In Budapest ging viel zu Bruch. Die Beziehung der McLaren-Piloten untereinander, die Beziehung der Fahrer zu ihrem Teamchef, die Beziehungen innerhalb des Teams, die Beziehung des Teams zur FIA, die Beziehung des Teams zu Ferrari - der öffentliche Polterabend der Silbernen zog viel zerbrochenes und angeschlagenes Porzellan nach sich. Andererseits gab es im neuen Glaspalast der Silbernen ja genug Nachschub an klirrendem Material. Aber Scherben bringen bekanntlich Glück. In diesem Fall allerdings nur für Lewis Hamilton.

Dabei war es der Brite, der am Samstag als Erster Geschirr zerdepperte; erst durch das Ignorieren der Teamanweisungen, dann durch die harschen Töne im Boxenfunk. "Als ich am Samstag zurückkam, war alles ruhig, kaum jemand hat viel gesprochen", gestand er. In einem Meeting mit den Ingenieuren, Martin Whitmarsh und Fernando Alonso habe er sich dann für seinen Fehler entschuldigt. "Ron war natürlich sauer wegen des Streits im Funk, aber ich arbeite schon seit fast zehn Jahren mit ihm zusammen. Unsere Beziehung ist sehr, sehr stark, so etwas wird nicht zwischen uns kommen."

Den ersten Schritt zur Wiedergutmachung machte Hamilton im Rennen - standesgemäß mit einer fehlerfreien Leistung und einem Sieg. "Wir mussten am Ende des Rennens nicht mehr pushen", verriet Dennis. "Hier ist es schwierig, zu überholen, also war es nicht nötig, unsere Rennpace zu demonstrieren."

Hamilton gab alles, um seinen Fehler wieder gut zu machen., Foto: Sutton
Hamilton gab alles, um seinen Fehler wieder gut zu machen., Foto: Sutton

Ganz ohne Probleme verlief das Rennen nicht; Hamilton kämpfte mit Lenkungsproblemen, die ihn jedoch nicht allzu sehr beeinflussten. "Es machte mich etwas nervös, aber Gott sei Dank hat alles gehalten." Bei all dem Drama hätte man leicht die Konzentration verlieren können, betonte Hamilton. Er blieb aber auch unter Druck fehlerfrei. "Es ist trotzdem frustrierend ohne WM-Punkte wegzufahren", klagte ein zutiefst enttäuschter Dennis. Die Konstrukteurspunkte ließ man trotz des Sieges zurück. Diese hatten die Rennkommissare dem Team nach dem Qualifyingeklat gestrichen.

Alles begann im Qualifying

Das Qualifying ist in Ungarn entscheidend. Das hörte man im Vorfeld des Rennens immer wieder. Doch da war noch nicht klar, wie entscheidend das Qualifying und dessen Folgen tatsächlich sein würden. In der Nacht von Samstag auf Sonntag versahen die Rennkommissare Fernando Alonso für ein angebliches Behindern seines Teamkollegen Lewis Hamilton mit einer Strafversetzung um 5 Plätze. "Das ist sehr lustig", nahm Alonso es am Sonntag gelassen auf. "Die Strafe bezieht sich auf keine besondere Regel. Es ist einfach eine dieser seltsamen Sachen, die eben passieren. Das Rennergebnis wurde letzte Nacht entschieden." Oder am Samstagnachmittag am Ende des Qualifyings - je nach Sichtweise.

Die Sicht von Lewis Hamilton war eindeutig: er sah sich durch Alonso bei seinem letzten Boxenstopp im 3. Qualifying behindert, dadurch kam er nicht mehr rechtzeitig über die Linie, um seinerseits noch einen Angriff auf die Pole zu schaffen. Derweil schnappte ihm der Spanier auf dessen letzter Runde die Bestzeit weg. Die Rennkommissare bestätigten diese Sichtweise und brummten Alonso die Strafversetzung auf. Nach außen nahm Alonsos das gelassen hin, intern explodierte der Spanier jedoch. Wie später herauskommen sollte, stürmte er ins Büro von Ron Dennis und drohte damit, einen E-Mailwechsel mit Chefdesigner Mike Coughlan an die FIA weiterzugeben, der das Team in der Spionageuntersuchung belasten würde. Vor dem Rennen entschuldigte sich Alonsos Manager für den Ausbruch seines Schützlings, dieser habe das nicht so gemeint. Die Risse waren jedoch nicht mehr zu kitten.

Alonso wurde mal wieder bestraft…, Foto: Sutton
Alonso wurde mal wieder bestraft…, Foto: Sutton

"Dass das Verhältnis zwischen Fernando und mir extrem kalt ist, ist eine Untertreibung", sollte Dennis einige Wochen danach während der Anhörung vor dem Weltmotorsportrat der FIA gestehen. "Fernando hat die feste Überzeugung, dass unsere Politik, wonach jeder Fahrer gleich behandelt wird, seinen Status als Weltmeister nicht ausreichend würdigt. Er begründet das damit, dass seine Erfahrung und sein Wissen, dass er bei seinem alten Team erworben hatte, so groß ist, dass er einen Vorteil bekommen sollte." Das ist allerdings gegen die Prinzipien von Dennis und McLaren.

Ein Sieg im Schlaf

Lewis Hamilton war all das an jenem Sonntag in Budapest egal. Er setzte sich am Start problemlos durch, drehte wie ein Uhrwerk seine Runden und holte sich seinen 3. GP-Sieg. Der einzige Herausforderer fuhr ein rotes Auto. Kimi Räikkönen blieb das ganze Rennen im Windschatten des Briten, robbte sich immer wieder an den Silberpfeil heran, doch in dessen Dirty Air konnte er nicht zum Manöver ansetzen. Auch wenn er in den Schlussrunden noch einmal für Spannung sorgte. Der dritte Mann auf dem Podium war Nick Heidfeld, der zum zweiten Mal in dieser Saison vom Stockerl winken durfte. In den Schlussrunden kämpfte sich Alonso noch an den BMW Sauber-Piloten heran, konnte seinen Lieblingsgegner aber nicht mehr überholen.