Ferrari: Roter Abgesang

Das Saisonziel: Doppelte Titelverteidigung

Die Punkteausbeute: 100 - Zu wenig.

Die Teambilanz: Die schlechteste Ferrari-Saison seit Michael Schumacher 1996 bei den Italienern andockte, brachte für die Roten nur einen einzigen Sieg mit sich. Und dieser wurde nur gegen fünf Gegner errungen.

Folgerichtig ist es nicht sehr schwierig die Saison auf einen Nenner zu bringen: Ferrari erlebte ein enttäuschendes und frustrierendes Jahr. Nach all den Seriensiegen und unumstrittenen Titelgewinnen ist die Scuderia nicht nur auf dem Boden der Tatsachen gelandet, sondern gleich in diesem versunken.

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Zu Saisonbeginn schlugen alle einzig und allein auf Bridgestone ein: Die Japaner hätten aufgrund fehlender Testdaten im Vergleich zu Michelin den viel schlechteren und wenig haltbareren Reifen gebacken. Aus diesem Grund erlebte Ferrari schon beim zweiten Saisonrennen in Malaysia ein fürchterliches Debakel.

Die vergebliche Suche nach dem Rückweg auf die Siegerstraße., Foto: Sutton
Die vergebliche Suche nach dem Rückweg auf die Siegerstraße., Foto: Sutton

Aber auch das vorgezogene Debüt des F2005 brachte nur wenig Besserung. Nach dem Hoffnungsschimmer von Imola, als Michael Schumacher hinter Kimi Räikkönen das schnellste Auto besaß, ging es steil bergab. Neben den Reifen entpuppte sich dabei auch der rote Renner der Generation 2005 als anfällig. Wobei weniger die Zuverlässigkeit, als die Performance und hier vor allem jene auf einer schnellen Runde zu wünschen übrig ließ.

Zusammenfassend waren sowohl die Reifen als auch die Aerodynamik des F2005 nicht konkurrenzfähig genug, um die hohen roten Erwartungen und Ansprüche zu erfüllen. Ein dritter Platz in beiden WM-Wertungen ist für die einstigen Serienchampions absolut nicht befriedigend.

Die Fahrerbilanz: An den Fahrern lag die rote Krise aber gewiss nicht. Allerdings muss sehr wohl angemerkt werden, dass Rubens Barrichello mit dem schwächelnden F2005 weitaus weniger gut zurecht kam, wie sein weltmeisterlicher Teamkollege. In den vergangenen Jahren war Rubinho schon weitaus näher an Michael Schumacher dran, als dies 2005 der Fall gewesen ist.

Sein Abgang zeichnete sich derweil schon vorzeitig ab: Wann sonst hat Rubens Barrichello schon einmal so aufgemuckt, wie nach dem Überholmanöver seines Teamkollegen in der letzten Runde des Monaco GP? Seine Leistungen auf der Rennstrecke blieben aber bis auf wenige Ausnahmen immer hinten denen des siebenfachen Champions zurück.

In Maranello gehen die Lichter so schnell nicht mehr aus..., Foto: Sutton
In Maranello gehen die Lichter so schnell nicht mehr aus..., Foto: Sutton

Dass auch ein siebenfacher Weltmeister einmal ein rabenschwarzes Wochenende erleben kann, zeigte Michael Schumacher beim Saisonfinale in Shanghai. Dort misslang ihm, wie schon im Vorjahr, beinahe alles. Die Krönung waren ein Auffahrunfall auf dem Weg in die Startaufstellung sowie ein Dreher in der Safety-Car Phase. Allerdings war dies ein passender Abschluss für das Ferrari-Jahr 2005.

Die Expertenmeinung: "Vor der Saison waren wieder einmal alle davon überzeugt, dass die Roten erneut Meister werden würden. Aber danach hat sich mehr und mehr herauskristallisiert, dass fast alle anderen schneller waren. Das gleiche gilt auch für den Premium-Reifenpartner der Scuderia. Man könnte fast sagen, dass sich mit Bridgestone und Ferrari zwei gesucht und gefunden haben..." (Sven Heidfeld)

Saisonziel erreicht? Nein, deutlich verfehlt.

