Fünfter Podesterfolg im neunten Rennen der laufenden Formel-E-Saison 2022, aber für den Sieg hat es einmal mehr nicht gereicht: Jean-Eric Vergne betrachtete seinen zweiten Platz bei der Rennpremiere in Jakarta mit gemischten Gefühlen. Kein Wunder, schließlich hatte der Techeetah-Pilot das hitzige Rennen von der Pole Position aufgenommen, musste sich in der Schlussphase aber Mitch Evans (Jaguar) geschlagen geben.

Und was Vergne weiß, bestätigte Evans nach seinem dritten Saisonsieg: "Du brauchst die Big Points für den Titelkampf und musst jede Gelegenheit ergreifen!" Wenn Vergne das Gefühl hat, dass ihm Greifbares aus den Fingern zu gleiten droht, war der Franzose schon in der Vergangenheit selten um offene Worte verlegen.

So auch in Jakarta, wo er seine Techeetah-Truppe kurz nach dem Rennende öffentlich in die Pflicht nahm und Tacheles redete. Wie Vergne acht Runden vor Schluss die bis dato solide Führung gegen den Neuseeländer herschenkte? JEV bei ProSieben: "Das Team hat mich aufgefordert, den Modus zu ändern. Der war aber so langsam mit dem frühen Lifting, da hat mich Mitch überholt. Ich glaube, das war der Grund."

Vergne weiter: "Es war ein Modus, um mehr Energie zu sparen. Aber ich musste eigentlich gar keine Energie sparen. Deshalb weiß ich nicht, warum es diesen Call gab." Beim Zieleinlauf nach 40 Runden in einem Rennen mit Temperaturen von mehr als 30 Grad und rund 70 Prozent Luftfeuchtigkeit lag die Spitzengruppe beim Zieleinlauf ziemlich gleichauf mit Blick auf die verbliebene Energie.

Formel E 2022 Jakarta: Highlights zum Premieren-Rennen (05:03 Min.)

In der zweiten Rennhälfte deutete vieles auf Vergnes elften Sieg in der Formel E hin, nachdem der frühere Formel-1-Fahrer im Qualifying seine 15. Pole Position - damit jetzt alleiniger Rekordhalter - auf dem 2,370 Kilometer langen Stadtkurs erzielt hatte. Evans robbte sich mit dem Zünden seines zweiten Attack Mode zwar heran, lag aber rund eine halbe Sekunde hinter dem Führenden Vergne.

"Ich kam relativ schnell an und steckte etwas hinter JEV fest", erklärte Evans nach dem fünften Sieg seiner Formel-E-Karriere. "Dann habe ich Boden gutgemacht. Vielleicht ist ihm ein Fehler passiert oder ich hatte einfach die bessere Pace. Dann habe ich die Gelegenheit genutzt. Er hat sich nicht so hart verteidigt, wie ich gedacht hätte. Dann habe ich es einfach probiert. Vielleicht hatte er Probleme mit der Temperatur seiner Batterie."

Was genau hinter dem Modus-Wechsel von Vergne steckte, den er laut eigener Aussage auf Anweisung des Teams vornehmen musste, war nach dem Rennen zunächst nicht klar. Happy war der frühere Formel-1-Fahrer jedenfalls nicht: "Ich muss zusammen mit dem Team schauen, was passiert ist. Ich bin sicher, dass wir es besser hätten machen können. Wir verlieren und gewinnen zusammen. Heute war ein Tag, an dem ich glaube, dass wir hätten gewinnen können. Ich muss noch verstehen, warum das nicht gelungen ist."

In der Gesamtwertung liegt weiter Mercedes-Pilot Stoffel Vandoorne an der Spitze, der mit seinem fünften Platz in Jakarta nun 121 Punkte auf dem Konto hat. Vergne verbesserte sich mit 116 Zählern auf Rang zwei und überholte Vize-Weltmeister Edoardo Mortara (114 Punkte). Evans liegt mit 109 Punkten ebenfalls in Schlagdistanz.

Vor dem nächsten Formel-E-Rennen in Marrakesch (anstelle des abgesagten Rennens in Vancouver) am 02. Juli 2022 sagte Vergne mit Blick auf die Weltmeisterschaft: "Ich bin trotzdem froh über den zweiten Platz. Das sind gute Punkte, auch zusammen mit der Pole Position heute Morgen (3 Zusatzpunkte; d. Red.). Wir sind immer noch dabei und pushen weiter."