Wie hat der Wechsel von V10 zu V8-Motoren die Reifen beeinflusst?

Nick Shorrock: Unsere Reifen sind auf eine geringere Belastung auf der Geraden ausgelegt, da die Geschwindigkeiten dort niedriger sein werden. Es besteht die Möglichkeit, dass die Autos mehr rutschen werden, da die Fahrer einen anderen Stil benutzen werden, um das Beste aus ihren Motoren herauszuholen. Aber bislang war die Belastung genauso wie 2005.

Bedeutet ein leichterer, schwächerer Motor, dass Ihr weichere Reifenmischungen backen könnt?

Nick Shorrock: Anfänglich stand dies aufgrund der rutschenden Autos nicht fest, aber im Laufe der Tests kam es zur Nutzung weicherer Reifen als im Jahr 2005.

Die neuen Regeln sollen die Kurvengeschwindigkeiten reduzieren. Machen weichere Reifen die Autos nicht schneller?

Nick Shorrock: Die Gesamtrundenzeiten scheinen in diesem Jahr langsamer zu sein, aber bei einigen Gelegenheiten dürften die Kurvengeschwindigkeiten etwas höher sein. Das liegt nicht nur an den Reifen. Die V8-Motoren verlangen nach weniger Kühlung als ein V10 und ermöglichen damit ein effizienteres Aerodynamik-Paket.

Wie werden sich die Rundenzeiten 2005 und 2006 unterscheiden?

Nick Shorrock: Das wird von der Streckencharakteristik abhängen und auf High-Speed-Strecken größeren Einfluss haben. Momentan sind die Autos rund 2,5 Sekunden langsamer. Im Laufe des Feintunings wird sich diese Zahl aber zweifelsohne verringern.

Hat Michelin mit einem weißen Blatt Papier begonnen oder kann man auf die Daten von 2004 und 2005 aufbauen?

Nick Shorrock: Es ist sicherlich kein kompletter Neustart. Im letzten Jahr gab es einige Entwicklungen, besonders bei der Reifensicherheit, die wir in die neue Saison mitnehmen können. Wir haben uns auch die Reifenmischungen von 2004 angesehen, die nicht so gut wie erwartet funktioniert haben. Allerdings scheinen sie den neuesten Regeln zu liegen. Wir sind noch dabei alles zu analysieren und es werden noch viele Weiterentwicklungen folgen. Während der Wintertests versuchten wir zunächst die Füße auf den Boden zu bekommen. Seitdem haben wir gute Fortschritte erzielt und an den Reifen für die ersten Rennen gearbeitet.

Michelin hat die Saison 2005 dominiert. Wird die Konkurrenz in diesem Jahr besser sein?

Nick Shorrock: Michelin hat für 2006 aktiv eine gerechtere Reifenverteilung unter den Teams gesucht und diese auch erreicht. Es wäre außergewöhnlich, wenn wir die tollen Erfolge des Vorjahres wiederholen könnten. Realistisch betrachtet erwarten wir, dass unsere Rivalen sich verbessern werden. Wir erwarten kein einfaches Jahr, aber wir sind zuversichtlich, dass wir wieder gewinnen und unseren Partnern hochklassige Produkte anbieten können.

Haben sich die Arbeitsmethoden mit den Teams verändert?

Nick Shorrock: Nein. Alle werden genauso professionell wie eh und je weiterarbeiten. Das war seit unserer F1-Rückkehr so und ist in allen Sportarten in denen Michelin aktiv ist so. Es gab einen sehr offenen Datenaustausch zwischen unseren Partnerteams. Wir arbeiten alle daran so schnell wie möglich wertvolle Daten zu sammeln. Es gab eine sehr produktive Zusammenarbeit und der Teamgeist ist sehr stark ausgeprägt.

Wann begann die Herstellung der Reifen für 2006?

Nick Shorrock: Im November. Allerdings wurde die Einführung von Reifenwechsel erst am 24. Oktober bestätigt.

Wie viele Reifen werden bis zum Saisonbeginn mindestens getestet?

Nick Shorrock: Rund 16.000. Wir fahren bei jedem großen Test mit etwa 2.000 Reifen. Momentan testen wir rund fünf bis sechs Mischungen und vier bis fünf Konstruktionen pro Test.

Wurde die Reifenwahl für die ersten Saisonrennen bereits getroffen?

Nick Shorrock: Zuerst mussten wir einen Reifen entwickeln, der konstant schnell und zuverlässig ist. Jetzt sind wir dabei den Reifen auf die spezifischen Eigenheiten der Strecken zuzuschneiden. Das Wetter in Südspanien ist jetzt milder, weshalb wir eine bessere Basis für die anstehenden Rennen in Bahrain und Malaysia erlangen können. Allerdings können wir dank unserer Erfahrung auch bei kalten Bedingungen gute Testergebnisse erzielen.

Michelin zieht sich am Ende der Saison aus der F1 zurück. Wie wirkt sich das auf das Entwicklungsprogramm aus?

Nick Shorrock: Gar nicht. Alle sind weiterhin voll konzentriert. Unser Entwicklungsteam konzentriert sich weiter auf dieses Jahr und teilt seine Zeit nicht auf die aktuelle Saison und langfristige Projekte auf.

Wie ist die Stimmung in der Motorsport-Abteilung angesichts des nahenden Ausstiegs?

Nick Shorrock: Die F1 wird als Königsklasse des Motorsports angesehen und Michelin hat seit seiner Rückkehr 2001 tolle Arbeit geleistet. Insbesondere im letzten Jahr. Es ist schade, dass wir nicht weitermachen, aber alle verstehen die Gründe dafür. Im nächsten Jahr wird das F1-Personal neue, ebenso herausfordernde Rollen erhalten. Bis dahin bleibt die Motivation ungebrochen.