Zum ersten Mal in diesem Jahr finden die Besprechungen der Fahrer und Teammitglieder in den eigenen vier Wänden statt: Mit dem Europa-Auftakt in Imola, hielten auch die altbekannten Motorhomes wieder Einzug im Fahrerlager. Mehr noch: Red Bull und BMW Sauber brachten ganze Motorhome-Tempel mit an die Strecke. Ob sich das auszahlt, wird sich erst am Sonntag zeigen. Nämlich dann, wenn Renault wieder gewinnt. Die Franzosen haben eines der ältesten und kleinsten Motorhomes - ebenso wie Ferrari...

1. - S wie Startaufstellung

Ohne großes Chaos lässt sich die Startaufstellung für den Großen Preis von San Marino ermitteln. Ganz vorne steht zum 66. Mal der siebenfache Champion Michael Schumacher. Direkt neben ihm startet Jenson Button aus Reihe 1. Damit steht der Brite auch im vierten Rennen in Folge unter den Top-3.

Super Aguri schaffte es nicht vor Renault zu stehen., Foto: Sutton
Super Aguri schaffte es nicht vor Renault zu stehen., Foto: Sutton

Die zweite Reihe wird ebenfalls von Ferrari und Honda belegt - allerdings in umgekehrter Reihenfolge: Ex-Ferrari-Pilot Rubens Barrichello startet vor seinem Nachfolger Felipe Massa.

Erst in Reihe 3 steht der Weltmeister: Fernando Alonso startet zusammen mit Ralf Schumacher aus der dritten Reihe. "Fernando scheint weiter hinten zu stehen als normal", analysiert Renault-Chefstratege Pat Symonds die Startaufstellung. "Aber wir haben unser Wochenende mit unseren Hauptrivalen im Hinterkopf geplant und glauben die richtige Entscheidung getroffen zu haben, um das bestmögliche Rennresultat einzufahren."

In Reihe 4 stehen die beiden Silberpfeile von Juan Pablo Montoya und Kimi Räikkönen. Die Top10 komplettieren Jarno Trulli und Mark Webber.

2. - S wie Start

Wie üblich wird der Start in Imola entscheidend sein: Aufgrund der kaum vorhandenen Überholmöglichkeiten, müssen die Verfolger von Michael Schumacher schon beim Erlöschen der Ampeln alles riskieren.

"Wenn er es schafft gleich vorne weg zu fahren und Alonso nicht gleich an die zweite Stelle kommt, dann hat Schumacher sehr gute Aussichten", prophezeit Niki Lauda.

Fernando Alonsos Renningenieur Rod Nelson gibt deshalb Angriff als die beste Verteidigung aus: "Zunächst mal müssen wir einen guten Start hinlegen", kündigt er an. "Wenn er Massa bis zur ersten Kurve passieren kann, wäre das ein sehr positiver Auftakt. Wenn ihm das gelingt, muss er trotzdem aufpassen - Felipe ist bekannt für etwas optimistische Bremspunkte, also sollte Fernando aufmerksam in die Spiegel gucken."

Anschließend müsse man darauf achten, welche Pace die beiden Honda gehen können. "Ich kann noch nicht einschätzen, wie schnell sie im Rennen sein werden", sagt Nelson. "Für uns besteht auf jeden Fall das Risiko, hinter ihnen festzustecken, während Schumacher vorne auf und davon fährt. Sie fahren aber vermutlich relativ leicht los, wir stehen also im Vergleich gut da."

Wenn nicht weiß Ralf Schumacher schon jetzt, wie das Rennen für Fernando Alonso verlaufen wird: "Wenn Michael einen guten Start hat, dann wird Fernando ihn nie anders als von hinten sehen."

3. - wie Setup

Das Autodromo Enzo e Dino Ferrari ist eine Strecke für sich: Es gibt kaum schnelle Kurven, viele kurze Geraden mit relativ ebenem Asphalt und natürlich die berühmt-berüchtigten Kerbs, die die Piloten in ihre Ideallinie mit einbeziehen.

Besonders die Randsteine in den Schikanen Variante Alta und Variante Bassa sind in der F1-Welt berüchtigt. Es gilt, den optimalen Kompromiss zu finden zwischen weicher Federung und Dämpfung zum sicheren Überfahren der Kerbs und der steiferen Auslegung, die für schnelle Richtungswechsel wichtig ist. Besondere Beachtung schenken die Teams während des gesamten Rennwochenendes den besonders exponierten Karosserieteilen wie Frontflügel oder Diffusor, die durch die hohen Randsteine beschädigt werden können.

