Sie sind im Moment in Mode, die Chassis-Wechsel in der Formel 1. Erst tauschte Michael Schumacher seines nach dem völlig missratenen China GP - angeblich hatte man im Nachhinein eine kleine Beschädigung festgestellt. Mit dem neuen lief es dann ab Barcelona auch prinzipiell um einiges besser. Jetzt in Istanbul versucht Sebastian Vettel mit dem gleichen Rezept, der Übermacht von Mark Webber aus den letzten beiden Rennen beizukommen.

"Luscious Liz", so der Name von Sebastians bisherigem Gefährt, bekommt eine Nachfolgerin - "Randy Mandy".... Bei Liz soll irgendeine Kleinigkeit mit der Schönen nicht mehr ganz in Ordnung gewesen sein - und die letzten entscheidenden Zehntel und Hundertstel gekostet haben...

Rennfahrer und ihr Chassis - das ist genauso wie Tennisspieler und ihr Schläger. Eine Geheimbeziehung, in der die feinsten Unterschiede spürbar werden - selbst wenn sie gar nicht messbar sind. Manchmal ist an einem Chassis rein äußerlich gar nichts festzustellen - und trotzdem ist ein Fahrer, wie sich oft herausstellt, zu Recht - überzeugt, dass irgendetwas faul ist.

Chassistausch als mentale Hilfe

Nick Heidfeld ließ 2006 sein Chassis tauschen - und es wurde besser, Foto: Sutton
Nick Heidfeld ließ 2006 sein Chassis tauschen - und es wurde besser, Foto: Sutton

Nick Heidfeld ging das 2006 bei BMW-Sauber einmal so - da kam er einige Zeit überhaupt nicht mehr zurecht, ausgerechnet am Nürburgring war der Tiefpunkt erreicht. Als letzte Lösung tauschte man das Chassis - gegen das, das vorher Robert Kubica beim Testen benutz hatte - und siehe da, auf einmal passte es wieder. "Theoretisch sind die Autos alle drei gleich und das Team glaubt, dass es keinen Unterschied gibt", bilanzierte Nick damals, "Aber ich denke doch, dass man als Fahrer kleinste Unterschiede spüren kann. Jedenfalls liegt mir der BMW Sauber F1.06-02 anscheinend besser."

Technikchef Willy Rampf glaubte damals allerdings eher an einen psychologischen Effekt: "Wenn man nur die Schilder mit den Chassisnummern austauschen würde, hätte das sicher schon denselben Effekt", sagte Rampf über die mentale Komponente. "Denn die Chassis werden ja alle genau vermessen. Sie unterscheiden sich nicht." Wobei ihm selbst Mario Theissen damals ein bisschen widersprach: "Hin und wieder sind kleinere Reparaturen notwendig, jedes Chassis geht turnusgemäß zur Überarbeitung. Da ist mal ein Gewinde ausgeschlagen oder eine Ecke angehauen. Das wird dann repariert, und das Chassis geht wieder in den normalen Kreislauf zurück."

Kleine Unterschiede

Probleme sind nicht immer so offensichtlich wie bei Danners Rial hier, Foto: Sutton
Probleme sind nicht immer so offensichtlich wie bei Danners Rial hier, Foto: Sutton

Das kann schon eine Rolle spielen - wenn es auch nicht immer ganz so krass sein muss wie etwa bei einem beschädigten Unterboden, wo Kleinigkeiten und Abnutzung schon mal einen Riesenunterschied im Abtrieb machen können. Davon weiß Bruno Senna ein Lied zu singen, der ab Freitag Vormittag in Barcelona in diesem Jahr Probleme monierte. Die Reparaturversuche in der Nacht von Samstag auf Sonntag dort brachten offensichtlich nichts - erst mit einem neuen Unterboden am Samstag in Monaco war das Thema dann vom Tisch.

Auch in der Geschichte der Formel 1 gab es solche Dinge - Christian Danner beschwerte sich in seinen RIAL-Zeiten einmal monatelang über fehlende Steifigkeit seines Autos. Was angeblich laut Teamchef Günter Schmid damals "überhaupt nicht sein konnte", stellte sich schließlich eben doch als durch Regenwasser in Kombination mit mangelhafter Verarbeitung weich gewordene Kohlefaser heraus...

Auch deshalb ist Danner hundertprozentig überzeugt: Daten sind nicht alles - auch heute nicht. "Ein Rennfahrer darf sich nie auf die Daten verlassen - er muss sich auf sein Gefühl verlassen. Sein Gefühl macht ihn schnell oder langsam. Die Daten taugen nur dazu, um hinterher herauszufinden, wie etwas war." Bleibt also abzuwarten, ob Vettels Gefühl für seine neue Rennlady dazu führen wird, dass er seinen Teamkollegen - und natürlich auch alle anderen - wieder abhängen kann...