Eine Geste sagt mehr als tausend Worte. Breit grinsend stand er da in Kanada und machte das "Hang Loose"-Zeichen auf dem Podium. Kapiert haben es in Österreich die wenigsten. Wie auch? Wer in diesem Land kitesurfen geht statt auf zwei Brettern einen Hang runterzurutschen ist ohnehin mal etwas suspekt.

Alexander Wurz ist in Waidhofen an der Thaya geboren, im idyllischen Waldviertel. Der Name ist Programm. Als er zur Welt kam, war dort Europa zu Ende. Dahinter war nur noch Stacheldraht und Ostblock. Ein Surfer mit sonnigem Gemüt passt dort so hin wie Paris Hilton in die Vulkaneifel.

Österreich grübelt: Was macht der Alex da?, Foto: Sutton
Österreich grübelt: Was macht der Alex da?, Foto: Sutton

Wurz fehlt aber nicht nur die richtige Freizeitsportart zum echten Österreicher. Da fehlt es an mehreren Ecken (und ich meine das durchaus wohlwollend). Und deswegen wird er südlich von München auch mit Grand Prix-Siegen nur schwer an die Popularität seiner Vorgänger herankommen. Österreich hatte mittlerweile ein gutes Dutzend Formel 1-Piloten. Dass von Wurz 1997 quasi verlangt wurde, die lückenlose Thronfolge Rindt-Lauda-Berger fortzusetzen kann man ihm nicht vorwerfen. So war er trotz aller Erfolge bei Benetton sehr schnell in jener Knochenmühle, durch die auch Berger musste. Das Image der beiden zerbrach mehr oder weniger am übermächtigen Vorgänger.

Über Gerhard Witze machte man Witze. ("Was ist der Unterschied zwischen einem Marienkäfer und Gerhard Berger...?" und so weiter). Er war eben kein Lauda. Eben "nur" GP-Sieger. Wurz - oder "Xandi" - wie ihn viele nennen ging es gleich: Dumme Radio-Commedy jeden Montag nach dem Rennen und so weiter. Irgendwie das Barrichello-Syndrom.

Jochen Rindt war ein Nationalheld. Der Bahnbrecher, der erste Mensch im Formel 1-All. Niki Lauda behielt sich seine Schnoddrigkeit als Fahrer auch noch auf dem Weg zur letzten Ölung und vollbrachte als Business-Man Übermenschliches: Er knackte das staatliche Flug-Monopol. Würde er heute als Bundespräsident kandidieren, 70% Stimmen wären ihm sicher. Berger oder Wendlinger punkteten schon durch ihre Tiroler Sprache. Aber Wurz?

Alex Wurz ist anders - Gott sei Dank., Foto: Sutton
Alex Wurz ist anders - Gott sei Dank., Foto: Sutton

Wie es die österreichische Tradition so will, zählt der Prophet im eigenen Land am allerwenigsten. Nachzufragen bei Mozart, Schwarzenegger oder anderen. Alex kehrte Österreich früh den Rücken. Zog nach Monaco. Heiratete eine Engländerin. War und ist Profi durch und durch. In der Arbeit, im Denken, in Umgang mit Medien. Wurde jahrelang von der Fachpresse gepriesen als bester Tester. Irgendwann war ihm das heimatliche Gestichel wohl egal. Und anstatt sich eine konspirative Lobby aufzubauen, die ihm ein besseres Image verpasst, geht er lieber surfen, klettern oder mountainbiken. Macht scheinbar völlig unlogische (damit auch un-österreichische) Dinge: Viel Geld in ein Profi-Team im Mountainbike-Weltcup zu investieren. Oder selbst Helikopter fliegen. Und er hat meistens was zu sagen, wenn er spricht. Und er nimmt sich selbst wohl am wenigsten ernst und kann auch mal über sich selbst lachen. Und ist ein Teamplayer, den Williams auch nach dem schwachen Saisonbeginn nie kritisiert hat.

Und zu all dem hat er sich eine unbeschwerte fast kindliche Lockerheit und Begeisterungsfähigkeit bewahrt, die manchem Formel 1-Einsteiger gut tun würde. Leider ist sie mit dem österreichischen Raunzer- und Grantlertum nur sehr bedingt kompatibel. Der Typ passt irgendwie in keine Schablone. Gerade deswegen gehört auch er in die Formel 1. Und wenn er ein bisschen Glück hat, dann bekommt auch er die gebührende Anerkennung in der Heimat früher als es bei Mozart der Fall war.