Ron Dennis hat einen Traum: er will nach dem sieglosen Jahr 2006 wieder gewinnen und er will zum ersten Mal seit 1999 wieder Weltmeister werden. Da passt das neue Teammotto gut ins Bild: "Träume verwirklichen." Den ersten Traum erfüllte sich das Team schon Ende 2005 - mit der Verpflichtung seines neuen Stars.

Bisher galt ein eisernes Motto: Der Stern ist der Star, bestenfalls die Mannschaft ist der Star; und dennoch war bislang immer Ron Dennis der Star. Bei der Teampräsentation in Valencia änderte sich das: Der Weltmeister war der Star. Fernando Alonso brachte nicht nur die Nummer 1 mit, er agierte auch so. Er ließ McLaren wieder in der Aura eines Siegerteams erstrahlen, er begrüßte die Gäste und er verbuchte die Lacher, als er Pedro de la Rosa zum Gewinnspielsieger ausrief. Fernando ist der Star.

Alonso ist der neue Heilsbringer der Silbernen., Foto: Sutton
Alonso ist der neue Heilsbringer der Silbernen., Foto: Sutton

Es herrscht Aufbruchsstimmung bei den Silbernen, es beginnt eine neue Zeitrechnung in Silber und Rot. Man will zuschauerfreundlicher werden, mehr Emotionen vermitteln und nicht mehr als grau und kühl kalkulierend wahrgenommen werden. Eins möchte man aber bleiben oder besser gesagt wieder werden: erfolgreich. Der Anfang ist gemacht. Die Nummer 1 prangt wieder auf dem Silberpfeil. Alonso hat sie sich in den letzten beiden Jahren verdient, McLaren Mercedes noch nicht.

Das Team 2007 beginnt nicht nur die Ära Alonso. Auch im McLaren Technology Centre werden neue Töne angeschlagen. Es ist das erste Jahr nach dem Abgang von Stardesigner Adrian Newey. Vor einem Jahr machte er sich auf den Weg zu Red Bull. Ihm folgten Peter Prodromou und Nicolas Tombazis zu Red Bull und Ferrari. McLaren musste danach seine Technikabteilung umstrukturieren. Statt teurer Neuzugänge setzt man, wie Ferrari, auf interne Beförderungen. Die langjährigen Mitglieder aus der zweiten Reihe müssen nun ihr Können unter Beweis stellen. Angesichts der Personalstärke von McLaren sollte das kein Problem darstellen. Genauso positiv ist die finanzielle Situation zu bewerten. Während Ron Dennis und Manjour Oliseh je 15% ihrer Anteile an die Mumtalakat Holding aus Bahrain verkauft haben, entpuppte sich das Team für diese Saison als wahrer Sponsorenmagnet, was viel Geld in die Kassen spülte. Die Voraussetzungen für die Saison 2007 sind also bestens.

Der MP4-22 soll den Erfolg zu McLaren zurückbringen., Foto: Hartley/Sutton
Der MP4-22 soll den Erfolg zu McLaren zurückbringen., Foto: Hartley/Sutton

Das Auto Die Saison 2006 war die erste seit 1996 in der McLaren kein Rennen gewann. Entsprechend früh schrieb man das Jahr ab und konzentrierte sich auf 2007, noch während Ferrari und Renault um den Titel kämpften. Auf diese Weise konnte McLaren den MP4-22 als zweites Auto der neuen Generation Mitte Januar vorstellen - und das gleich in zweifacher Ausführung. Fernando Alonso weiß, wie wichtig es ist, in den ersten Saisonrennen so viele Punkte wie möglich zu holen. Das hat er in den vergangenen beiden Jahren bei Renault gelernt. Auch McLaren hat diese Erfahrung gemacht - auf die harte Tour: sie verloren 2005 in den ersten Saisonläufen den WM-Titel gegen Alonso.

Die Tests Bei den Tests erwies sich der neue Silberpfeil auf Anhieb als gut. Von den normalen Zuverlässigkeitsproblemen eines neuen Autos abgesehen, sorgte nur ein widerspenstiges Ölleck für Aufsehen, das fast an jedem Testtag irgendwo tropfte. Dem Speed tat das keinen Abbruch: McLaren gab bei den ersten Wintertests klar die Pace vor. Alonso und auch Hamilton setzten Tagesbestmarken. Umso weiter es in Richtung Saisonbeginn ging, desto stärker wurde die Konkurrenz, allen voran Ferrari. Die Umstellung von Michelin auf Bridgestonereifen gelang fließend und problemlos. Eine große Überraschung war das nicht. Der MP4-21 ging sehr schonend mit den Reifen um, teilweise gab es Probleme die Michelins auf Temperatur zu bringen. Die neuen Reifen kommen jenen näher, die 2005 eingesetzt wurden - damals war der MP4-20 das schnellste Auto im Feld.

