An diesem Wochenende gastiert die Formel E in Berlin. Die beiden Rennen in der deutschen Hauptstadt am 14. und 15. Mai 2022 wird sich Einer vermutlich nicht anschauen: Ulrich Baretzky, fast 30 Jahre lang Leiter der Rennmotoren-Abteilung von Audi Sport. In einem zehnseitigen Exklusiv-Interview für die aktuelle Print-Ausgabe von Motorsport-Magazin.com macht der 'Audi-Motorenpapst' unter anderem keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen die Elektro-Rennserie.

Das große Interview zu seiner Sicht über die Motoren-Zukunft des Rennsports sorgte für Wirbel unter anderem in diversen Hersteller-Etagen. Wer Ulrich Baretzky kennt, der weiß: Der gebürtige Bayer war stets ein Freund klarer Worte. So auch auf die Frage von Motorsport-Magazin.com, ob er jemals in das Formel-E-Projekt seines langjährigen Arbeitgebers Audi involviert war. Der Autobauer aus Ingolstadt zog sich zum Ende der vergangenen Saison werksseitig aus der FIA-Weltmeisterschaft zurück.

Ulrich Baretzky: Formel E? Ich hätte eher gekündigt!

Baretzky schonungslos: "Niemals! Ich hätte mich geweigert und hätte eher gekündigt. Ich war nur einmal bei einem Formel-E-Rennen in Berlin, weil wir dort einen Termin mit dem Vorstand hatten. Erst dachten alle, dass der alte Baretzky es jetzt endlich auch kapiert hat. Die Euphorie war aber ganz schnell vorbei, als ich sagte: 'Das Schönste für mich an der Formel E ist der tolle Sound der Diesel-Generatoren, mit denen die Batterien der Rennfahrzeuge geladen werden!' Danach hat man mich gebeten, den Platz zu verlassen."

Stattdessen betätigte sich Baretzky lieber in anderen Werkssport-Programmen von Audi. Mit seinen immer wieder revolutionären Antrieben gewannen die Ingolstädter zwischen 2000 und 2014 13 Mal die legendären 24 Stunden von Le Mans. Baretzky-Motoren fuhren auch in Tourenwagenmeisterschaften wie der DTM zu schier unzähligen Erfolgen. 2020 verabschiedete sich der viermalige Gewinner der Rennmotor-des-Jahres-Auszeichnung in den Ruhestand.

Audi-Motorenpapst Ulrich Baretzky spricht Klartext, Foto: Audi Communications Motorsport
Audi-Motorenpapst Ulrich Baretzky spricht Klartext, Foto: Audi Communications Motorsport

Audi-Motorenpapst: "Vergewaltigung der Technik"

Trotz seiner Abneigung gegenüber der Formel E stellt Baretzky klar, dass er kein Gegner der Elektro-Mobilität ist - solange sie aus seiner Sicht sinnvoll eingesetzt werde. "Ich habe den Ruf, ein Gegner der E-Mobilität zu sein. Das stimmt nicht", so Baretzky. "Aber: E-Autos machen dort Sinn, wo es darum geht, die Luftqualität zu verbessern, also in Großstädten. Da brauche ich aber keinen SUV mit über 2,5 Tonnen Gewicht und 400 Kilometern Reichweite, sondern ein kompaktes Auto, das nur den halben Parkplatz benötigt, 100 Kilometer Reichweite hat und maximal 100 km/h fährt. Das ist die Art von E-Mobilität, die wir wirklich und ernsthaft brauchen können."

Für Langstrecken-Fahrten brauche es laut Baretzky ganz andere Antriebe, weil die Anforderungen dort anspruchsvoller seien. "Das Laden einer Batterie wird niemals in einem Zeitfenster ablaufen wie beim Tanken von Benzin oder Wasserstoff", sagt der renommierte Rennmotoren-Ingenieur. "Die Energieströme, die in eine Batterie fließen können, sind begrenzt. Die Fakten dazu: Wenn mit Ladeleistungen von 350 Kilowatt geladen wird, funktioniert das zwar, die Batterie hält das aber nicht lange aus. Das ist, als würde ich einen Verbrennungsmotor aus der Kältekammer holen und ihn auf 7.000 Umdrehungen treiben. Das macht der auch nicht lange mit. Das ist eine Vergewaltigung der Technik."

Baretzky: "Elektro-Autos in Wahrheit ganz große Umweltschädlinge"

Einmal in Fahrt, erinnert sich Baretzky außerdem an ein Treffen mit dem Gründer der Formel E, Alejandro Agag - noch bevor sich das erste Rad in der E-Rennserie beim Debüt in Peking im September 2014 gedreht hatte. Das Rennen gewann übrigens der damalige Audi-Werksfahrer Lucas di Grassi, der mit Baretzky-Motoren unter anderem die 24 Stunden von Le Mans bestritt und sich noch heute gerne an eine mehrstündige Antriebs-Diskussion mit dem Motoren-Chef erinnert.

Baretzky war fast 30 Jahre lang Leiter der Rennmotoren-Abteilung von Audi Sport, Foto: Audi Communications Motorsport
Baretzky war fast 30 Jahre lang Leiter der Rennmotoren-Abteilung von Audi Sport, Foto: Audi Communications Motorsport

Baretzky über Agag: "Ich habe ihn vor mehr als zehn Jahren auf einem Kongress getroffen, wo er Allen von seiner Idee einer umweltfreundlichen Formel E vorgeschwärmt hat. Was er dort erzählt hat, war einfach gelogen. Man kann darüber reden, dass so etwas emissions-mindernd sein kann. Emissions-frei ist es aber nicht. Eine ebenso große Lüge wie bei den Elektro-Autos, die in Wahrheit ganz große Umweltschädlinge sind, wenn man den gesamten Entstehungsprozess, von der Rohstoffgewinnung bis zur Verschrottung, betrachtet."

Und weiter: "Die Öffentlichkeit bekommt leider nicht mit, was dadurch in der Umwelt angerichtet wird. Ich wünsche mir hier einfach mehr Ehrlichkeit, Sachlichkeit und weniger Politik; gerade in diesen Zeiten, wo auf alles extrem kritisch geblickt wird. Dann bitte auch die andere Seite anhören und nicht nur politisch entscheiden."

Ein ausführliches Exklusiv-Interview mit Audi-Motorenpapst Ulrich Baretzky lest ihr in der aktuellen Print-Ausgabe von Motorsport-Magazin.com. Sichere dir jetzt drei Ausgaben zum Vorzugspreis! Darin findest du in jeder Ausgabe neben interessanten Interviews auch spannende Technikerklärungen, History-Erlebnisse, spektakuläre Hochglanzbilder und noch viel mehr. Worauf wartest du noch? Sichere dir das Motorsport-Magazin preiswerter, früher als im Einzelhandel und bequem zu dir nach Hause.