Mercedes hat am vergangenen Mittwoch, nur drei Tage nach dem Gewinn der WM-Titel in der Fahrer- und der Teamwertung, seinen Ausstieg als Werksteam aus der Formel E am Ende der kommenden Saison bekanntgegeben. Damit folgen die Elektrosilberpfeile Audi und BMW, die bereits vor gut einer Woche in Berlin ihre letzten werksseitigen Rennen in der Rennserie bestritten. Porsche - vierter deutscher Hersteller - wird langfristig in der Formel E bleiben.

Drei der vier deutschen Premiumhersteller werden damit nicht an der Gen3-Ära teilnehmen, die mit der übernächsten Saison beginnt. In dieser kommen neue Autos zum Einsatz. Die bisherigen Antriebe können nicht über die Saison 8 hinaus eingesetzt werden. Zuletzt statteten Audi und Mercedes neben ihren Werksrennställen mit Virgin und Venturi je ein Kundenteam aus. Damit hatten zehn von 24 Fahrern einen Antrieb eines der drei deutschen Autohersteller im Heck, die ab 2022/23 nicht mehr Bestandteil der Formel E sind.

Mercedes prüft derzeit Optionen, das Team zu verkaufen und in privater Hand fortführen zu lassen. Unabhängige Teams, die keine Verbindung zu Autoherstellern haben, könnten in Zukunft in der Formel E wieder an Bedeutung gewinnen. Sie machten bereits in der Anfangsphase der Rennserie den Großteil des Teilnehmerfeldes aus.

"Umbrüche bieten immer Möglichkeiten für Veränderungen", sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nun in einem Interview mit bild.de. "Auf den ersten Blick ist es natürlich unglücklich, dass drei Premium-Hersteller auf einen Schlag aussteigen. Aber vielleicht braucht die Formel E gerade eine Art Neustart, um den nächsten Schritt zu machen. Andere Teams, eventuell noch mehr private, werden wachsen, weil sie in den Blickpunkt geraten."

Für Mercedes war das Berlin-Wochenende nicht nur aus Sicht des Werksrennstalls erfolgreich. Edoardo Mortara vom Kundenteam Venturi, das von Toto Wolffs Ehefrau Susie Wolff geführt wird, brachte sich mit Platz zwei im Samstagsrennen in eine aussichtsreiche Ausgangslage im Kampf um den WM-Titel. Am Sonntag fuhr das Team aus Monaco seinen zweiten Sieg des Jahres ein.

Formel-E-Gründer will starke Privatteams

Toto Wolff sagt im bild.de-Interview zur Venturi-Leistung: "Über den Titel haben wir uns natürlich sehr gefreut. Aber Edoardo Mortara ist nicht nur Vizeweltmeister geworden, sondern Susies Fahrer Norman Nato hat auch das letzte Berlin-Rennen gewonnen. Das ist mindestens als ebenbürtiger Erfolg anzusehen. Ein Privat-Team ohne großen Konzern im Rücken konkurrenzfähig zu machen und zu Grand-Prix-Siegen und einer Vizeweltmeisterschaft zu führen, kann man kaum hoch genug bewerten."

In der bald erscheinenden Ausgabe 80 des Printmagazins von Motorsport-Magazin.com spricht auch sich Formel-E-Gründer Alejandro Agag für starke und unabhängige Privatteams aus, "die mit oder ohne Hersteller überleben können". Zudem sagt der Spanier: "Was wir brauchen, ist eine Meisterschaft, in der unabhängige Teams siegen können."

Privatleben hat im Hause Wolff Priorität

Im großen Doppelinterview unterstreichen Susie und Toto Wolff, dass trotz der großen Anstrengungen, die ihre Berufe mit sich bringen, das Privatleben im Vordergrund stehe. "Als ich Susie in Berlin mit dem Pokal auf dem Podium gesehen habe, habe ich mich mehr gefreut, als wenn ich da gestanden hätte. Ich bin sehr stolz auf sie. Susie ist die erste Team-Chefin, die ein WM-Rennen gewinnen konnte. Das zeigt, dass auch eine Mutter die Balance hinkriegen kann, wenn es in der Familie ausgewogen ist. Und das ist es bei uns. Deswegen gehe ich zu ihren Rennen auch nicht nur als Mercedes-Chef, sondern auch als Ehemann, der sie unterstützt", sagt der Mercedes-Motorsportchef.

Seine Ehefrau, die zwischen 2006 und 2012 an 71 DTM-Rennen teilnahm, betont: "Ich verstehe, welche Herausforderung die Formel 1 mit sich bringt. Deswegen habe ich auch Verständnis, wenn Toto spät nach Hause kommt oder spontan nach Stuttgart oder Paris fliegen muss. Das war nie ein Thema bei uns. Wir unterstützen uns so gut wie möglich. Das bedeutet auch, dass wir ab und zu bewusst nicht mehr über die Arbeit sprechen, wenn Toto nach einem Rennwochenende nach Hause kommt. Dann ist der Sport zwei Tage lang kein Thema bei uns."

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