Ein Podestplatz, dreimal in den Top-5 der Startaufstellung und Rang vier in der Weltmeisterschaft: Andre Lotterer ist ein Auftakt nach Maß in die Saison 2022 der Formel E gelungen. Nach dem vielversprechenden Auftakt in Saudi-Arabien erwies sich der Porsche-Pilot beim vergangenen Rennen in Mexiko als echter Teamplayer und verzichtete auf die durchaus vorhandene Möglichkeit, Teamkollege Pascal Wehrlein den Sieg streitig zu machen. Trotz etwas mehr Energie an Bord sicherte Lotterer stattdessen den ersten Sieg von Porsche in der Formel E als Zweiter ab.

Für den 40-Jäjhrigen war es der beste Saisonstart in seinem fünften Jahr in der Elektro-Rennserie - war es gleichzeitig auch sein letzter? Laut Gerüchten steht Lotterer im Formel-E-Programm von Porsche vor dem Abschied, stattdessen könnte er sich künftig auf die Rückkehr nach Le Mans mit dem Autobauer aus Zuffenhausen vorbereiten. Laut The Race ist der frühere Champion Antonio Felix da Costa, aktuell bei DS Techeetah, ein Kandidat für die Nachfolge.

Lotterer: Offene Porsche-Rechnung mit Le Mans

Porsche engagiert sich ab 2023 unter dem neuen LMDh-Reglement und hat angekündigt, mit dem Prototypen sowohl in der WEC als auch in der IMSA-Serie antreten zu wollen. Mit Lotterer hat Porsche nicht nur einen Fahrer samt immenser Langstrecken-Erfahrung im eigenen Kader, sondern auch einen höchst erfolgreichen: Mit Audi gewann der gebürtige Duisburger den 24-Stunden-Klassiker dreimal in den Jahren 2011, 2012 und 2014.

Bei Porsche hat Lotterer unterdessen eine offene Rechnung mit Le Mans. Nach seinem Wechsel innerhalb des VW-Konzerns konnte er nur einmal mit dem erfolgreichen Porsche 919 Hybrid beim 24h-Rennen an den Start gehen, bevor die Porsche-Führung den Stecker zog und die Formel E anstelle der WEC inklusive der 24 Stunden von Le Mans priorisierte. Eine Rechnung, die Lotterer nun mit einigen Jahren Abstand unter dem LMDh-Programm, das mitten in der Strecken-Entwicklungsphase steckt, begleichen könnte.

Lotterer: "Le Mans wäre schön für die Zukunft"

An den wiederkehrenden und jüngsten Spekulationen wollte sich Lotterer nicht beteiligen. "Le Mans ist eine schöne Geschichte gewesen und wäre natürlich auch schön für die Zukunft", sagte er bei einer Online-Gesprächsrunde mit ausgewählten Medienvertretern, darunter Motorsport-Magazin.com. "Das sind aber alles Gerüchte. Ich habe eine große Chance, eine tolle Saison in der Formel E zu fahren. Darauf liegt mein ganzer Fokus. Ich bin bei Porsche in guten Händen, egal, in welche Richtung es geht."

Die Kommunikations-Hoheit in Sachen Fahrerplanung liegt natürlich bei Porsche. Man werde sehen, was die Zukunft bringt, gab sich Lotterer zugeknöpft mit dem Hinweis: "Man weiß ja, dass Porsche nach Le Mans zurückkehrt und Testfahrten laufen."

Im mit Camouflage-Beklebung getarnten Test-Boliden saßen bislang die beiden neuen Porsche-Werksfahrer Dane Cameron und der frühere Formel-1-Pilot Felipe Nasr. Weitere Namen des großangelegten Projekts in einer Zusammenarbeit mit US-Team Penske sind öffentlich nicht bekannt. Lotterer gilt als aussichtsreicher Kandidat, auch der Name Nico Hülkenberg - Le-Mans-Sieger 2015 beim Debüt mit Porsche - geisterte schon durch die Gerüchteküche.

Le Mans 2014: Lotterer und Audi feiern den Gesamtsieg, Foto: Sutton
Le Mans 2014: Lotterer und Audi feiern den Gesamtsieg, Foto: Sutton

Formel E: Lotterer in Gen3-Entwicklung involviert

Lotterer versicherte unterdessen, dass er dieses Jahr in die Entwicklung des neuen Formel-E-Boliden von Porsche involviert ist und das 2023 debütierende Auto dieses Jahr auf der Strecke testen soll. Das Gen3-Auto, das beim übernächsten Rennen in Monaco von der Formel E erstmals in vollem Umfang präsentiert wird, löst künftig den aktuellen Gen2 ab.

"Ich werde in die Entwicklung involviert sein", so Lotterer. "Die Autos werden bald an die Teams geliefert. Deshalb werde ich mit dem Auto fahren." Laut Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach hat sich die Sportwagenmarke fest für den ersten Zyklus der Gen3-Ära von 2023 bis 2024 verpflichtet. Wie es anschließend weitergeht, dürfte auch von Porsches möglichem Formel-1-Einstieg ab 2026 abhängen.

Den Verantwortlichen dürfte nicht nur mit Blick auf eine ausgiebige Testphase mit dem Gen3-Auto daran gelegen sein, die Fahrerplanung frühzeitig abzuschließen. So war es schon bei Pascal Wehrlein der Fall, nachdem er sich während der laufenden Saison 2019 von Mahindra getrennt hatte und einen Tag nach dem Saisonende als neuer Porsche-Fahrer präsentiert wurde. Da stand die Zusammenarbeit intern schon längst fest.

Rom ePrix: Gutes Pflaster für Lotterer

Zunächst einmal müssen sich Lotterer und Porsche auf das dritte Rennwochenende der Formel E vorbereiten. Nach einer zweimonatigen Pause geht es am 09./10. April 2022 mit einem Double-Header in Rom weiter. Porsche reist nach dem dominanten Doppelsieg in Mexiko-City als Favorit in die italienische Hauptstadt. Für Lotterer war der Kurs im Süden der Millionenmetropole in der Vergangenheit ein erfolgreiches Pflaster: 2018 und 2019 erzielte er Podestplätze für Techeetah, 2021 den zweiten Startplatz im Porsche.

"Ich bin gut im Flow und wir allgemein gut unterwegs", sagte Lotterer. "Nach Mexiko bin ich zuversichtlich, dass wir ein starkes Team haben und regelmäßig punkten können. Dass es nicht immer so gut laufen kann wie in Mexiko, ist mir klar. Rom war für mich immer schon positiv. Durch das neue Qualifying zeichnet sich ein Trend mit mehr Konstanz ab, wer vorne und wer hinten steht."