Auf dem Weg nach ganz oben macht man sich nicht immer nur Freunde - das wusste auch Ayrton Senna. "Ich weigere mich, einen Kampf aufzugeben", stellte der dreimalige Weltmeister einst seine Kompromisslosigkeit klar. Diese Eigenschaft führte dazu, dass er im Laufe seiner Karriere mit manchen Kollegen aneckte. Mehrmals krachte es auf und neben der Strecke mit unterschiedlichen Gegnern. Anlässlich des 30. Todestages der Formel-1-Ikone wirft Motorsport-Magazin.com einen Blick auf Sennas größte Rivalitäten.

Terry Fullerton: Lieblingsgegner aus Kartsportzeiten

Gegen welchen seiner großen Gegner ist er am liebsten Rennen gefahren? Fragte man Senna selbst - so geschehen in einer Medienrunde nach dem F1-Saisonfinale 1993 in Adelaide - erhielt man eine überraschende Antwort: Kein großer Name wie Niki Lauda, Alain Prost, Nelson Piquet oder Nigel Mansell, sondern Terry Fullerton! Mit ihm pflegte er eine Rivalität, die nicht von Feindschaft begleitet, sondern von gegenseitiger Achtung geprägt war.

Sennas und Fullertons Wege trennten sich schon vor der Formel 1. Denn der Kart-Weltmeister von 1973, dessen Bruder bei einem Motorradrennen tödlich verunglückte, entschied sich infolge dieser tragischen Erfahrung gegen den risikoreichen Rennsport - trotz großer Begabung und zahlreicher Erfolge. Senna begegnete er hingegen schon Ende der 1970er Jahre, als das brasilianische Nachwuchstalent erwartungsvoll nach Europa kam. Während ihrer Kartsportzeit verband sie eine respektvolle Rivalität mit harten Zweikämpfen.

Senna bewunderte Fullertons Fähigkeiten. "Er war sehr erfahren, und ich genoss es sehr, gegen ihn zu fahren. Er war schnell, er war konstant. Für mich war er ein sehr kompletter Fahrer. Und es war reines Fahren, reines Racing. Da gab es keine Politik und es war auch kein Geld involviert. Es war also echtes Racing und das ist mir als sehr gute Erinnerung geblieben", erinnerte sich Senna Jahre später zurück, gezeichnet von erbitterten WM-Kämpfen und mit drei F1-Weltmeistertiteln im Gepäck.

Die tiefe Anerkennung zwischen dem Brasilianer und dem Briten beruht auf Gegenseitigkeit. Obwohl Fullerton im Kartsport mehrere Jahre ebenso gegen andere Formel-1-Stars wie Mansell, Piquet und Prost antrat, gilt seine ganze Wertschätzung einem einzigen Ausnahmetalent: "Senna war der talentierteste Fahrer, gegen den ich je gefahren bin. Es tat so gut, mich mit ihm zu messen."

Nigel Mansell: Konkurrenten vom Anfang bis zum Schluss

In der Formel 1 angekommen, gelangte Senna schnell in die Schusslinie von Mansell. Der aufstrebende Brasilianer sollte 1985 nach einer eindrucksvollen Saison beim Team Toleman den erfahreneren Briten beim Top-Team Lotus ersetzen. In den folgenden Jahren wurden die beiden zu Dauerrivalen. Immer wieder gerieten sie auf der Rennstrecke aneinander.

Ein einschneidender Moment in ihrer Beziehung war das Rennen auf dem Circuit de Spa-Francorchamps 1987. Während beim Start Mansell sicher vor Senna und Piquet in Führung ging, übernahm beim Neustart nach einer Rennunterbrechung Senna die Führung vor Mansell. Der Brite wollte sich nichts gefallen lassen, versuchte, wieder an Senna vorbeizugehen, wobei die beiden kollidierten und schließlich aus dem Rennen ausschieden. Es folgte ein Handgemenge zwischen den beiden Piloten in der Boxengasse.

