Früher war alles besser. Früher blieben Pseudopromis, wo sie hingehörten - in der Versenkung -, und wurden nicht mit Kameras im Dschungel verfolgt. Früher wurden Fernseher noch am Gerät umgeschaltet und konnten Universalfernbedienungen nicht abstürzen. Früher sahen Rennautos noch unterschiedlich aus und waren kein aerodynamischer Abguss des Konkurrenzboliden.

Sechs Räder sind besser als vier. Klingt logisch., Foto: Sutton
Sechs Räder sind besser als vier. Klingt logisch., Foto: Sutton

Nick Heidfeld hat diese Zeit nicht mehr als Jugendlicher am Fernseher miterlebt. "Seit der Zeit, als ich mir die Rennen zuhause angesehen habe, haben sich die Autos nicht so dramatisch verändert, dass sie ganz anders ausgesehen hätten oder mir im Gedächtnis hängen geblieben sind", verrät er uns. "Vor 30 oder 40 Jahren sah das natürlich ganz anders aus."

Denn es gab sie wirklich... nur eben vor Nicks aktiver Zeit. Einen Sechsrad-Tyrrell, einen Staubsauger-Brabham, einen unvergesslichen schwarzen Ground Effect-Lotus, die fahrenden Zigarrenkisten der Anfangszeit. Alle sahen anders aus, alle waren auf Anhieb zu erkennen, unverwechselbar, hatten ihren eigenen Charme. Kaum einer sah aus wie der andere, höchstens wenn Shadow-Ingenieure die Baupläne zu Arrows mitnahmen. Damals wurden solche Fälle allerdings noch ohne Rekordstrafen und Präsidenteneinmischung gelöst...

Noch nicht allzu lange her sind die Tage der Slicks, der profillosen Reifen, der richtigen Rennreifen. "Das war bei den Tests in Jerez ganz lustig", erinnert sich Nick Heidfeld. "Ich wusste, als nächstes würden Slicks aufgezogen. Ich saß also im Cockpit, hatte noch die Reifenwärmer drauf und war gespannt, wie es aussehen würde, wenn die Decken heruntergenommen würden. Der Anblick war dann so ungewohnt. Früher bin ich im Kart, in der Formel 3 und der Formel 3000 nur mit Slicks gefahren und plötzlich sahen sie so ungewohnt aus. Es war ein ganz komisches Gefühl."

Geweih und Hörner: der F1.08 ist eine ganz besondere Spezies., Foto: Sutton
Geweih und Hörner: der F1.08 ist eine ganz besondere Spezies., Foto: Sutton

Noch komischer sieht das neue Geweih aus, das Nicks F1.08 bei den letzten Tests trug. Zwei Luft führende Flügel entwachsen der Fahrzeugnase auf Höhe der Vorderradaufhängung, quasi eine vorgezogene Variante der Hornflügel, die McLaren und BMW Sauber seit dem vergangenen Jahr an der Airbox einsetzen. Zusammen mit den Cocktailteller-Flügelchen darunter und dem mächtigen dreistufigen Frontflügel entsteht von vorne tatsächlich der Eindruck einer geweihähnlichen Konstruktion.

Nachdem BMW Sauber dem F1.08 schon eine hochgezogene Motorabdeckung verpasst hat, geht Red Bull seit dieser Woche noch einen Schritt weiter: die spitz zulaufende Motorabdeckung erweckt fast den Eindruck einer Haiflosse. Adrian Newey nahm sich die Kritik an seinem von vielen Experten als einfallslos und wenig innovativ titulierten RB4 also zu Herzen.

Der rote Bulle mutiert zum Hai., Foto: Sutton
Der rote Bulle mutiert zum Hai., Foto: Sutton

Vielleicht hat auch Honda beim neuen Auto noch das eine oder andere Überraschungs-Ass im Ärmel. Aber auch so fällt der RA108 auf der Strecke sofort auf: leuchtendes weiß, grüne Retrostreifen und eine Weltkugel auf der Seite, wie man sie sonst wohl nur auf Spielzeugautos findet. Die Fahrzeuggeneration 2008 hat in Ansätzen also tatsächlich wieder eine eigene Identität, auch wenn Teams wie McLaren und Ferrari bei der Präsentation genauso gut die Vorjahresautos hätten herzeigen können. BMW Sauber, Red Bull, Honda & Co sorgen trotzdem für etwas optische Abwechslung in der Startaufstellung.

Als Nick Heidfeld vor Saisonbeginn 2007 zum ersten Mal den neuen Renault sah, dachte er sich: "Der sieht aber geil aus." Die Rückspiegel waren in die Sichelflügel auf den Sidepods eingearbeitet, die Farben neu. Nick rechnete damit, dass es schwer würde, Renault zu schlagen. "Und dann? Waren wir schneller, obwohl unser Auto normal aussah." Denn Gefühl und Optik könne man bei F1-Autos gleich in die Tonne treten. "In der F1 kann man nicht durch Anschauen sagen, ob ein Auto schnell ist oder nicht." Schön, ausgefallen, vielleicht sogar exotisch darf es aber trotzdem aussehen...