedoch einen besonders niedrigen Vollgasanteil.

Üblicherweise müssen die Fahrer während eines Rennens mit der Dauer von 45 Minuten plus einer Runde etwa 30-35 Prozent ihrer Energie sparen, um das Ziel zu erreichen. In London betrug die Menge laut Berechnungen nur rund 10 Prozent.

In London fährt die Formel E mitten durch eine Messehalle, Foto: LAT Images
In London fährt die Formel E mitten durch eine Messehalle, Foto: LAT Images

London: Verringerte Energiemenge wegen Unfall-Sorgen

Wenn die Fahrer nur wenig Energie einsparen müssen und alle auf einer ähnlichen Strategie unterwegs sind, entstehen auf natürliche Weise Prozessionsfahrten, die meist in Unfällen enden, weil die Fahrer die 'Brechstange' auspacken müssen. Rennen mit zahlreichen Crashes und Rotphasen erlebte die Formel E zuletzt 2018/19, als im Gegensatz zu heute keine Energie während einer Safety-Car- oder Full-Course-Yellow-Phase abgezogen wurde.

Die reduzierte Energiemenge, die die Fahrer zum strategischen Fahren zwingen soll, funktionierte 2021 in London nur zum Teil. In den beiden Rennen kam es zu zahlreichen Unfällen, ruppigen Überholmanövern, insgesamt drei Safety-Car-Phasen und nicht zuletzt zu der höchst kuriosen Strategie von Abt Sportsline, Lucas di Grassi während eines Safety Cars durch die Boxengasse zu lotsen, um sich einen Zeitvorteil zu verschaffen. Dieser aus taktischer Sicht geniale Schachzug, der das Rennen entschieden hätte, wurde durch die FIA mittels einer Strafe verhindert, weil die Räder von di Grassis Audi an seinem Boxenplatz nicht zu 100 Prozent zum Stehen kamen.

Das angepasste Strecken-Layout für den London ePrix 2022, Foto: Formel E
Das angepasste Strecken-Layout für den London ePrix 2022, Foto: Formel E

London: Streckenlayout für 2022 angepasst

Neben der Energie-Reduktion hat die Formel E wenige Änderungen am Streckenlayout in London vorgenommen. Der Kurs ist dieses Jahr rund 100 Meter kürzer als im Vorjahr, weil die doppelte Haarnadel-Kurve in den Kurven 11 und 12 - hier ging es letztes Jahr mehrfach eng zwischen den Autos zu - deutlich entschärft wurde. In diesem Bereich auf der Gegengeraden müssen die Fahrer jetzt nur noch für eine Doppelschikane für die Kurven 10/11 und 12/13 runterbremsen.

"Die Strecke wurde für dieses Jahr verbessert", sagte Antonio Felix da Costa, der am vergangenen Wochenende ein Rennen in New York gewann, zu Motorsport-Magazin.com. "Jetzt sind ein paar Kurven weg, die die Rennen letztes Jahr etwas komisch gemacht haben, da kam es zu vielen Staus. Jetzt haben wir einen deutlich flüssigeren Kurs mit mehr technischen Aspekten. Und sie nehmen noch etwas mehr Energie weg, deshalb spielt das Energie-Management eine größere Rolle als letztes Mal. Das führt zu einer besseren Show für die Zuschauer."

Laut da Costa, der in dieser Woche bereits einen Tag im Simulator von DS Techeetah für das London-Wochenende verbracht hat, mache die Reduzierung der Energiemenge aus fahrerischer Sicht selbst keinen großen Unterschied. "Am Ende ist es nur eine Zahl", sagte der Formel-E-Champion von 2020.

Cassidy: Chance auf Unfälle beim Start extrem hoch

Felix da Costa erwartete, dass es diesmal in den London-Rennen nicht so oft scheppern wird wie beim letzten Besuch auf dem ExCeL-Messegelände. Der Portugiese: "Ich denke, das lag am mangelnden Energiesparen. Die Fahrer mussten viel auf Kontakt fahren, weil es nicht viel Lift and Coast gab. Dieses Jahr haben wir mehr Lift and Coast und das sollte zu einem normaleren Rennen mit weniger Kontakt führen."

Auf dem winkligen Stadtkurs dürfte das Qualifying wieder eine große Rolle spielen, gute Stellen für Überholmanöver in den Rennen gibt es nur wenige. Nick Cassidy, der zuletzt das Samstagsrennen in New York gewann, sagte zu Motorsport-Magazin.com: "Es sieht aus, als ob man dort unheimlich schwer überholen kann, sogar schwieriger als letztes Jahr. Das Qualifying wird total wichtig. Die Chance auf Crashes und Probleme in der ersten Runde kann extrem hoch sein."