McLaren: Silberner Katzenjammer

Das Saisonziel: WM-Titel

Die Punkteausbeute: 182 - Schwacher Start & nur ein Doppelsieg.

Die Teambilanz: Wenn es nur darum ginge, das schnellste Auto zu bauen, dann hätte McLaren Mercedes in diesem Jahr 100 von 100 möglichen Punkten erreicht. In der Formel 1 geht es aber auch darum, in 19 Rennen die meisten WM-Zähler einzufahren. Und das schafften die Silbernen in diesem Jahr nicht.

Der Grund dafür ist einfach: Der MP4-20 war zwar mit Abstand das schnellste Auto, aber er war 1. nicht von Beginn an so schnell und 2. nicht zuverlässig genug. So kostete die fehlende Zuverlässigkeit Kimi Räikkönen nicht nur viele Startpositionen, sondern auch wertvolle WM-Punkte.

Montoya kämpfte zu Beginn mit dem Auto und den Tennisbällen., Foto: Sutton
Montoya kämpfte zu Beginn mit dem Auto und den Tennisbällen., Foto: Sutton

Hinzu kamen jene Punkte, die Juan Pablo Montoya aufgrund von Zuverlässigkeitsproblemen oder Zwischenfällen nicht einfahren konnte. Zusammen mit dem Spätstart in die Saison, in welcher man erst ab Imola das schnellste - aber zugleich auch instabilste - Paket vorzuweisen hatte, ergab dies ein Saisonende ohne Titelgewinn: McLaren ging sowohl in der Fahrer-WM als auch in der Konstrukteurs-Wertung leer aus.

Ron Dennis wird das zwar nicht gerne lesen, aber letztlich hat das zuverlässigere und bessere Team beide WM-Titel abgeräumt. Währenddessen das schnellste Team mit der Rolle des bemitleideten Pechvogels Vorlieb nehmen musste.

Die Fahrerbilanz: Vier Fahrer kamen in diesem Jahr in einem Silberpfeil zu Renneinsätzen. Der Grund dafür ist nur allzu gut bekannt: Juan Pablo Montoya zog sich nach Saisonbeginn eine "Sportverletzung" zu. Deren genaue Natur schwankt zwischen der offiziellen Schulterverletzung beim Nachjagen einer gelben Filzkugel und der inoffiziellen Variante beim Motocross fahren.

Egal wie Montoya sich seine Schulterverletzung zugezogen hat, sein Fehlen bedeutete Renneinsätze für Pedro de la Rosa und Alexander Wurz. Dabei konnten beide mit guten Leistungen überzeugen, wobei Pedro de la Rosa in Bahrain vor allem durch ein blindes Anrennen auffiel. Alex Wurz schaffte es unterdessen in Imola nachträglich auf das Treppchen.

Wenn ihn sein Motor ließ, kam Kimi immer schnell ins Ziel., Foto: Sutton
Wenn ihn sein Motor ließ, kam Kimi immer schnell ins Ziel., Foto: Sutton

Juan Pablo Montoya erlebte unterdessen eine Saison der gemischten Gefühle. Nach einem schwierigen Start mit starken Anlaufproblemen, musste er wegen seiner Verletzung pausieren und war dann auch bei seinem Comeback noch nicht wieder im Vollbesitz seiner Kräfte. Erst ab Saisonmitte konnte der Kolumbianer sein wahres Potenzial aufblitzen lassen. Gegen Saisonende erntete er allerdings wieder jede Menge Kritik für zwei Auffahrunfälle bei Überrundungen von Tiago Monteiro und Antonio Pizzonia. Die fehlenden Punkte von möglichen Doppelsiegen, könnten am Ende über die Team-WM entschieden haben.

