Für einen Rennfahrer gibt es ein untrügliches Zeichen, dass in seiner Karriere der Herbst angebrochen ist. Er bricht dann herein, wenn sich das Honorar-Modell entscheidend ändert. Soll heißen: geringes Fixum, hoher leistungsbezogener Anteil. Das ist immer auch ein Anzeichen, dass die eigene Verhandlungsposition nicht mehr so ideal ist wie die der heißen Aktien auf dem Markt.

Einem Kimi Räikkönen oder Fernando Alonso ein bescheidenes Fixgehalt und eine hohe Siegprämie anzubieten, würde kein Teamchef wagen. Und kein WM-Kandidat würde auch nur daran denken, so einen Vertrag zu unterschreiben.

Die Rechnung geht für die älteren Semester selten auf. Aber es gibt Ausnahmen: Nelson Piquet hatte beispielsweise in seiner späten Benetton-Zeit einen Vertrag, der ihm eine schier illusorische Million Dollar für einen Sieg versprach. Denn Siege schienen zu Saisonbeginn höchst unwahrscheinlich. Piquet gewann zwei Rennen, sammelte Punkte wie ein Eichhörnchen und war viele finanzielle Sorgen los. Denn so viele Kinder mit so vielen Frauen kosten eben Geld. Nicht, dass Ralf Schumacher diese Probleme hätte. Aber es gilt als offenes Geheimnis, dass er die Mega-Gage der letzten drei Jahre nicht mehr erhalten wird.

An dieser Stelle gebührt auch noch mal eine tiefe Verneigung vor den Manager-Künsten eines Willi Weber, den Ralf ja mittlerweile in die Wüste geschickt hat. Oder, wie es ein netter Kollege aus der Kommentatorenbox so schön formulierte: "Michael Schumacher in den letzten Jahren zu managen, das hätte meine Oma auch gekonnt. Aber für Ralf nochmals so einen Vertrag rauszuholen, das konnte wirklich nur Willi!" Kolportierte 17 Millionen auf drei Jahre garantiert. Da bleibt abzüglich Managerprovision und sonstigen Abgaben noch ein bisschen über.

Ralf kann noch lachen - er kann es sich auch leisten..., Foto: Sutton
Ralf kann noch lachen - er kann es sich auch leisten..., Foto: Sutton

Dieser Vertrag ist zugleich Ralfs großes Imageproblem. Kaum ein Fan regt sich darüber auf, dass er die Hälfte von Räikkönen verdient oder ein Drittel dessen, was Michael zuletzt bekommen haben muss. Alle befinden, dass er überbezahlt ist. Und warum? Weil das Verhältnis Honorar zu Erfolg miserabel ausfällt: Nur 3 Podiums und 70 Punkte in fast drei Jahren Toyota, Tendenz stark fallend (2005: 45, 2006: 20, heuer: 5). Macht schlappe 700.000 für einen WM-Punkt.

Dennoch muss man fair zu Ralf sein: In den beiden letzten Jahren hatte er am Ende immer mehr Punkte als Jarno Trulli. Und dessen Vertrag wurde ja ohne Wimpernzucken bis 2009 verlängert. Und der Schwung des ersten gemeinsamen Jahres (Trulli zweimal Zweiter, Ralf zweimal Dritter und 14 Mal in den Punkten!!) haben bei Toyota wohl alle ein wenig verpennt. Mittlerweile bin ich überzeugt, dass Toyota in dieser Form nie an die Spitze der Formel 1 anschließen wird können.

Man hat die teuersten Chefdesigner eingekauft, den größten Windkanal gebaut, das größte Budget bereit gestellt. Und trotzdem war ein Strohfeuer im Jahr 2005 alles, was unter dem Strich dabei raus gekommen ist. Was nicht heißen soll, dass Toyota deswegen ein unsympathisches Team ist. Ganz im Gegenteil. Aber die langen Entscheidungswege nach Japan lähmen das Getriebe offensichtlich manchmal. Und Toyota hat sowieso den ganzen Rennsport - IRL, NASCAR, Formel 1 usw. - mit der Gießkanne überschwemmt. Vielleicht hätte eine Serie weniger und das Bündeln der Kräfte da besser funktioniert.

Droht Ralf bei der Reise nach Rom nun zwischen allen Sesseln durchzufallen? Ich halte das für möglich. Die Versuchung, Timo Glock um einen Bruchteil der Ralf-Gage zu engagieren, ist nachvollziehbar. Diejenigen in der Toyota-Box, die bei Ralfs Patzern ganz offen ihre Schadenfreude zur Schau tragen hätten ohnehin nichts gegen ein neues Gesicht im Team. Allerdings wirft es auch ein deutliches Licht auf das Toyota-interne Junior-Programm. Mehr als ein Feigenblatt kann es nicht sein.

Ein Fahrer auf dem Abstellgleis? Oder doch ein Fahrer im Schaufenster?, Foto: Sutton
Ein Fahrer auf dem Abstellgleis? Oder doch ein Fahrer im Schaufenster?, Foto: Sutton

Ralfs Kritiker - und derer gibt es viele - sitzen schon gespannt, um ihm eins auszuwischen. Irgendwie verstehe ich sie ja. Ralf ist nicht einfach. Ein Schumacher halt, meinen die meisten abschätzig. Und auch ich hatte so meine privaten Scharmützel mit ihm. Wenn er mal wieder bockig war und nichts sagen wollte. Aber irgendwie mag ich ihn trotzdem. Er kann echt witzig sein. Und in seltenen Momenten sogar über sich selbst lachen. Und das können die wenigsten Formel 1-Leute. Wie beim Fußball, wenn andere Piloten gnadenhalber den Ehrenankick machen, und Ralf seine Beine tapfer von wild gewordenen britischen Fotografen abklopfen lässt. Irgendwie würde er der Formel 1 doch fehlen.

Also, liebe Formel 1-Teamchefs! Ich hätte da einen Fahrer zu vergeben: 32 Jahre, er hat schon 6 Rennen gewonnen. An guten Tagen ist er übernatürlich schnell. An den anderen Tagen braucht er halt ein wenig Aufmerksamkeit. Er macht wenig kaputt und ist ziemlich reif für sein Alter. Geld braucht er nicht mehr so viel. Davon hat er ohnehin genug. Und stellen sie sich einfach vor, er heißt Ralf Meier. Geschwister hat er - soviel ich weiß - keine. Greifen Sie zu, aus dem könnte noch was werden...