Wer in der Formel 1 Siege feiern will, muss erst einmal das Rennen vor dem Rennen gewinnen. Mit 32 Tonnen Material zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und immer zu wissen, in welcher Kiste jedes der rund 10.000 Einzelteile zu finden ist - das ist die Herausforderung für die Logistiker der Teams. Zur Höchstform laufen sie immer dann auf, wenn es zu einem Überseerennen geht wie zum Großen Preis von Kanada.

Der Grand-Prix-Zirkus reist mit großem Gepäck. Etwa 120 Kisten und Container werden vom WilliamsF1-Hauptquartier im englischen Grove auf die Reise über den Atlantik geschickt. Beim Packen hat Paul Singlehurst, der für die Logistik verantwortlich ist, wie immer genau darauf geachtet, so wenig wie möglich mitzunehmen - aber auch so viel wie nötig. Ein Balanceakt. Damit nichts vergessen wird, hat er auf über 80 Seiten akribisch genau aufgelistet, was alles in die Kisten muss – von den Rennwagen und Ersatzmotoren bis zu den Papierservietten für die Hospitality.

Alles gepackt?, Foto: Sutton
Alles gepackt?, Foto: Sutton

Wenn das WilliamsF1-Team nach dem Großen Preis von Großbritannien seine Siebensachen zusammenpackt, sind 50 Kisten mit einem Gesamtgewicht von rund sechs Tonnen bereits auf dem Seeweg nach Montreal unterwegs. Sie wurden, weil´s zu Wasser billiger ist als in der Luft, schon nach dem Rennen in Imola auf die Reise geschickt. Von Silverstone fahren die WilliamsF1-Trucks zurück nach Grove, wo am Montagmorgen die Rennwagen in ihre Einzelteile zerlegt werden. Gleichzeitig werden die Laster komplett entladen und all die Dinge, die nicht dringend für den Zusammenbau der Autos gebraucht werden, schon mal nach und nach in Kisten und Container verpackt. "Jedes Teil hat seinen festen Platz", sagt Paul Singlehurst. "An der Rennstrecke fehlt uns die Zeit für größere Suchaktionen."

Am Freitag nach Silverstone hebt die Boeing 747 mit der wertvollen Formel-1-Fracht vom Flughafen Stansted nordöstlich von London ab in Richtung Montreal. Eine Vorhut des Teams mit Paul Singlehurst an der Spitze, dazu noch etwa 35 WilliamsF1-Mitarbeiter wie die Chefmechaniker und die Boxencrew, trifft am Montagmorgen vor dem Rennen am Circuit Gilles Villeneuve ein und beginnt mit dem Aufbau der Boxen.

Dazu gehört das Streichen des Bodens, das Aufhängen der zahlreichen Monitore und die Installation des Computernetzwerks mit Hilfe von 500 Metern Datenleitung und 300 Metern Stromkabel. Das vollständige Team von WilliamsF1 bei den Rennen besteht aus etwa 80 Personen.

Ja nichts vergessen..., Foto: Sutton
Ja nichts vergessen..., Foto: Sutton

Wie groß der materielle Aufwand in der Formel 1 ist, wird auch in Montreal deutlich werden, wenn nach und nach die großen Trucks vom Airport und vom Hafen eintreffen. WilliamsF1 nimmt zu jedem Grand Prix drei Rennautos mit, die für die Überseerennen auf Paletten montiert werden, damit sie übereinander in den Bauch des Flugzeugs passen. Dazu kommen sechs bis sieben Motoren, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, und natürlich jede Menge Werkzeuge und Ersatzteile. Zur Grundausstattung gehören auch 16 Rechner und 28 Notebooks, dazu noch 100 Funkgeräte zur schnellen Kommunikation. Nicht zu vergessen die 3000 Flaschen Mineralwasser für das Team und seine Gäste. Kanada ist zwar nicht in jedem Jahr ein Hitzerennen, aber in der Formel 1 geht man auch beim Gepäck lieber auf Nummer sicher.

Wenn in Montreal die Zielflagge fällt, ist das für die WilliamsF1-Crew das Startsignal für eine neuerliche Teilchenbeschleunigung der ganz besonderen Art. Schon am Sonntag darauf steht der Große Preis der USA auf dem Programm, was für das Team bedeutet, dass spätestens bis Mitternacht die ganze Ausrüstung schon wieder transportfertig verpackt sein muss. Am Montagmorgen um 8.00 Uhr startet das Flugzeug nach Indianapolis. Im Vorjahr hat man einen Teil des Materials mit Trucks auf die Reise in die Staaten geschickt, doch das ging einfach zu langsam. Geschwindigkeit ist nun mal alles in der Formel 1, auch beim Rennen vor dem Rennen.