Der Kampf gegen die Kerbs gehört einfach zu Imola., Foto: Sutton
Der Kampf gegen die Kerbs gehört einfach zu Imola., Foto: Sutton

In Imola wird mit relativ viel Abtrieb gefahren, damit die Piloten Vertrauen ins Auto aufbauen können. Auf den kurzen Geraden ist das Überholen so gut wie unmöglich, deshalb spielt der höhere Luftwiderstand und geringere Topspeed bei der Flügeleinstellung keine Rolle.

Der Kurs besteht aus einer Abfolge von hartem Bremsen und starkem Beschleunigen aus niedrigen Geschwindigkeiten. Traktion ist also immens wichtig. Aus diesem Grund achten die Techniker besonders auf den Verschleiß der Hinterräder. Auf der anderen Seite gilt der Asphalt von Imola nicht als besonders aggressiv, so dass die Reifen generell weniger stark abbauen als auf vielen anderen Kursen.

Das brutale Überfahren der Kerbs - für eine schnelle Rundenzeit unverzichtbar - setzt die Autos einer immensen Belastung aus. Die traditionell hohe Ausfallrate in Imola geht überwiegend auf diesen Effekt zurück. Neben den Vibrationen beim aggressiven Überfahren der Randsteine stressen auch die so genannten "Schock-Lasten" beim Landen die Technik: Im Sprung drehen die Räder durch, beim Landen treffen sie schlagartig auf Widerstand.

Auch die Triebwerke werden in Imola pausenlos beansprucht. Gefragt ist ein gutes Drehmoment für die Beschleunigungsphasen aus geringem Tempo. Zugleich kommt es in diesen Phasen auch auf die Spitzenleistung an. Die Fahrer geben 73 Prozent der Runde Vollgas - einer der höchsten Werte der Saison. Allerdings sind diese Vollgasphasen relativ kurz und die Autos erreichen fast nie ihre theoretische Höchstgeschwindigkeit. Dies mindert den Druck auf bewegliche Teile wie die Kolben. Auf der anderen Seite bringen die eher kühlen Temperaturen eine größere Luftdichte mit sich, so dass der Motor mehr Leistung entwickelt und seine Bauteile stärker beansprucht.

Die durchschnittliche Drehzahl liegt in Imola relativ hoch. Die größte Gefahr für den Motor geht aber nicht davon aus, sondern von den Drehzahlspitzen, wenn die Hinterräder abheben und der Motor frei drehen kann. Dem Risiko des Überdrehens begegnet das Team durch akribische Einstellung des Drehzahlbegrenzers - der aber über die gesamte Runde keine Nachteile bringen darf. Dazu kommt: Über die Renndistanz können die durch den Begrenzer ausgelösten unharmonischen Vibrationen dem Motor schaden. Die Techniker vereinbaren deshalb mit den Fahrern für das Rennen zum Teil veränderte Schaltpunkte oder eine abweichende Linienwahl, um diese Beanspruchung zu mindern.

4. - S wie Strategie

Zwei oder drei Stopps? So lautet die große Strategiefrage vor dem vierten Saisonrennen. "Ich sehe drei Kandidaten die schneller in der Box sein werden, als man schauen kann", sagt Ralf Schumacher den drei Spitzenleuten eine geringe Tankfüllung voraus.

Niki Lauda sieht das aber weder als Nachteil, noch als Zeichen für drei Boxenstopps. "Ich behaupte, dass die Zweistoppstrategie richtig ist", so der Österreicher "Man kann auch einen frühen ersten Stopp machen und trotzdem nur zweimal tanken." Deshalb sieht er "alle" auf zwei Stopps.

Dieser Einschätzung kann und will sich Renault-Teamboss Flavio Briatore nicht anschließen. "Ich glaube, dass McLaren die gleiche Strategie hat wie wir", sagte er. "Hier können die Autos zwei- oder dreimal stoppen, und ich gehe davon aus, dass alle Autos, die vor uns stehen, dreimal stoppen müssen."

Wie schwer sind die Silberpfeile unterwegs?, Foto: Sutton
Wie schwer sind die Silberpfeile unterwegs?, Foto: Sutton

Somit würden die beiden Ferrari und die zwei Honda dreimal zum Nachtanken an die Box kommen. Die McLaren und die Renault hingegen nur zweimal. Unterstützt wird diese Theorie durch die Aussagen der Teamverantwortlichen, die sowohl im silbernen als auch im gelb-blauen Lager vermehrt ihre "gute Strategie" lobten.

5. - S wie Sonntagswetter

Warme 22 Grad und ein Regenrisiko von 0% sagen die Wetterfrösche für Sonntagnachmittag voraus. Somit ist die Gefahr eines Regenrennens gebannt. Bestätigt werden diese Vorhersagen von BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen: "Die Konstanz der Reifen spielt hier eine große Rolle. Wir erwarten morgen noch einmal etwas höhere Temperaturen als heute. Das kann einen Einfluss auf den Rennausgang haben."

