Nach der Saison ist vor der Saison. Die Nachbeben des spektakulären Saisonfinals sind noch nicht ganz abgeklungen, doch die Augen sind schon längst auf 2008 gerichtet. Denn durch die neue Einheitselektronik ohne Traktionskontrolle wird vieles anders. So wurde der erste Test im Hinblick auf das kommende Jahr mit Spannung erwartet und natürlich waren alle Teams anwesend - auch Force India. Die Nachfolgemannschaft von Spyker präsentierte sich erstmals im neuen, bordeaux-roten Gewand. Doch dazu später mehr.

Denn das optisch durchaus ansprechende, neue Design der Hinterbänkler wurde durch die Rückkehr der Lichtgestalt überstrahlt. Um exakt 9:02 Uhr war Michael Schumacher erstmals nach seinem Rücktritt wieder auf der Strecke, natürlich mit der Aufgabe, die neue Elektronik für Ferrari zu testen. Während seiner 64 Runden zeigte der siebenfache Weltmeister, dass er auch nach einem Jahr Abstinenz nichts von seinem Speed eingebüßt hat. Mit einer Zeit von 1:21.922 blieb der 38-jährige als einziger der 20 Piloten unter der 1:22-Marke.

Er verwies damit Luca Badoer im zweiten Ferrari auf Rang zwei. Der Testfahrer hatte nach 76 Runden einen Rückstand von etwas mehr als zwei Zehntel auf Schumacher. "Ich glaube, da ist so ein Typ mit dem Namen Michael. Es sieht so aus, als ob er Talent hat. Er wird seinen Weg in die Formel 1 machen", feixte David Coulthard nach den Testfahrten. Morgen sitzt Schumacher noch ein zweites Mal hinter dem Ferrari-Lenkrad, bevor er sich wieder zurück in den Ruhestand verabschiedet.

Auch in Abwesenheit der großen Vier, Weltmeister Kimi Räikkönen, Felipe Massa, Fernando Alonso und Lewis Hamilton, ergab sich beim Blick auf die Zeitenliste das gewohnte Bild. Ganz oben dominierte neben Rot die Farbe Silber. Pedro de la Rosa fuhr die drittschnellste Zeit (1:22.687, 63 Runden), sieben Zehntel hinter Schumacher. Der zweite McLaren wurde von Gary Paffett gesteuert, der mit einem Rückstand von einer Sekunde Sechster wurde.

Zwischen den beiden Mercedes-Piloten schoben sich Heikki Kovalainen (1:22.802, 81), der heute für Renault als Einzelkämpfer auf der Strecke war und Robert Kubica im BMW (1:22.883, 55). Vor allem Kovalainen hatte der Tag auf der Strecke richtig Spaß gemacht. "Seit Brasilien bin ich nicht mehr gefahren, so war ich heute morgen richtig ungeduldig. Ich muss sagen, dass das Fahren ohne die ganzen Hilfmittel wirklich großartig ist", sagte der Finne. "Wir haben einen guten Job an unserem ersten Tag gemacht. Das Auto hat gut auf unsere Setup-Veränderungen reagiert und ich glaube, dass wir von jetzt bis Donnerstag große Fortschritte machen werden", ist Kovalainen überzeugt.

Gary Paffett durfte für McLaren testen., Foto: Hartley/Sutton
Gary Paffett durfte für McLaren testen., Foto: Hartley/Sutton

Wer ohne Traktionskontrolle ein Festival der durchdrehenden Räder und sich drehenden Autos erwartete, wurde vorerst enttäuscht. Rein optisch waren kaum Unterschiede zum Fahren mit Traktionskontrolle auszumachen. Erst gegen Mittag kam es zum ersten Dreher. Schumachers Teamkollege Luca Badoer setzte seinen Ferrari in den Kies. Allerdings habe er ein Problem mit den Vorderreifen gehabt, sagte er. Immerhin wusste auch er zu berichten, dass sich der Schwierigkeitsgrad ohne elektronische Fahrhilfen eindeutig erhöht habe. "Wenn man zu viel pusht, dreht man sich sofort", gestand der Italiener.

