Sebastian Vettel schrie in den Funk, hüpfte auf das Podium und redete wie ein Wasserfall in der Pressekonferenz. Es war sein Tag, kaum jemand verschwendete einen Gedanken an die anderen 19 Fahrer, die ebenfalls am Großen Preis von Italien teilgenommen hatten. Wozu auch? Hier saß der erste deutsche F1-Sieger nach Michael Schumacher. Und der gewann ausgerechnet auf der Strecke, auf welcher das große Vorbild vor zwei Jahren seinen Rücktritt bekannt gegeben hat.

Während sich für die einen der Kreis zu schließen schien, kämpften andere noch darum, ihren eigenen WM-Kreislauf in Gang zu bringen. Lewis Hamilton, Felipe Massa und auch Titelverteidiger Kimi Räikkönen verkamen in Monza zu Nebendarstellern, ja sogar zu Statisten. Selbst bei der Siegerehrung jubelten tausende von Tifosi dem jungen Deutschen zu, der mal wieder die deutsche und italienische Nationalhymne im Einklang ertönen ließ. "Allein die beiden Hymnen in diesem Zusammenhang zu hören, war ein schönes Gefühl", gestand Altmeister Schumacher höchstpersönlich. Das dachten sich wohl auch die Tifosi, die Vettel, dessen italienisches Außenseiterteam und deren Ferrari-Motor hochleben ließen.

Massa verpasst Chance

Die Titelanwärter spielten für sie keine Rolle, obwohl zumindest einer von ihnen in einem Ferrari sitzt, der im Normalfall sogar wichtiger ist, als alle italienischen Rennfahrer zusammen. Aber das Ergebnis machte es den Fans leicht. "Es wurde nur knapper zwischen Massa und Hamilton, aber ansonsten ist nicht viel weitergegangen", analysierte Niki Lauda den WM-Kampf kurz und knapp. In nüchternen Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Hamilton 78, Massa 77, allerdings nur, wenn die Berufung von McLaren gegen die Hamilton-Strafe von Spa-Francorchamps keinen Erfolg hat.

Selbst die Ferrari wurden zu Statisten., Foto: Sutton
Selbst die Ferrari wurden zu Statisten., Foto: Sutton

"Wir sind vor ihm angekommen und müssen zufrieden sein. Das ist ein wichtiges Ergebnis", versuchte Felipe Massa seinen 6. Platz ins rechte Licht zu rücken. Angesichts des 15. Startplatzes des WM-Spitzenreiters Hamilton könnte Massa nach Monza jedoch mit einem klaren Vorsprung die WM anführen, statt immer noch hinterher zu hecheln.

Aber Ferrari kämpfte beim Heimspiel mit Temperaturproblemen, damit waren sie nicht die einzigen, aber das prominenteste Opfer. "Wir brachten die Reifen nicht auf Temperatur, damit sie Grip aufbauen und schnell sind", erklärte Teamchef Stefano Domenicali. "Am Ende haben wir bei Kimi dann gesehen, dass er schneller und schneller wurde, als die Reifen liefen. Er hat gemeint, das sei wie ein anderes Auto gewesen."

Hamilton begrenzt Schaden

Wie aufgedreht war Lewis Hamilton unterwegs. Von Startplatz 15 arbeitete er sich Runde für Runde nach vorne, Nick Heidfeld, Timo Glock, Robert Kubica, Jarno Trulli, Fernando Alonso waren keine Gegner für ihn. Der ebenso entfesselt wie kompromisslos fahrende Hamilton ließ sich selbst von einer schweren Spritladung für eine Einstoppstrategie nicht einbremsen. Letztlich kostete ihn aber genau das ein besseres Ergebnis, wahrscheinlich sogar den Sieg.

"Ich glaube, ich fuhr ein sehr gutes", sagte der Brite. "Wenn es weiter geregnet hätte, wäre trotz des 15. Startplatzes vielleicht sogar der Sieg drin gewesen." Doch Hamilton musste kurz nach seinem einzigen geplanten Boxenstopp einen weiteren Stopp einlegen, um von den extremen auf die normalen Regenreifen zu wechseln. Selbst Massa merkte an: "Ohne das hätte er auf das Podest fahren können." Mindestens.

Doch in den letzten Runden überforderte Hamilton die Reifen mit der aggressiven Fahrweise und konnte Massa nicht mehr angreifen. "So ging es letztendlich um Schadensbegrenzung: Ich holte zwei Punkte und bleibe in der Weltmeisterschaft vorn." Hamilton war zufrieden, nur Niki Lauda war nicht besonders beeindruckt. "Er war nicht gut genug, denn er ist hinter Massa ins Ziel gekommen und hat so einen Punkt verloren."

Aggressive Fahrweise

Hamilton kämpfte sich an allen vorbei., Foto: Sutton
Hamilton kämpfte sich an allen vorbei., Foto: Sutton

Hamiltons aggressive Aufholjagd rief auch noch andere Kritiker auf den Plan, einige davon hatte er knallhart überholt. "Es gab da ein paar unnötige Bewegungen, die er gemacht hat und die hat er mit Glock und Webber wiederholt", sagte Überholopfer Fernando Alonso, der bekanntlich eine bewegte Vergangenheit mit dem Briten hat. "Das ist seine Art des Racing."

Timo Glock war davon wenig angetan. "Ich weiß nicht, was er sich gedacht hat", beschwerte sich der Deutsche. "Ich war direkt neben ihm und er hat mir keinen Platz gelassen. Manchmal fährt er so, als wäre er alleine auf der Strecke." Hamilton verstand die Kritik nicht, in einigen Situationen fuhr er sogar vorsichtig und ließ die Konkurrenten noch einmal sicherheitshalber überholen, damit es nicht erneut eine Strafe gab.

Eine Berührung mit dem Red Bull von Mark Webber hätte jedoch ganz anders enden können. "Stellt euch vor, das Auto wäre kaputt gegangen", dämmerte es Hamilton erst hinterher. "Das wäre katastrophal gewesen." Die Tifosi und die Weltpresse hätten es aber wohl trotzdem nicht bemerkt. Schließlich schrie Sebastian Vettel gerade in den Funk, hüpfte auf das Podium und redete wie ein Wasserfall in der Pressekonferenz.