Die Formel 1 ist nicht nur eine Spielwiese für clevere Ingenieure, sie ist auch ein Innovator für die Serienproduktion. Das beste Beispiel für einen Technologietransfer aus der Formel 1 in die Serie ist das neue KERS-System, an dem die in der F1 vertretenen Automobilhersteller mit Hochdruck arbeiten. Denn Hybridantriebe sollen für sie der Markt der Zukunft werden. Durch die Entwicklungen in der Formel 1 können die Hersteller viel für zukünftige Straßenautos lernen. Die Serienabteilungen warten geradezu sehnsüchtig auf die ersten Ergebnisse des F1-KERS, welches sie zwar nicht 1:1 für Straßenautos übernehmen können, deren Fertigungsmethoden und Ideen sie aber sehr wohl nutzen und darauf aufbauen können.

Von der Strecke auf die Straße., Foto: Sutton
Von der Strecke auf die Straße., Foto: Sutton

Der harte Wettbewerb in der Formel 1 wird Fortschritte und Lösungen hervorbringen, die über die Serienforschung alleine nicht möglich wären. Allein beim Gewicht der KERS-Einheit wird es in der Formel 1 erhebliche Einsparungen geben, denn heutige Hybridsysteme in Straßenautos sind groß, schwer und leistungsschwach - die neuen F1-KERS-System werden viel kleiner, leichter und leistungsstärker sein, schließlich sollen damit Rennen gewonnen werden. Diese Ergebnisse werden wiederum die Serienproduktion befruchten. Laut BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen werden auf diese Weise in der Formel 1-Forschung Hybridelemente entwickelt, die weit jenseits der heutigen Hybridtechnik liegen und zum Teil noch gar nicht existieren.

Innovationen & Technologietransfer

Mit KERS wird nicht zum ersten Mal eine F1-Technologie Einzug in Straßenautos halten. Die Leitfunktion der Formel 1 gilt mittlerweile für eine Vielzahl an Bauteilen. Die F1 brachte in den vergangenen 58 Jahren viele technische Innovationen wie Allradantrieb, Gasturbinen, elektronische Kupplungen, Datarecorder, aktive Radaufhängungen und doppelte Vorderradachsen mit Vierradlenkung hervor.

Aus der F1-Fabrik direkt in die Serienproduktion., Foto: Sutton
Aus der F1-Fabrik direkt in die Serienproduktion., Foto: Sutton

Einige technische Innovationen wie Leichtbau mit Aluminium und Titan, Kohlefaserwerkstoffen, keramischen Scheibenbremsen und Drive-by-Wire waren in ähnlicher Art zuvor im Flugzeugbau zu finden, kamen allerdings erst über die Weiterentwicklung in der Formel 1 ins Blickfeld der Serienproduktion und somit auf die Straßen. So gehörte Aluminium lange zu den exotischen Werkstoffen im Serienwagenbau: durch die Erprobung in der Formel 1 fand es schnell den Weg in die Straßenautos, wo heute vielfach Leichtmetallmotoren verwendet werden. Aber auch komplette Fertigungsverfahren wurden von den F1-Teams und Herstellern für die Serienproduktion übernommen, um die Teile schneller fertig zu stellen.

Auf diese Weise trägt die Formel 1 auch zum Umweltschutz bei. Denn bei hohen Drehzahlen haben Formel 1- und Serienmotoren den gleichen Feind: die Reibung. Sowohl F1- als auch Serieningenieure versuchen die Reibung zu verringern, weil sich eine höhere Reibung negativ auf den Verbrauch auswirkt. Beide Seiten wollen die Verluste bei hoher Drehzahl so niedrig wie möglich halten, weshalb die Serienproduktion direkt von den Ergebnissen auf der Rennstrecke profitieren kann. Gleiches gilt für die Elektronik. Auch auf diesem Gebiet finden Elektroniksysteme in Serienautos Verwendung, die in Formel 1-Boliden erprobt und entwickelt wurden.

Formel 1 und Serie

Auch die Fahrer beleben die Fabrik., Foto: Mercedes
Auch die Fahrer beleben die Fabrik., Foto: Mercedes

Die Formel 1 strebt nach dem maximal technisch Machbaren. Von der Konstruktion dieser hocheffizienten, ultraleichten, supersicheren und angesichts ihrer Belastungen auch extrem haltbaren Boliden können Ingenieure vieles für den Serienbau lernen - etwa über besonders saubere Verbrennung oder noch höhere passive Sicherheit. So verbrennt ein rund 700 PS starkes Formel 1-Auto pro PS nur 2,5 Mal so viel Treibstoff wie sein 165 kW (224 PS) starker straßenzugelassener Cousin. Ein Rennwagen geht also keineswegs verschwenderisch mit Energie um - Effizienz ist hier wie dort das höchste Gebot.

Bei vielen Herstellern ist es üblich, dass spezialisierte Serien-Ingenieure ein bis zwei Jahre lang im Rennteam arbeiten und dort ihr Know-how in Bereichen wie Aerodynamik, Fahrverhalten und Qualitätssicherung einbringen. Im Gegenzug übernehmen sie die effiziente und reaktionsschnelle Arbeitsweise der Formel 1 und nehmen wiederum neues Wissen in die Serienproduktion ein.

Auch die Sicherheit gehört zu den unverzichtbaren Merkmalen eines jeden (Renn-)Autos, ganz gleich, ob es sieben oder nur einen Sitzplatz hat. In der "Kontaktgruppe Industrie" des Automobil-Weltverbands FIA - Initiator des strengen Euro NCAP Crashtests - forschen die Hersteller mit daran, die besten Lösungen für aktive und passive Sicherheit aus der Formel 1 in den Serienbau zu transferieren.