Nicht nur den neuen Boliden für die Formel-1-Saison 2010 hat Ferrari am Donnerstag in Maranello vorgestellt, auch sein Nachwuchsprogramm hat der Rennstall noch einmal genauer präsentiert. Luca Baldisserri ist verantwortlich für die Ferrari Driver Academy und benannte gleich mehrere Ziele für das Projekt. Es sollen Fahrer aus der ganzen Welt gesucht werden, die dann professionell aufgebaut und auch geschult werden, um es in die Formel 1 zu schaffen. Dabei soll nicht nur der technische Aspekt im Vordergrund stehen, sondern auch die persönliche Entwicklung, mentales Training und die Arbeit mit den Medien.

"Wir suchen nach zukünftigen Fahrern für Ferrari, die in die Formel 1 kommen und Rennen gewinnen sollen", erklärte Baldisserri. Es gibt auch schon genaue Vorstellungen, welcher Zeitraum für das Programm angelegt ist. Da die Piloten der Königsklasse immer jünger werden - in den 80ern war das Durchschnittsalter der Einsteiger noch rund 25 Jahre, jetzt liegt es bei 21, 22 Jahren - ist das Projekt für einen Fahrer auf sechs bis sieben Jahre ausgelegt, um in Die Formel 1 zu kommen. "Es beginnt im Kartsport, danach geht es in die unteren Formelserien. Teil davon ist die vom CSAI [italienischer Verband] neu gegründete Formel Abarth. Danach geht es in die Formel 3 oder GP3, weiter in die GP2 oder die World Series. Die Spitze der Pyramide ist dann die Formel 1." Bis dorthin müssen sich die Piloten allerdings jedes Jahr neu beweisen, die Aufnahme garantiert also keinen Durchmarsch.

Scout-Netzwerk

Um einen Überblick zu erhalten, wird ein Netzwerk von Scouts installiert. Die suchen die Fahrer aus, die in die Academy kommen sollen. Da Ferrari nur in der Formel 1 ist und kein Juniorteam hat, will man mit Mannschaften in den unteren Klassen kooperieren. Die sollen dabei auch davon profitieren, dass die Piloten technisch gut geschult werden und ihr Wissen in den Nachwuchsklassen anwenden. "CSAI hält diese Woche mit zwölf Fahrern die erste Auswahlphase in Forli ab. Der erste Teil ist ein medizinischer Check und ein psychologisches Profiling. Das wird dann die Basis für den weiteren Auswahlprozess." Danach folgen dann Rennen in der Formel Abarth, Tests mit Formel-3-Autos und weitere ausgewählte Tests. Die besten Fahrer am Ende des Jahres dürfen auch in einen Formel-1-Ferrari steigen - natürlich in einen zwei Jahre alten, der aus dem Testverbot herausfällt.

Jules Bianchi hat den Sprung schon geschafft, Foto: Sutton
Jules Bianchi hat den Sprung schon geschafft, Foto: Sutton

Einer der wichtigsten Scouts wird Andrea Bertolini sein, der die internationalen Kartklassen im Auge hat. Auch Giancarlo Minardi hilft mit, er wird als Berater fungieren. Mit einem Helfer in den USA wird gerade ein Vertrag ausgearbeitet. Es sollen aber nicht nur Kartfahrer aufgenommen werden, auch ältere Piloten können ins Programm rutschen, Mirko Bortolotti zum Beispiel. Baldisserri betone aber, dass Bortolotti sich erst voll von Red Bull lösen müsse, bevor er bei Ferrari unterkommen könnte. "Wir gehören zu den Letzten, die so ein Projekt starten. Es gibt einige Mitbewerber, die das schon viele Jahre machen. Wir wollen originell sein. Wir wollen die Academy aufziehen und den Fahrern einige Dienste anbieten, damit sie technisch und als Mensch wachsen können", sagte Baldisserri.

Telemetrie lesen

Vor allem wollen die Ausbilder zeigen, wie Techniker ihrer Fahrer gerne haben wollen, wie der Dialog mit dem Renningenieur aufgebaut wird. "Telemetrie gibt es auch schon im Kart, der Fahrer sollte also lernen, Telemetrie zu lesen." Damit aber nicht genug, auch mit einem nicht mehr ganz fitten Auto sollen die Piloten noch umgehen können und es effizient ins Ziel bringen, anstatt zu stoppen. "Wir wollen, dass diese Fahrer an der Strecke sind. Sie sollen arbeiten, wir wollen sie fahren sehen. Für Kartfahrer wird es interessant, in der Formel Abarth zu fahren. Leute aus höheren Formeln werden dann auch Formel-1-Autos fahren und Tutoren haben."

Und auch Simulator-Arbeit wird angesagt sein, dazu noch psychische und physische Vorbereitung. "Wir haben einige Partner, um die Fahrer mental zu trainieren, damit sie mit dem Stress umgehen können, der im Qualifying und in der Startphase herrscht. Der Leistungsdruck muss ausgehalten werden." Und auch mit den Medien und Sponsoren muss kommuniziert werden können. Englisch und Italienisch werden deswegen die Pflichtsprachen des Programms sein. Jules Bianchi ist bereits Teil des Programmes, wer die weiteren Piloten sein werden, will Baldisserri Mitte Februar verraten können.

Was bringt's?

Was den Wert des Programms beziehungsweise den Return of Investment betrifft, so fand Baldisserri einfache Worte: "Dies ist natürlich eine große Investition, der Return of Investment besteht darin, dass wir einen eigenen Fahrer im Ferrari haben. Wir denken, er kommt uns dann billiger. Außerdem wird das unser Champion. Wir sprechen natürlich auch mit den Sponsoren, ob sie unsere Fahrer unterstützen wollen." Und sollte man einen Fahrer in die Formel 1 geführt haben, er aber nicht bei Ferrari fahren können, lässt er sich für eine entsprechende Summe auch an ein anderes Team abgeben.