Red Bull Racing: Die positive Erscheinung der Saison

Das Saisonziel: Punkten & eine Basis für 2006 schaffen.

Die Punkteausbeute: 34 - nur zwei kleine Durchhänger.

Die Teambilanz: Als die grünen Raubkatzen den roten Bullen wichen und Red Bull Boss Dietrich Mateschitz in Milton Keynes die Kontrolle übernahm, traute niemand dem ehemaligen Jaguar Team große Erfolge zu. Doch schon in Melbourne machten die Dunkelblauen klar, dass ab sofort im F1-Paddock ein neuer Wind wehte: RBR sorgte abseits der Strecke mit riesigen Partys und auf der Strecke mit einer überraschend starken Performance für Aufsehen.

Diese Kombination aus Lifestyle-Flair im Fahrerlager und guter Vorstellungen auf der Rennstrecke, sollte sich auch in den nachfolgenden Rennen fortsetzen. Der über den Winter verbesserte Jaguar entpuppte sich als sehr viel besser, als viele Experten gedacht hätten.

David Coulthard wurde bei RBR zu Uncle David., Foto: Sutton
David Coulthard wurde bei RBR zu Uncle David., Foto: Sutton

Entsprechend ist Red Bull Racing bereits nach seiner Debütsaison zum besten Privatteam aufgestiegen. Und das obwohl man den Cosworth-getriebenen Boliden kaum mehr als den zahmen Mietzekätzchen des Vorjahres zugetraut hatte. Für 2006 sicherten sich die roten Bullen sogar die neuen V8-Triebwerke der springenden Pferdchen aus Maranello. Dann kann Didi Mateschitz seine Energy Station also komplett zum Zoo umfunktionieren. Mit den Star Wars Kostümen aus Monaco, unternahm er ja bereits in diesem Jahr einen ersten Versuch in diese Richtung...

Aus sportlicher Sicht lag die Mannschaft von Christian Horner lange Zeit sogar auf dem sechsten Rang der Konstrukteurs-WM. Am Ende fehlte RBR aber ein bisschen Glück, um British American Racing im Schlussspurt noch hinter sich zu halten. Der 7. Platz im Übergangsjahr von Jaguar zu Red Bull ist dennoch mehr als manierlich.

Die Fahrerbilanz: Zu Saisonbeginn hätten wohl nur die Wenigsten viel Geld auf das Fahrergespann der österreichisch-britischen Allianz gesetzt. David Coulthard galt nach seinem Abgang bei McLaren als langsames Auslaufmodell und dem Cockpit-Sharing zwischen Tonio Liuzzi und Christian Klien wurde nur wenig Sinn eingeräumt.

Während man sich bei Letzterem tatsächlich über den Sinn und Unsinn streiten kann, bewies Onkel David mit Bravour, dass er noch lange nicht zum Alteisen gehört. Mit einem völlig überarbeiteten Image, lockeren Sprüchen und starken Listungen fuhr sich DC zurück in die Herzen der britischen Motorsport-Fans. Diese hatten den Lowlander nach seinen enttäuschenden Jahren in Silber fast schon abgeschrieben.

Red Bull ahtte mehr als nur Dosen zu bieten., Foto: Sutton
Red Bull ahtte mehr als nur Dosen zu bieten., Foto: Sutton

Etwas verwirrend verlief die Saison für Christian Klien. Der Österreicher legte in den ersten Saisonrennen einen fabelhaften Start hin, musste dann aber planmäßig für Tonio Liuzzi Platz machen. Nach dessen vier wenig überzeugenden Rennen kehrte der Vorarlberger verunsichert zurück. Sein Lauf war beendet und Klien musste erst wieder seine Form finden. Gegen Saisonende konnte er diese wieder mit starken Qualifying- und Rennleistungen unter Beweis stellen.

Die Expertenmeinung: "Dafür dass die roten Bullen erst kurzfristig im November das Team übernommen haben, waren ihren Leistungen, gerade zu Beginn, mehr als nur sehr ordentlich. Gegen Saisonende zeigten sie solide Vorstellungen und jede Menge Potenzial für die nächsten Jahre. Ihre Erfolge hat man den Bullenreitern immer gegönnt, da das Auftreten des Teams im Fahrerlager äußerst sympathisch und so gar nicht im Stil des eher langweiligen Paddocks war." (Sven Heidfeld)

Saisonziel erreicht? Ja, mehr als nur übererfüllt.

British American Racing: Die Enttäuschung der Saison

Das Saisonziel: GP-Siege

Die Punkteausbeute: 38 - nur eine Saisonhälfte gepunktet.

Die Teambilanz: Als amtierender Vizeweltmeister gingen British American Racingund Jenson Button mit einer klaren Zielsetzung in die neue Saison: Der 007 getaufte Bondwagen sollte vom ersten Rennen an siegfähig sein und den Weißen nicht nur den ersten GP-Triumph ermöglichen. Nach Rang zwei im Vorjahr, sollte in dieser Saison auch in der Konstrukteurs-WM der Angriff auf Ferrari erfolgen.