Mal wieder ein Ölleck am MP4-22?, Foto: Sutton
Mal wieder ein Ölleck am MP4-22?, Foto: Sutton

Die Fahrer Zum ersten Mal seit der Debütsaison geht McLaren mit zwei neuen Fahrern in ein neues F1-Jahr. Lewis Hamilton war die logische Wahl. Ron Dennis sah keine Alternativen auf dem Fahrermarkt. Außerdem unterstützt das Team den jungen Briten schon seit seinem 13. Lebensjahr. Hamilton hat alles, was ein aufstrebender F1-Pilot braucht. Er ist jung, schnell, lernfähig und ein verdammt guter Racer.

Natürlich fehlt ihm die nötige Erfahrung, immerhin hat er erst ein paar Monate F1-Testfahrten hinter sich. Aber er lernt schnell und hat seinen Speed bei den Tests mit Bestzeiten untermauert. Egal wie schwer sein Auto zu diesem Zeitpunkt gewesen ist, ein junger Pilot mit so wenig Erfahrung muss diese Zeit erst einmal fahren. Sein Ziel ist es, so viel Erfahrung wie möglich zu sammeln, von seinem Teamkollegen zu lernen und die ersten Erfolgserlebnisse wie WM-Punkte und Podestplätze einzufahren.

Ob es schon in seiner Debütsaison zum ersten Sieg reicht, bleibt abzuwarten. Die Konkurrenz ist stark, das Kräfteverhältnis noch nicht klar und Alonso mit gleichem Material ein schwieriger Gegner. Dennoch darf man Lewis sehr wohl einen Sieg in der ersten Saison zutrauen. Es ist nicht zu erwarten, dass er am Druck des McLaren-Cockpits oder Alonsos Leistungen zerbrechen wird. Vielmehr hat er in der GP2 letztes Jahr bewiesen, dass er auch unter Druck unglaubliche Leistungen und Überholmanöver vollbringen kann. Dennoch wird er die üblichen Anfängerfehler machen, wenn er versucht ans Limit zu gehen - so wie bei den Testfahrten in Valencia, wo er einen neuen MP4-22 in die Streckenrandbegrenzung schickte.

Für den amtierenden Champion zählt nur der Titel., Foto: Sutton
Für den amtierenden Champion zählt nur der Titel., Foto: Sutton

Fernando Alonso steht außer Diskussion. Er ist Doppelweltmeister, erfahren, technisch begabt und reißt sein Team in bislang unbekannten Ausmaßen mit. Fernando wurde zum Antreiber und Motivator der Silbernen, die aber nicht nur von seinem Charakter begeistert sind. Die Ingenieure erlebten bei Alonsos erstem Test im Dezember ein kleines Wunder: der Spanier gab technisches Feedback, von dem sie bei Kimi Räikkönen und Juan Pablo Montoya nie zu träumen gewagt hätten. Auch sein spezieller, aggressiver Fahrstil stellte kein allzu großes Problem dar, wobei hier die Meinungen noch gespalten sind. Alonsos Zeiten - vor allem im Vergleich zu Hamilton und der Konkurrenz - legen nahe, dass der Spanier noch etwas zulegen kann, sobald er sich an die neuen Einheitsreifen und das Fahrverhalten des Autos gewöhnt hat. Trotzdem reichte es schon zu Spitzenzeiten.

Das Fazit Neue Ingenieure, neue Fahrer, neue Reifen, neue Farben - all das klingt nach einem Übergangsjahr. Aber nicht bei McLaren. Für Alonso & Co gibt es nur ein Ziel - den WM-Titel. Die Konkurrenz ist jedoch groß, wie Norbert Haug anmerkte. Man kämpfe gegen sechs Hersteller, vier Autos von Adrian Newey-Autos und zwei Williams. In seiner Launch-Rede sprach Ron Dennis fast ein dutzend Mal vom "gewinnen". Das können sie in dieser Saison. Der MP4-22 ist schnell, scheint momentan nicht so gebrechlich wie seine Vorgänger und wird von zwei Top-Fahrern pilotiert. So gut standen die Vorzeichen bei McLaren Mercedes schon lange nicht mehr. Hinter Ferrari lag McLaren auf dem zweiten Rang der letzten Wintertests in Bahrain. Das übliche Favoritenrollenabwälzen berücksichtigt, ist McLaren im Moment eher ein Sieganwärter als Renault.

McLaren Mercedes

Pluspunkte Minuspunkte

+ Weltmeister Alonso
+ Budget
+ Motivation
+ Michelin-Umstellung

- viele Abgänge
- Öllecks
- Erwartungsdruck

Hausaufgaben gut gemacht? Saisonprognose

Frühes Roll-Out, wenige Probleme, schnelle Zeiten. McLaren meldete sich nach dem enttäuschenden 2006 an der Spitze zurück. Note: 2

Mindestens ein Titel soll her. Nach den Wintertests gehört McLaren zu den WM-Anwärtern. Einfach wird es aber nicht: die Rivalen liegen dicht beisammen, Ferrari derzeit sogar noch leicht davor.