Hermann Tilke denkt in großen Maßstäben. Der Paradestreckenarchitekt der Formel 1 ist es gewohnt, für hunderte von Millionen Euro moderne Streckentempel in China, Abu Dhabi und Indien aus der Erde zu stampfen. Eine ganz andere Herausforderung erwartet den Aachener Architekten beim Bilster Berg Drive Resort, einer neuen Rennstrecke im Herzen Deutschlands, 30 Kilometer östlich von Paderborn, bei Bad Driburg, im südlichen Teutoburger Wald.

Für nur 22 Millionen Euro soll Tilke für den Unternehmer Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff auf einem 83 Hektar großen, hügeligen und bewaldeten Gelände eines stillgelegten NATO-Stützpunkts eine Renn- und Teststrecke erbauen. Das Besondere daran: Die Formel 1 spielt in den Planungen keine Rolle. Am Bilster Berg soll es keine öffentlichen Rennen geben. Der neue Geschäftsführer Hans-Jürgen von Glasenapp wollte als erstes wissen, ob die F1 geholt werden solle. "Hätte er diese Frage mit Ja beantwortet, wäre ich nicht dabei gewesen", verriet der ehemalige Geschäftsführer des Hockenheimrings der Welt.

Nordschleifen-Flair

Noch muss auf alten Wegen des Stützpunkts gefahren werden, Foto: Bilster Berg
Noch muss auf alten Wegen des Stützpunkts gefahren werden, Foto: Bilster Berg

Die Strecke soll eine Länge von 4,2 Kilometern, 70 Meter Höhenunterschied und zwei getrennte Teile aufweisen. Die 1,8 Kilometer lange Westschleife soll ein besonders anspruchsvoller und topografisch reizvoller Streckenabschnitt mit direkter Ein- und Ausfahrt in das geplante Clubhaus werden, welches mit einem eigenen kleinen Fahrerlager und Boxengaragen versehen wird.

Die 2,4 km lange Ostschleife verfügt über eine doppelte, beidseitige Boxengasse mit insgesamt acht Boxenhallen und ist direkt an das große Fahrerlager Ostschleife mit Tankstelle angeschlossen. Etwa 30 bereits vorhandene, ca. 500 bis 800 qm große, massive freitragende Hallen aus Beton werden in dass Konzept integriert. Zudem sind die vorhandenen Straßen und Zufahrtsstraßen für den Schwerlastverkehr ausgebaut worden.

Die Streckenbreite des Bilster Berges beträgt durchschnittlich zwölf Meter und die Auslaufzonen bieten größtmöglichen Sicherheitsstandard. Nutzt man die 4,2 Kilometer lange Gesamtstrecke, können sogar bis zu 45 Fahrzeuge am Bilster Berg gleichzeitig auf die Piste.

Mutkurven

Hier soll die neue Rennstrecke entstehen, Foto: Bilster Berg
Hier soll die neue Rennstrecke entstehen, Foto: Bilster Berg

Legt man die Fahrleistungen eines GT3-Fahrzeuges zugrunde, so errechnet sich eine Rundenzeit von knapp 82 Sekunden, wobei die Durchschnittsgeschwindigkeit etwa 168 km/h beträgt. Am Ende der längsten Geraden (900 Meter) werden circa 250 km/h Topspeed erreicht.

"Als ich das Gelände gesehen habe, habe ich gesagt: Um Gottes willen, wie soll man hier etwas hinkriegen?", verriet Tilke, der die Strecke dem Gelände anpasste und sogar eine Mutkurve namens "Mausefalle" einbauen möchte. "Sie kommen sehr schnell in ein starkes Gefälle, das Auto wird sehr leicht, man kann kaum richtig bremsen. Dann kommt eine Steigung von 14 Prozent - das ist, als wenn Sie gegen den Berg fahren."

Damit all das Realität wird, sucht der 48-jährige Unternehmer von Oeynhausen-Sierstorpff noch Investoren, um die notwendigen 34 Millionen Euro für die Umsetzung des Projekts aufzutreiben. Als Zuckerl für die zukünftigen Gesellschafter sollen nicht nur Renditen locken, sondern auch die Möglichkeit, selbst auf der Strecke zu fahren.