6. - S wie Speed

Ferrari war nicht nur bei der Rundenzeiten am schnellsten, auch bei den Top-Speedwerten führten die Italiener die Liste an. Mit einem kleinen Abstand zu den Roten reihten sich im Qualifying Montoya und Alonso ein. Das große Problem: Kaum jemand wird aus seinem Top-Speed großen Nutzen schlagen können. Überholmanöver sind in Imola mehr als nur Mangelware. Das bewies das rundenlange Duell zwischen Michael Schumacher und Fernando Alonso im Vorjahr.

Platz Fahrer Top-Speed
1. Michael Schumacher / Ferrari 295,1
2. Felipe Massa / Ferrari 294,0
3. Juan Pablo Montoya / Mercedes 291,8
4. Fernando Alonso / Renault 291,2
5. Jacques Villeneuve / BMW 290,3
6. Nico Rosberg / Cosworth 288,3
7. Nick Heidfeld / BMW 288,2
8. Giancarlo Fisichella / Renault 288,2
9. Tonio Liuzzi / Cosworth V10 288,1
10. David Coulthard / Ferrari 288,1
11. Kimi Räikkönen / Mercedes 287,0
12. Ralf Schumacher / Toyota 286,8
13. Mark Webber / Cosworth 285,8
14. Rubens Barrichello / Honda 285,6
15. Yuji Ide / Honda 284,8
16. Jarno Trulli / Toyota 284,8
17. Takuma Sato / Honda 284,4
18. Jenson Button / Honda 283,3
19. Scott Speed / Cosworth V10 283,2
20. Christian Klien / Ferrari 282,4
21. Christijan Albers / Toyota 280,5
22. Tiago Monteiro / Toyota 280,1

7. - S wie Spannung

Wie in dieser Saison üblich, erwarten uns auch vor dem Rennen in Imola gleich mehrere Spannungsmomente. Die begehrteste Frage ist natürlich jene, nach dem Rennsieger: Gelingt es Michael Schumacher und Ferrari den ersten Saisonsieg einzufahren und damit eine Wende in der WM einzuläuten?

Der Ex-Champion ist davon überzeugt. Er kündigte schon am Freitag die Pole und den Sieg an. Teil 1 seiner Vorhersage hat er erfüllt, jetzt kommt Teil 2 an die Reihe. Dafür verdrängt er auch gerne seine rekordbrechende 66. Pole Position. "Mich interessieren nur dieses Wochenende und der Sieg", sagte er entschlossen.

Wenn es Nacht wird in Imola..., Foto: Sutton
Wenn es Nacht wird in Imola..., Foto: Sutton

Ähnliche Töne spukte vor wenigen Wochen auch noch Jenson Button. Mittlerweile ist der Brite jedoch ruhig geworden. Vom ersten GP-Sieg ist nichts mehr zu hören. Mit Startplatz 2 stehen seine Chancen wieder einmal gut. Fraglich ist nur, ob sein RA106 stark genug ist, um den Sieg einzufahren. Zuletzt plagten Honda Aufwärmprobleme an den Michelin-Pneus, die sich vor allem über lange Distanzen bemerkbar machten. Entsprechend sagt Mario Theissen: "Bei Honda spiegelt sich die Form der Wintertests wider", so Theissen. "Jetzt geht es für sie darum diese Form auch im Rennen zu zeigen."

Gleiches gilt für McLaren Mercedes: Die Chrompfeile traten an diesem Wochenende kaum in Erscheinung. Dennoch hat sie jeder auf der Rechnung, schließlich sind die starke Rennpace des MP4-21 sowie die Fähigkeiten von Kimi Räikkönen allen bestens bekannt. Zudem sprechen bei den Silbernen alle Beteiligten kryptisch von einer guten Strategie - eine solche hat McLaren schon öfter zu kleinen Meisterleistungen von hinteren Startplätzen verholfen.

Und dann sind da noch die beiden Weltmeister: Renault und Fernando Alonso. Allen Verwirrungen um angebliche Kritik am Team zum Trotz, haben sich die Gelb-Blauen auch in diesem Sonntag auf ein Top-Ergebnis eingeschworen. Selbst da Alonso und Fisichella nur von 5 und 11 starten.

Trotzdem sagt der Spanier: "Ich gehe gar nicht ins Rennen mit der Absicht, unbedingt gewinnen zu müssen. Mein Ansatz ist eher, immer so viel Punkte wie möglich zu holen." Diese Ansicht teilt sein Teamchef: "Man kann nicht überall gewinnen und überall auf der Pole stehen. Erst der morgige Tag wird zeigen, was hier geht. Aber wenn Ferrari hier morgen gewinnen sollte, ist das doch nur gut für die Formel 1 und das Business."