Wie gründlich dieser Versuch in die Hose ging, lässt sich ganz einfach an der WM-Tabelle ablesen: Erst im zehnten Saisonrennen des Jahres erzielte Jenson Button die ersten Saisonzähler der japanisch-britischen Seilschaft. Zuvor herrschte in Brackley in eine Art Pleiten, Pech und Pannen Show vor.

Der negative Höhepunkt des Jahres war die Disqualifikation vom San Marino GP sowie die anschließende Rennsperre in Spanien und Monaco. Einen größeren Imageschaden hätte Honda gar nicht erleiden können. Im Vergleich dazu, erschienen selbst die in den Anfangsrunden des Malaysia GP erlittenen Motorschäden wie Nebensächlichkeiten.

B·A·R fuhr 2005 alles andere als kosmisch gut., Foto: Sutton
B·A·R fuhr 2005 alles andere als kosmisch gut., Foto: Sutton

Böse Zungen würden behaupten, dass B·A·R es nach der Ausnutzung eines Regelschlupfloches beim Saisonauftakt in Australien nicht anders verdient hatte. In Melbourne stellten die Weißen beide Autos vorsätzlich kurz vor Rennende ab, um in Malaysia mit neuen Motoren antreten zu können. Diese gingen aber schon nach drei Runden in Rauch auf. Für viele war dies die Rache des Sportsgeistes...

Die Fahrerbilanz: Die Rache der Japaner bekam Honda hingegen vor dem Japan GP zu spüren. Kurz zuvor hatte man verkündet, dass Takuma Sato 2006 nicht mehr für die Weißen an den Start gehen würde. Für die stolzen Japaner eine Katastrophe: Wie konnte Honda nur den einzigen aktiven Landsmann hängen lassen?

Während Honda überhastet aus Verzweiflung die Pläne für ein B-Team veröffentlichte, um auf diese Weise die Wogen etwas zu glätten, lässt sich die Entscheidung zu Ungunsten von Taku San durchaus in Zahlen ausdrücken: Der Japaner konnte in dieser Saison nur einen einzigen WM-Zähler einfahren. Jenson Button brachte es trotz der vielen Probleme immerhin auf 37.

Die Weißen hatten sich mehr erwartet., Foto: Sutton
Die Weißen hatten sich mehr erwartet., Foto: Sutton

Dennoch kann auch Button mit seinem Jahr nicht zufrieden sein. Auch nach 100 Grand Prix steht der einst als zukünftiger Weltmeister gepriesene Brite noch immer ohne GP-Erfolg da. Noch schlimmer: Nach der Buttongate II-Affäre nahm sein schon im Vorjahr stark in Mitleidenschaft gezogener Ruf weiteren Schaden. Jetzt heißt es für ihn endlich wieder auf der Rennstrecke für Aufsehen zu sorgen.

Die Expertenmeinung: "British American Racing gehört nach der komplett verkorksten ersten Saisonhälfte, der Buttongate-Affäre und der Tankgeschichte von Imola ganz klar zu den Verlierern der Saison. All dies brachte viel Unruhe ins Team. Nick Fry & Co haben sich das Jahr sicherlich anders vorgestellt." (Sven Heidfeld)

Saisonziel erreicht? Nein, völlig verfehlt.

Williams: Die Scheidung der Saison

Das Saisonziel: GP-Siege & der WM-Titel.

Die Punkteausbeute: 66 - Durchhänger zu Saisonmitte.

Die Teambilanz: Sir Frank Williams erklärte vor der Saison 2004, dass ihm die lange titellose Zeit seines einst so erfolgreichen Rennstalls beinahe schon "körperliche Schmerzen" bereite. Die Saison 2005 lehrte den Sir erneut zu leiden.

Dabei sah es nach einem mittelprächtigen Saisonstart durchaus gut aus: Besonders Nick Heidfeld konnte durch einige Podestplätze und eine Pole Position für erfreute Gesichter in Grove sorgen. Aber dann kam der plötzliche Absturz. Ausgerechnet beim Debüt des heiß ersehnten neuen Aerodynamik-Pakets stürzten die Weiß-Blauen in Regionen ab, die sie sonst nur von Überrundungen kannten.

Die Zeiten der BMW-Power sind für Grove vorbei., Foto: Sutton
Die Zeiten der BMW-Power sind für Grove vorbei., Foto: Sutton

Hinzu kam die unvermeidliche Trennung von BMW, die abseits der Probleme auf der Strecke auch nebenher immer wieder neue Kriegsschauplätze eröffnete. Die Suche nach einem Ersatz sowie die insgesamt finanziell klamme Situation des Teams, taten ihr Übriges.

Erst gegen Saisonende konnte sich das Team wieder etwas fangen. Man ist fast schon geneigt zu sagen: Wie üblich steigerte sich Williams im Schlussspurt. Zu einem Sieg wie im Vorjahr, reichte es allerdings nicht mehr. Stattdessen musste man sich mit Punkteplatzierungen zufrieden geben.