Fünf Jahre später wurde es beim Großen Preis von Australien 1992 ein weiteres Mal hitzig zwischen Mansell und Senna. Nachdem Mansell von Anfang an vor Senna in Führung lag, verlangsamte der Williams-Pilot in Runde 19 abrupt. Daraufhin krachte Senna, der auf die unerwartete Reaktion nicht mehr rechtzeitig reagieren konnte, ins Heck seines Konkurrenten. Beide schieden aus. Senna warf Mansell anschließend vor, er hätte absichtlich stark gebremst und den Unfall provoziert. Am Ende unterlag Senna in seinem McLaren dem überlegenen Williams dieser Saison deutlich.

Auf schicksalhafte Weise kreuzte Mansell noch einmal den Weg von Senna als er in der Saison 1994 vier Formel-1-Rennen im Auto der tödlich verunglückten F1-Legende bestritt und im letzten Rennen sogar noch einen Sieg für das Williams-Team holte. Mansell folgte weiter den Spuren Sennas, als er für 1995 einen Vertrag bei McLaren unterzeichnete. Dort beendete er seine Karriere jedoch nach kurzer Zeit des Misserfolgs.

Alain Prost: Die größte Rivalität der Formel 1

Als größter Rivale von Senna gilt indes Alain Prost. Ihre Rivalität erstreckte sich von 1985 bis 1993 über neun Jahre hinweg, in denen sie zusammen sieben Titel und 76 Siege errangen. Bis heute blieb es das intensivste Duell der Formel-1-Geschichte und ein Wettstreit für die Ewigkeit.

Möglicherweise begann es schon 1984 beim Großen Preis von Monaco, als das Rennen aufgrund der nassen Streckenverhältnisse vorzeitig beendet wurde, Prost gewann und Senna somit sein erster Sensationssieg verwehrt blieb. Es war der Startschuss für viele harte Siegeskämpfe in den folgenden Saisons.

Richtig brisant wurde das Duell aber erst 1988 mit Sennas Wechsel zu McLaren. Dieser bescherte dem Rennstall aus Woking die erfolgreichste, aber auch die polarisierendste Fahrerpaarung. Prost, der zu diesem Zeitpunkt bereits vier Jahre für McLaren gefahren war und zwei Weltmeisterschaften gewonnen hatte, bemühte sich selbst darum, Senna zum Team zu holen. Aber das gute Miteinander währte nicht lange. Denn schon in Sennas erstem Jahr bei McLaren spitzten sich die Zweikämpfe auf der Strecke zu.

Prost merkte schnell, welche Gefahr vom jungen Brasilianer ausging und musste sich gegen ihn geschlagen geben. Die WM-Entscheidung fiel damals in Japan: Nach einem ultraschlechten Start, bei dem Senna auf der Pole Position das Auto abwürgte, fiel er zunächst weit zurück, konnte sich aber innerhalb weniger Runden zurück an die Spitze kämpfen. Schließlich zog er nicht nur auf der Strecke an Prost vorbei und siegte im Rennen, sondern sicherte sich auch seinen ersten Titel.

Mit ihrer Rivalität schrieben sich beide als siegreiche Legenden in die Formel-1-Geschichtsbücher ein, Foto: Sutton
Mit ihrer Rivalität schrieben sich beide als siegreiche Legenden in die Formel-1-Geschichtsbücher ein, Foto: Sutton

Das folgende gemeinsame Jahr war von Spannungen und politischen Kämpfen zwischen den beiden Teamkollegen geprägt. Zuvor getroffene Vereinbarungen wurden nicht eingehalten. So waren sich etwa vor dem Großen Preis von San Marino 1989 beide McLaren-Fahrer einig, dass derjenige, der nach der ersten Kurve in Führung liegt, nicht attackiert werden darf. Beim Restart schien diese Abmachung für Senna nicht mehr zu gelten. Denn obwohl Prost den besseren Start erwischte, überholte Senna ihn.

Sinnbildlich für den 1989 zunehmend schwelenden Konflikt steht der Moment, in dem beide McLarens bei der Weltmeisterschaftsentscheidung beim Großen Preis von Japan in der letzten Schikane des Suzuka International Circuit nach einer Kollision zum Stehen kommen. Die Weltmeisterschaft war zu diesem Zeitpunkt eigentlich bereits für Prost entschieden, da Senna das Rennen hätte gewinnen müssen, um weiter auf den Titel hoffen zu dürfen. Doch während Prost sein Auto abstellte und ausstieg, ließ sich Senna von den Marshalls wieder anschieben und konnte das Rennen nach kurzer Reparatur an der Box tatsächlich gewinnen. Jedoch wurde er nachträglich disqualifiziert, weil er das Rennen illegal wieder aufgenommen hatte und so hieß der Weltmeister von 1989 Alain Prost.

