Red Bull ist beides. Es sind ja vielleicht auch nicht umsonst zwei Bullen, die das Red Bull-Logo zieren. Der eine (vielleicht der linke?) könnte jener Bulle sein, der uns Flügel macht, uns auf Partys lädt, uns mit unkonventionellen Presseaussendungen zum Lachen bringt und von sich selbst fast schon ein bisschen selbstironisch behauptet, dass er doch so "cool and crazy" sei. Der andere Bulle (bleibt nur noch der rechte über) könnte jener sein, der es trotzdem ernst, ja sogar todernst meint. Ein Bulle, der auch wirklich etwas erreichen möchte - und das nicht nur auf der Marketingebene, sondern vor allem auch auf dem sportlichen Feld.

Seit der Übernahme von Jaguar im Herbst 2004 hat sich viel getan im Hause Red Bull Racing. Die Signale sprechen eine klare und eindeutige Sprache - wer einen der modernsten Windkanäle betreibt und einen Adrian Newey von McLaren-Mercedes weglockt, kann nur eines im Schilde führen: Den Gipfel erstürmen, an die Weltspitze gelangen!

Die ersten Schritte in diese Richtung habe man bereits gemacht, erklärt Red Bull-Boss Dietrich Mateschitz im Kurier-Interview: "Wir haben mit Ferrari einen wettbewerbsfähigen Motor und mit Adrian Newey einen der genialsten Designer." Der hauseigene Windkanal sei auf dem neuesten Stand, und: "2007 ist das erste Auto da, für das wir hundertprozentig allein verantwortlich sind."

Mateschitz, Marko und Newey - die Ansprüche sind gestiegen., Foto: Sutton
Mateschitz, Marko und Newey - die Ansprüche sind gestiegen., Foto: Sutton

Dass so eine Gipfelerstürmung nicht von heute auf morgen zu bewältigen ist, darüber ist sich Mateschitz im Klaren - dennoch steckt er konkrete Ziele: "Nehmen Sie in Gottes Namen auch noch 2007 als Lernjahr, oder als Perfektionsjahr. Aber spätestens 2008 müssten wir unter den Top Vier sein." In Anbetracht der in der Formel 1 antretenden Automobilgiganten ein äußerst ehrgeiziges Ziel für einen Privatier, auch wenn es sich um einen Privatier mit Konzernhintergrund handelt.

Alles muss top sein - auch die Fahrer

Es würde jedoch wenig bringen, dass man "x Millionen in den Windkanal, in den Motor und in Leute investiert", wenn nicht auch die Fahrer absolute Top-Piloten seien, erklärt Mateschitz. "Dass Ihnen die eineinhalb Sekunden, die Sie in der Entwicklung gewinnen, der Fahrer wieder wegnimmt, geht nicht", stellte der 61jährige trocken fest. Und er fügt hinzu: "Was dann noch fehlt ist einer der Top-Fahrer, weil alles andere muss sowieso schon top sein."

Zu dieser Elite der Automobillenker würden auch die Herren Michael Schumacher und Kimi Räikkönen zählen - es könne aber auch "ein Nico Rosberg sein", wirft Mateschitz ein, dem klar ist, dass "um die alle ein – auf gut österreichisch gesagt – großes G´riss ist". Der Idealfall wäre, sagt Mateschitz, wenn dieser zu findende Topfahrer aus den eigenen Reihen, aus dem Junioren-Programm respektive der Driver-Search kommen würde: "Das ist ja nicht nur Scott Speed, da gibt es einen Ackermann, einen Vettl, einen Edwards."

Wenn allerdings kein neuer Schumacher dabei sein sollte, dann eben müsse man sich auf dem Markt umsehen, gesteht der Red Bull-Boss. "Sonst würden wir ja unser vorhergehendes Investment selbst ad absurdum führen", verteidigt Mateschitz diesen letzten und für die eigenen Fahrer womöglich schmerzhaften Schritt.

Red Bull Racing wird laut Motorsportkonsulent Helmut Marko in den kommenden vier Monaten entscheiden, wer 2007 in den ersten Newey-Autos sitzen wird - gegenüber den Salzburger Nachrichten erklärte er: "Zu warten, bis zwei Drittel der Saison vorbei sind, um die Fahrer für 2007 zu verpflichten, ist viel zu lang. Die Entscheidung fällt im Sommer rund um die Saisonmitte." Die beiden aktuellen Fahrer, David Coulthard und Christian Klien, stehen also wieder einmal auf dem Prüfstand. Erst unlängst erklärte Marko, dass er sowohl von Klien als auch von Coulthard mehr erwarten würde. Gegenüber der Kleinen Zeitung deutete Marko an, dass ihm achte Plätze zu wenig seien - er stellte, nach dem Saisonauftakt in Bahrain, die Frage in den Raum: "Warum sind wir nicht Zweiter, wie Ferrari?"

Eine Frage, die von Marko mittlerweile auch wieder ein wenig relativiert worden ist und deren Antwort vielleicht auch etwas mit dem Auto, dem Red Bull-Ferrari RB2, zu tun hat. Schließlich ist der RB2 noch kein Newey-Auto und gehört wohl auch noch nicht zu den Top 4-Boliden am Grid. Zumal man im Winter anfangs lediglich drei Runden am Stück absolvieren konnte und wegen der notwendigen Neukonstruktion der Seitenkästen viel wertvolle Testzeit verloren gegangen ist. Und so können Coulthard und Klien, auch wenn immer öfter der Name Montoya fällt, darauf hoffen oder bauen, dass sie mit dem Team mitwachsen dürfen und es zumindest einer von den beiden 2007 in das erste Newey-Auto schafft. Eines ist klar: Bis zum Sommer wird bei den roten Bullen um die weitere Karriere gekämpft - so locker der eine Bulle auch ist - der andere hat die Latte ganz schön hoch gelegt.