Ein möglicher Formel-1-Einstieg des Volkswagen-Konzerns ab 2026 in Form seiner Marken Porsche und/oder Audi ist derzeit das beherrschende Thema in der Motorsport-Szene. Sollte es tatsächlich zu diesem Meilenstein kommen, dürfte das entwicklungsintensive und kostspielige Engagement Auswirkungen auf andere Programme der Hersteller im Rennsport haben.

Dazu zählt sicherlich die Formel E. Nach den vollzogenen Werksausstiegen von Audi und BMW und dem bevorstehenden Abschied von Mercedes-Benz, bleibt Porsche ab 2023 als einziger deutscher Autobauer in der Elektro-Rennserie vertreten.

Zwar hatten sich die Zuffenhausener im März 2021 mit ungenannter Laufzeit zum neuen Gen3-Reglement, das ab 2023 in Kraft tritt, bekannt. Doch offenbar ist noch nicht klar, ob Porsche auch den eigentlich für vier Jahre bis einschließlich 2026 geplanten Zyklus vollständig absolvieren wird. Einen Hinweis auf ein mögliches vorzeitiges Aus bereits nach 2024 gab nun der neue Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach.

Formel E: Porsche-Bekenntnis nur bis 2024

Was bisher nicht bekannt war: Porsche hat sich offenbar nur zu einem Formel-E-Engagement bis 2024 bekannt - das wären zwei der vier geplanten Jahre mit dem neuen Gen3-Auto. Andere Hersteller wie Nissan, DS Automobiles oder Mahindra haben sich laut eigener Aussage bis einschließlich 2026 verpflichtet.

Im kommenden Jahr - dem letzten mit dem aktuellen Gen2-Boliden - wollen die Porsche-Verantwortlichen entscheiden, wie es langfristig weitergeht. Bei den Planungen spiele auch die Formel 1 eine Rolle, wie Laudenbach anmerkte.

"Zu einem bestimmten Zeitpunkt entscheiden wir über die Zukunft unseres Engagements in der Formel E, das bislang bis Saison 10 (2024; d. Red.) läuft", zitierte The Race aus einer internationalen Medienrunde mit dem Nachfolger des in den Ruhestand gegangenen Fritz Enzinger. "Als wir uns zur Formel E inklusive der Saison 10 entschieden haben, glaube ich nicht, dass wir die Formel 1 im Hinterkopf hatten. Wahrscheinlich entscheiden wir im Laufe des kommenden Jahres, ob wir über 2024 hinaus weitermachen wollen."

Laudenbach weiter: "Sicherlich gäbe es in der Zwischenzeit eine Entscheidung bezüglich der Formel 1, was noch extrem offen ist. Das hat einen Einfluss auf all unsere anderen Programme, das ist klar."

Porsche war unter der Führung von Enzinger und Werkssport-Leiter Pascal Zurlinden - beide inzwischen nicht mehr an Bord, wie Motorsport-Magazin.com berichtet hatte - zur Saison 2018/19 werksseitig in die Formel E eingestiegen. Nach zwei Saisons wartet das Team um Andre Lotterer und Pascal Wehrlein, der zu dieser Saison den Schweizer Neel Jani ersetzte, weiter auf den ersten Sieg. In der Team-Meisterschaft belegte Porsche den achten von zwölf Plätzen.

Porsche: Deutsches Ausstiegs-Trio gibt zu denken

Dass Porsche ab 2023 aus deutscher Sicht den Alleinunterhalter in der Formel E spielt, könnte ebenfalls einen Einfluss auf die Entscheidungsfindung haben. Laudenbach: "Natürlich denken wir darüber nach, wenn mit Audi, BMW und Mercedes drei Premium-Hersteller ausgestiegen sind oder aussteigen werden. Andererseits waren Audi und BMW von Beginn an dabei, also schon lange in der Meisterschaft."

Audi stieg faktisch erst zur Saison 2017/18 als Werksteam in die Formel E ein, zuvor bestand eine enge Partnerschaft mit Privatteam Abt Sportsline. Ähnlich war es bei BMW, das vor seinem Werkseinstieg 2018/19 eine technische Zusammenarbeit mit dem US-Rennstall Andretti pflegte. Das aktuelle Weltmeister-Team Mercedes folgte zur Saison 2019/20, nachdem der langjährige Partner HWA aus Affalterbach eine Saison als Vorhut absolviert hatte.

Wie viel gibt Porsche für die Formel E aus?

Der mögliche Eintritt in die Formel 1 würde für Porsche aber offenbar nicht zwingend bedeuten, nach 2024 werksseitig aus der Formel E auszusteigen. Allerdings müssen die Bedingungen passen. Porsche hatte sich bereits aktiv in die Gestaltung des Gen3-Reglements eingebracht, das durch einen Kostendeckel die immer weiter ansteigenden Ausgaben eindämmen soll.

Porsche zählt unter Experten zu den Teams mit den höchsten Budgets in der Formel E, Gerüchte über Gesamtausgaben von rund 40 Millionen Euro stehen seit längerer Zeit im Raum. Mit der Kostendeckelung werden Summen zwischen 12 bis 15 Millionen Euro für den Einsatz eines Teams ohne Kundenfahrzeuge angepeilt.

Laudenbach: Formel E hat Schwachpunkte

"Ich denke, dass es ein paar Schwachpunkte gibt", sagte Laudenbach mit Blick auf die Formel E. "Wir haben das auch mit der Formel-E-Organisation besprochen. Es gibt ein paar Punkte, die aus unserer Sicht optimiert werden sollten. Dann glauben wir an eine Zukunft und daran, dass der Wert der Formel E steigen wird. Wir werden sehen, wie es sich entwickelt. Wir geben gern unseren Input, um die Formel E weiterzuentwickeln, weil wir weiterhin denken, dass es wichtig ist, elektrischen Rennsport voranzutreiben."

Sollte sich Porsche dazu entscheiden, nach 2024 aus der Formel E auszusteigen, drohen zumindest laut einer in diesem Jahr überarbeiteten FIA-Version der Hersteller-Registrierung 'Strafzahlungen'. Gemäß dem neuen Artikel 7.4 muss ein Hersteller ab Saison 9 (2023) im Falle eines Ausstieges vor dem Ende der 12. Saison (2026) die vollständigen Gebühren von 300.000 Euro pro Saison an die FIA entrichten. Konkretes Beispiel: Sollte ein Hersteller nach Saison 10 vorzeitig ausscheiden, muss er trotzdem die weiteren 600.000 Euro für die Saisons 11 und 12 zahlen.