Dafür produzierte die neue Elektronik eine Reihe technischer Defekte und roter Flaggen. Gleich zweimal erwischte es BMW Sauber, deren Motorsportdirektor nicht gerade als großer Freund der Einheits-ECU bekannt ist. Insbesondere Nick Heidfeld hatte mit der Technik zu kämpfen. So stand am Ende nur die zehntbeste Zeit für ihn zu Buche.

Auf den Plätzen sieben bis elf waren mit Nakajima, Coulthard, Trulli, Heidfeld und Rosberg ausnahmslos Stammfahrer zu finden. Toyota-Pilot Jarno Trulli musste heute auf die Zähne beißen. Trotz Fieber legte er 47 Runden zurück und absolvierte sein geplantes Programm, bis ihn eine Stunde vor Schluss ein Motorproblem erlöste. "Es war schön wieder hinter dem Steuer zu sitzen, abgesehen, davon, dass ich ein bisschen krank war", fand der Italiener.

Zuber debütierte im Honda ohne Weltkugel-Design., Foto: Hartley/Sutton
Zuber debütierte im Honda ohne Weltkugel-Design., Foto: Hartley/Sutton

Unterstützt wurde Trulli von Testfahrer Franck Montagny, der die zwölftschnellste Zeit fuhr. "Mein Auto hatte schon einige Teile für 2008, deswegen war es ziemlich unterschiedlich zum 2007er-Auto. Doch es war gut ausbalanciert und gegen Ende des Tages war ich ganz zufrieden damit", sagte der Franzose.

Toro Rosso wird alle Testtage mit beiden Stammpiloten für die neue Saison bestreiten. Heute war Sebastien Vettel als 13. einen Tick schneller als Sebastien Bourdais, der am Wochenende noch das Champcar-Rennen in Mexiko gewann.

Für Honda waren mit Andi Zuber und James Rossiter hingegen zwei Nachwuchsfahrer im Einsatz. Zuber feierte dabei einen überaus gelungenen Einstand in einem Formel 1-Boliden und beeindruckte mit einer Zeit, die nur 17 Tausendstel langsamer als die von Sebastien Vettel war. Doch auch Zuber selbst war nach seinem ersten Mal beeindruckt. "Es war einfach nur faszinierend", fand der Steirer.

James Rossiter fuhr nach einem halben Jahr als Testfahrer für Super Aguri heute wieder beim großen Bruder. Anders als Zuber, der mit dem normalen RA107 unterwegs war, testete der Brite eine Hybrid-Version von Honda und kam damit auf P17 - hinter dem einzigen Aguri-Piloten Anthony Davidson.

Die neue Lackierung von Force India machte auch auf dem Abschleppwagen ein hübsches Bild., Foto: Hartley/Sutton
Die neue Lackierung von Force India machte auch auf dem Abschleppwagen ein hübsches Bild., Foto: Hartley/Sutton

Ebenso wie Zuber feierte auch Karun Chandhok in Barcelona sein Formel 1-Debüt. Als 18. hatte der Inder einen Rückstand auf Teamkollege David Coulthard von über anderthalb Sekunden. Allerdings hatte Chandhok schon die Einheitselektronik in seinem Auto eingebaut, während Coulthard noch mit der 2007er-Elektronik und deaktivierten Fahrhilfen fuhr.

Womit wir endlich wieder zu Force India kommen. Auch mit neuem Namen und neuer Lackierung ist das Team ganz hinten zu finden und dennoch in aller Munde - vor allem bei den Piloten, die noch kein Cockpit für die nächste Saison haben. Denn neben Adrian Sutil hat das Team noch einen Platz zu vergeben und lädt derzeit zum großen Fahrertesten. Heute durften Testfahrer Giedo van der Garde und Roldan Rodriguez in den Autos Platz nehmen. Letzterer verkündete letzte Woche über die spanischen Medien, dass er schon mit "anderthalb Füßen in der Tür" zum Stammcockpit stehe. Am fahrerischen Können kann seine Zuversicht nicht liegen. Heute war er abgeschlagen Langsamster, über vier Sekunden hinter Michael Schumacher und auch eine Sekunde hinter seinem Teamkollegen van der Garde. Morgen bekommt Tonio Liuzzi seine Chance bei Force India.