Zu Ungunsten von Kimi Räikkönen wurde die WM derweil durch seine vielen technischen Probleme und Ausfälle entschieden. Dabei gingen einige Probleme, wie der Reifen- und Aufhängungsschaden vom Nürburgring, auf die finnische Kappe des Ice Man und andere wiederum einzig und allein auf die Zuverlässigkeit des Mercedes-V10. Hier hatte Kimi allerdings meistens Glück im Unglück: Die meisten Motorschäden widerfuhren ihm im Freien Training, weswegen er immerhin im Rennen noch an den Start gehen konnte.

Und das machte er ein ums andere Mal mit Bravour! Wer in Japan von Platz 17 auf 1 fährt und auch bei - aus seiner Sicht sicherlich viel zu - vielen anderen Gelegenheiten seinen überlegenen Speed durch Aufholjagden durch das halbe oder gesamte Feld demonstriert, der hätte dafür den WM-Titel als Belohnung verdient gehabt. Aber die F1-Welt ist bekanntlich weder fair noch gerecht.

Die Expertenmeinung: "Viele werden die Silberpfeile als Verlierer der Saison sehen, aber für mich sind sie ganz klar zu den Gewinnern zu zählen. Wer mit 10 Rennen die meisten Grand Prix einer Saison gewonnen hat, der darf sehr wohl als Gewinner bezeichnet werden. Auch wenn man letztlich keinen Titel einfahren konnte." (Sven Heidfeld)

Saisonziel erreicht? Nein, knapp verfehlt.

Renault: Gelb-Blaue Arie

Das Saisonziel: GP-Siege & vielleicht der WM-Titel.

Die Punkteausbeute: 191 - Nur zwei Nullrunden.

Die Teambilanz: Ernsthaft damit gerechnet hätte zu Saisonbeginn wohl niemand mit einem doppelten Titelgewinn der Franzosen von Renault. Zwar waren diese zusammen mit McLaren bei den Wintertests eindeutig am schnellsten, aber Tests sind normalerweise eine Sache und Rennen eine andere.

Sieben Siege durfte der neue Weltmeister bejubeln., Foto: Sutton
Sieben Siege durfte der neue Weltmeister bejubeln., Foto: Sutton

Flavio Briatore und seine Truppe bewiesen in dieser Saison allerdings, dass die Ergebnisse von Testfahrten durchaus ein realistischer Fingerzeig für die anstehende Saison sein können. In den ersten drei Rennen konnte deshalb niemand den Gelb-Blauen das Wasser reichen. Nach dem Auftaktsieg von Giancarlo Fisichella eilte der Finger zeigende Fernando Alonso von Sieg zu Sieg. Teilweise natürlich unter gütiger Mithilfe der Kollegen aus dem McLaren Technology Centre.

Nach diesem furiosen Auftakt, mussten die Franzosen jedoch eingestehen, dass McLaren das schnellere Auto besaß. Aus diesem Grund änderte man die eigene Strategie und konzentrierte sich darauf keine unnötigen Risiken einzugehen, konstant zu punkten und auf diese Weise den Vorsprung nicht schmelzen zu lassen. Am Ende brachte ihnen das den Fahrer-WM-Titel ein.

Für die letzten beiden Rennen gingen Pat Symonds & Co dann wieder mehr Risiko. Dieses Vorgehen wurde beim Saisonfinale in China überraschend mit dem Konstrukteurs-Titel belohnt. Die Saison 2005 war für den créateurs d'automobiles also ein rundum gelungenes Jahr.

Die Fahrerbilanz: In Melbourne war Auftaktsieger Giancarlo Fisichella noch der glücklichste Fahrer auf der Welt. Danach verflüchtigte sich sein Glück allerdings postwendend. An seine Stelle trat eine Pechsträhne, wie sie in dieser Saison sonst nur noch Kimi Räikkönen, Jarno Trulli und Juan Pablo Montoya zu beklagen hatten.