Ein Jahr später, wieder WM-Entscheidung in Suzuka: Prost, der nach den Querelen mit Senna bei McLaren kündigte und zur Scuderia Ferrari wechselte, wo er nun neben Mansell fuhr, war dieses Mal im Nachteil und musste einen Sieg holen, um noch Chancen auf den Titel zu haben. Senna startete von eins, Prost von zwei. Der Franzose kam besser weg, doch kurz nach dem Start krachte es zwischen den beiden Kontrahenten. Damit war Senna ein zweites Mal Weltmeister - mit einem bitteren Beigeschmack.

Der Schlagabtausch zwischen den beiden Streithähnen beruhigte sich auch in den kommenden Jahren nicht und immer wieder wurde gegeneinander geschossen. Aber den Großen Preis von Australien 1993 beendeten die beiden Erzrivalen bei der Podiumszeremonie mit einer symbolischen Geste der Versöhnung: Der siegreiche Brasilianer holte den zweitplatzierten Franzosen und damaligen Weltmeister zu sich auf das oberste Treppchen. Weil Prost sich mit vier Weltmeistertiteln von der Formel 1 verabschiedete, war dies sein letztes Rennen. Doch was niemand damals ahnte: Auch für Senna war es der finale Triumph.

Michael Schumacher: Ein junger Kontrahent auf Augenhöhe

Das nächste Supertalent stand da bereits in den Startlöchern: Michael Schumacher, der seit 1991 zunächst für Jordan und dann bald für Benetton in der Formel 1 durchstartete. Ausgerechnet 1994, im Jahr von Sennas tragischem Unfall, raste Schumacher zu seinem ersten WM-Titel und einige Experten sind sich sicher, dass Schumacher ohne Sennas frühen Tod heute kein Rekordweltmeister wäre. Senna vs. Schumacher - das hätte Potenzial für das spektakulärste Duell aller Zeiten gehabt. Doch letztlich ist es aufgrund der traurigen Geschichte von F1-Legende Senna bei einigen wenigen, aufregenden Kämpfen auf dem Asphalt geblieben.

Schon früh erlebte Michael Schumacher in der Formel 1 seine Sternstunde und konnte mit den Besten kämpfen, Foto: Sutton
Schon früh erlebte Michael Schumacher in der Formel 1 seine Sternstunde und konnte mit den Besten kämpfen, Foto: Sutton

Zu nennen wäre da beispielsweise ein Zwischenfall bei den Testfahrten in Hockenheim 1992. Ohne Grund bremste der junge Benetton-Pilot den McLaren-Star aus, woraufhin Senna tobend in Schumachers Motorhome stürmte. Mechaniker mussten eingreifen, um eine Eskalation zu verhindern. Ein anderes Mal in der Saison drängte der Deutsche den Brasilianer bei einem missglückten Überholversuch von der Strecke ab oder drehte ihn am Start um. Auch beim Brasilien GP gerieten die beiden aufgrund taktischer Spielchen aneinander. Mehrmals kamen sich die beiden Formel-1-Fahrer in diesem wie im folgendem Jahr sowohl verbal als auch im Rennwagen in die Quere.

1994 versprach daraufhin ein megaspannendes WM-Duell zwischen den neuen Kontrahenten, das im dritten Saisonlauf auf tragischste Weise ein vorschnelles Ende nahm. Im ersten und zweiten Rennen jedenfalls konnte Schumacher jede Pole Position von Senna in einen deutschen Sieg umwandeln, da der Brasilianer jeweils vorzeitig ausschied. Ebenso war Schumacher in Imola bis zu Sennas Einschlag in die Betonmauer dichter Verfolger und holte schließlich den Sieg. Senna selbst sagte einmal: "Eines Tages wird jemand kommen, der alle meine Rekorde und Bestmarken auslöscht. Ich glaube aber nicht, dass das passiert, solange ich noch fahre", womit er fatalerweise Recht behalten sollte.