Vor einem Jahr hatte Robert Kubica in Montreal einen Schutzengel. Er überstand einen der heftigsten Unfälle der vergangenen Jahre nahezu unverletzt. In diesem Jahr hatte Robert Kubica in Montreal eine Glücksfee. Während sich die Konkurrenten von Ferrari und McLaren gegenseitig eliminierten, blieb der Pole im zweiten Rennen in Folge fehlerfrei und holte sich so am Ort seines schlimmen Unfalls den ersten Grand Prix-Sieg, der gleichzeitig auch den ersten Erfolg des BMW Sauber Teams darstellte.

Robert Kubica holte seinen ersten Sieg., Foto: Sutton
Robert Kubica holte seinen ersten Sieg., Foto: Sutton

Den weiß-blauen Doppelsieg komplettierte Nick Heidfeld, der von Startplatz 8 auf Position 2 fuhr. Zwischenzeitlich lag der Deutsche dank einer Einstoppstrategie sogar in Führung und durfte für einige Runden auf seinen ersten GP-Triumph hoffen. In Runde 24 führte Heidfeld mit 6,8 Sekunden Vorsprung vor Rubens Barrichello. In den folgenden Runden baute er den Vorsprung auf Barrichello stetig aus, war zwei Sekunden schneller als der Brasilianer, aber auch als Robert Kubica, der weiter hinten im Feld im Verkehr feststeckte.

Bei Heidfelds einzigem Stopp in Runde 28 hatte der Mönchengladbacher 26,3 Sekunden Vorsprung auf Kubica und kam sogar vor diesem aus der Box, musste ihn jedoch schon bald ziehen lassen - Kubicas Auto war zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Zweistoppstrategie viel leichter. Heidfeld lieferte sich danach ein heißes Duell mit Fernando Alonso, der später jedoch mit einem Dreher ausschied.

Nun begann das Spiel mit umgekehrten Vorzeichen: Kubica baute den Vorsprung mit fast zwei Sekunden schnelleren Rundenzeiten auf Heidfeld konstant aus, selbst der Verkehr kostete den Polen nicht so viel Zeit, so dass er nach seinem zweiten Stopp deutlich vor Heidfeld auf die Bahn zurückkam und seinen wohl liebsten Funkspruch erhielt: "Position 1, Position 1 - fahr es nach Hause." Genau das machte er.

"Fantastisch", sagte er auf seine unaufgeregte Art. "Ich bin zusammen mit dem Team gewachsen, habe mich zusammen mit dem Team weiterentwickelt und hier einen Doppelsieg zu holen ist toll. Wir waren zum richtigen Zeitpunkt zur Stelle." Die schwierigste Phase war, als er im Verkehr feststeckte. "Danach bin ich Qualispeed gefahren. Es war ein super Rennen." Auch Nick Heidfeld war glücklich für seinen Teamkollegen und sein Team. "Es war ein gutes Rennen und ist ein gutes Ergebnis", so der Zweite.

Lewis Hamiltons McLaren verließ die Box nicht mehr., Foto: Sutton
Lewis Hamiltons McLaren verließ die Box nicht mehr., Foto: Sutton

Gegen Ende des ersten Stints habe er auf den harten Reifen die beste Pace im Feld gehabt - hinter Lewis Hamilton. Dann stellte das Team seine Strategie auf einen Stopp um. "Mit den weichen Reifen hatte ich zu kämpfen, auch wenn es nicht so schlimm war wie im letzten Jahr." Die Plätze 1 und 2 würden zeigen, dass BMW Sauber sich auf dem richtigen Weg befinde. "Das fühlt sich gut an."

Auffahrunfall in der Box

Vor dem Rennen befürchteten einige Beobachter das Schlimmste: würde die bröckelnde Strecke in der Haarnadel das Rennen überstehen? Der befürchtete Unfall ereignete sich nicht, die rutschige Haarnadel sorgte sogar für einige spannende Zweikämpfe und Überholmanöver. Das Manöver des Rennens gelang Felipe Massa, der die Streithähne Heikki Kovalainen und Rubens Barrichello mit zwei Rädern auf dem Gras auf einmal überholte. Massas Rennen war zu diesem Zeitpunkt wegen eines zusätzlichen Tankstopps allerdings schon stark beeinträchtigt.

Gar nicht so weit kam der Pole-Mann. Lewis Hamilton führte bis zu seinem Boxenstopp in Runde 18 das Feld klar an. Nachdem Adrian Sutils Ausfall die erste und einzige Safety Car-Phase ausgelöst hatte, kamen die meisten Piloten zum Nachtanken an die Box. Während der draußen gebliebene Heidfeld als Führender an der Boxengasse vorbeifuhr, wurde die Boxengassenampel wie üblich auf Rot geschaltet. Kimi Räikkönen und Robert Kubica bemerkten das und blieben nebeneinander an der Boxenausfahrt stehen. Lewis Hamilton bemerkte es zu spät und knallte Räikkönen ins Heck; Nico Rosberg komplettierte den Auffahrunfall im Heck des McLaren. Für Räikkönen und Hamilton war das Rennen damit beendet. Kubica konnte es nach seinem Sieg mit Humor nehmen: "Ich danke Lewis dafür, dass er Kimi und nicht mich getroffen hat."

Die Boxenausfahrt entschied das Rennen., Foto: Sutton
Die Boxenausfahrt entschied das Rennen., Foto: Sutton

"Ich lag vorne, sah einem sicheren Sieg entgegen und habe mir keine Gedanken gemacht", sagte Hamilton im britischen Fernsehen. "Ich sah die beiden vor mir am Boxenausgang und dachte nicht, dass sie plötzlich stehen bleiben würden. Als ich Kimi drauf gefahren war, sah ich auch, dass die Ampel rot war." Doch der warnende Funkspruch des Teams kam zu spät. "Bei einem Mauerkuss ist man sauer, aber hier kann ich nur sagen: Sorry Kimi."

Großen Jubel gab es bei Red Bull. David Coulthard fuhr ein unauffälliges Rennen und schnappte sich mit nur einem Boxenstopp den dritten Podestplatz hinter den beiden BMW Sauber. "Wir konnten mit einem Stopp die anderen hinter uns abhängen", freute sich Coulthard. Gegen Rennende hatte er Graining an den weichen Reifen, "aber mein Vorsprung hat ausgereicht, um vorne zu bleiben. Ich hätte nicht erwartet, hier auf dem Podium zu stehen, aber es macht heute noch genauso viel Spaß wie 1994."

Platz 4 ging an Timo Glock, der seine ersten Punkte für Toyota einfuhr, dafür in den Schlussrunden aber hart gegen Felipe Massa kämpfen musste. Der Brasilianer erkämpfte sich Platz 5 vor dem zweiten Toyota von Jarno Trulli, der sein Auto mit Bremsproblemen ins Ziel schleppte. "Ich habe schon vorher gesagt, dass alles zusammenkommen muss, damit es für uns klappt", freute sich Glock. "Das wäre aber schon in Monaco so gewesen, wenn ich dort die Punkte nicht weggeschmissen hätte." Das Rennen sei schwierig gewesen, da der Toyota nicht einfach zu fahren war. "Die Hinterreifen waren schnell kaputt und dann durfte man keinen Fehler machen." Die letzten Punkte gingen an Rubens Barrichello und Sebastian Vettel. Der Deutsche setzte sich im Schlussspurt gegen den McLaren von Heikki Kovalainen durch. Für Nico Rosberg war als Zehnter kein Punkt mehr drin.