So feierte Renault den 1. Titelgewinn., Foto: Sutton
So feierte Renault den 1. Titelgewinn., Foto: Sutton

Eine Mischung aus Pleiten, Pech und Pannen sorgte dafür, dass Fisico im Duell mit Fernando Alonso klar den Kürzeren zog und somit schon frühzeitig alle Titelhoffnungen begraben musste. Am Ende reichte es noch nicht einmal zu seinem so sehr erhofften zweiten Saisonsieg. Stattdessen verschenkte er einen möglichen Triumph in China eingangs der letzten Runde an Kimi Räikkönen.

Ganz anders verlief das Jahr für Fernando Alonso. Der Spanier legte eine Fabelsaison auf den Asphalt und beging nur einen einzigen Fehler: In Montreal setzte er unter dem Druck der McLaren seinen R25 in die Mauer. Ansonsten blieb er absolut fehlerlos.

Obwohl er am Ende beklagte, dass ihm sein Renault mehr als nur sieben Siege hätte bescheren können, erlebte der Mann aus Oviedo eine Traumsaison, an deren Ende er zu einem würdigen Nachfolger von Ex-Dauerweltmeister Michael Schumacher gekrönt wurde.

Die Expertenmeinung: "Es ist kein Zufall, dass Renault in diesem Jahr beide WM-Titel abgeräumt hat. Flavio Briatore hat es wieder einmal geschafft mit Alonso und einem Superteam genau die richtige Mischung für eine Weltmeistertruppe zusammenzustellen. Allerdings heißt das nicht, dass Renault im nächsten Jahr wieder den Titel holen wird. Wie die Beispiele Ferrari und B·A·R in dieser Saison gezeigt haben, kann sich über den Winter durch kleine Regeländerungen viel verändern. Die Truppe aus Brackley war beispielsweise im letzten Jahr Vizeweltmeister und für dieses Jahr WM-Mitfavorit und am Ende musste man fast Mitleid mit ihnen haben." (Sven Heidfeld)

Saisonziel erreicht? Ja, sogar übererfüllt.

Und wieder von vorne...

Nach der Saison werden die Karten in der Winterpause neu gemischt. Vor der Saison 2006 gilt diese Faustregel umso mehr: Mit einem neuen Qualifying-System, der Rückkehr von Reifenwechseln und dem Beginn der V8-Ära stehen einige einschneidende Regeländerungen an.

Anfang März gehen in Bahrain die AMpeln wieder aus., Foto: Sutton
Anfang März gehen in Bahrain die AMpeln wieder aus., Foto: Sutton

Diese allein sind schon dazu in der Lage für ein völlig verändertes Kräfteverhältnis in der Formel 1 Welt zu sorgen. Hinzu kommen noch die Entwicklungsfortschritte, welche die Teams in ihrem unermüdlichen Bestreben ihr Auto schneller zu machen erzielt haben. Schließlich wird sich die Scuderia Ferrari nicht noch einmal so vorführen lassen wollen, wie in der abgelaufenen Saison.

2006 sind also drei Dinge gefragt: 1. Die gewohnten Verbesserungen und Fortschritte am neuen Auto. Sprich: Mehr Downforce und mehr Performance. 2. Eine erhöhte Anpassungsfähigkeit an die neuen Regeln und Abläufe in Qualifying sowie Rennen. Hier erlebte Ferrari 2003 nach der Einführung des Einzel-Qualifyings und der Parc Fermé Regelung ein böses Erwachen. 3. Ein glückliches Händchen bei der Entwicklung der V8-Triebwerke.

Angesichts dieser drei entscheidenden Faktoren, wird es umso wichtiger sein, in den anstehenden Wochen der Wintertests eine gute Basis für die neue Saison zu finden. Dann können auch wir zu Saisonbeginn den Teams wieder unsere traditionelle Frage stellen: Haben sie die Hausaufgaben gut gemacht?