Die Fahrerbilanz: Er kam erst in allerletzter Sekunde ins Team, für BMW-Williams war er dennoch ein Glücksgriff: Nick Heidfeld vereinte sowohl die Fähigkeiten eines starken Racers als auch die eines perfekten Entwicklers in einer Person.

Auf diese Weise fuhr er sich schnell in die Herzen der Teammitglieder - und zwar auf beiden Seiten der britisch-bayrischen Allianz. Im Qualifying-Duell musste er sich zwar hin und wieder dem gelobten Super-Qualifyer Mark Webber geschlagen geben, im Rennen konnte er aber ein ums andere Mal für eine kleine Sensation sorgen. Leider endete seine Saison vorzeitig mit den Folgen zweier Unfälle. Einer davon auf vier, einer auf zwei Rädern...

Quick Nick war der große Gewinner der weiß-blauen Saison., Foto: Sutton
Quick Nick war der große Gewinner der weiß-blauen Saison., Foto: Sutton

Sein Teamkollege Mark Webber hatte in der Folge leichtes Spiel mit dem Heidfeld-Ersatzmann Antonio Pizzonia, der Webber noch aus Jaguar-Zeiten bekannt und wenig beliebt war. Die Vorstellungen des Jungle Boy bestätigten dabei die Meinung des Aussies: Pizzonia konnte in keinem seiner Rennen überzeugen und verlor damit wohl endgültig seine Chance auf ein Williams-Stammcockpit in der neuen Saison.

Nach dem Shoot-Out gegen Heidfeld zu Beginn dieses Jahres, dürfte er damit zum zweiten Mal in Folge gegen einen schnellen Deutschen, nämlich Nico Rosberg, das Nachsehen haben. Für Williams ist nicht auszudenken, wie die Saison verlaufen wäre, wenn sich zu Saisonbeginn die Befürworter des Brasilianers gegen jene des Mönchengladbacher durchgesetzt hätten...

Die Expertenmeinung: "Die Weiß-Blauen hatten ein paar gute Rennen wie in Monaco oder am Nürburgring. Dann gab es aber auch wieder Rennen zum Vergessen wie zur Saisonmitte in Frankreich. Ab dem Kanada GP schien der Wurm drin zu sein und nichts mehr vorwärts zu gehen. Sie waren das gesamte Jahr über sehr unkonstant: Vom Top-Team bis zum hinteren Mittelmaß war von Rennen zu Rennen alles dabei." (Sven Heidfeld)

Saisonziel erreicht? Nein, erneut verfehlt.

Toyota: Die positive Überraschung der Saison

Das Saisonziel: Podestplätze & Punkteplatzierungen.

Die Punkteausbeute: 88 - mehr Punkte als in der gesamten Teamgeschichte zusammen.

Der Trulli Train war für viele eine Reise ohne Wiederkehr., Foto: Sutton
Der Trulli Train war für viele eine Reise ohne Wiederkehr., Foto: Sutton

Die Teambilanz: Wer in einer Saison mehr Punkte sammelt, als in der gesamten dreijährigen Teamgeschichte davor, der darf mit Fug und Recht von einer gelungenen Saison sprechen. Dennoch hätten sich die Weiß-Roten in diesem Jahr noch ein bisschen mehr erhofft.

Neben noch mehr regelmäßigen Podestplätzen, stand dabei vor allem der ersten GP-Sieg auf der weiß-roten Wunschliste der Köln-Marsdorfer. Die Chance dazu hätten sie im verregneten Spa-Francorchamps und womöglich beim Heimspiel in Suzuka gehabt. Zumindest aber hatten sich die Japaner vor heimischer Kulisse nach Ralf Schumachers Pole Position mehr als nur ein Pünktchen erwartet.

Wie unaufhaltsam die Japaner dem Erfolg entgegenrollen, mach allerdings der Einsatz einer B-Version ihres TF105 im vorletzten Rennen deutlich. Bei Toyota ist der Erfolg nicht nur sprichwörtlich nur noch eine Frage der Zeit.

Neben Red Bull Racing waren die Weiß-Roten die große Überraschungs-Mannschaft der Saison. Besonders in den ersten Saisonrennen in Malaysia und Bahrain, aber auch in Spanien oder Ungarn wussten sie mit doppelten Punkteankünften und Podestplätzen zu überzeugen. Ohne das Indy-Fiasko und die damit verbundenen 18:0 Punkte zugunsten von Ferrari, hätte man sogar den 3. Platz in der Konstrukteurswertung einfahren können.

TMG-Präsident John Howett durfte der Konkurrenz die Zunge zeigen., Foto: Sutton
TMG-Präsident John Howett durfte der Konkurrenz die Zunge zeigen., Foto: Sutton

Die Fahrerbilanz: Mit Jarno Trulli und Ralf Schumacher standen erstmals zwei erprobte GP-Sieger in Diensten von Toyota. Dennoch ernteten sie zu Saisonbeginn einige Kritik für ihre Fahrerwahl. Beide seien zu unkonstant und würden das Team nicht weiterbringen, hieß es.

Nach nur wenigen Rennen mussten die Kritiker kleinlaut zugeben: Das weiß-rote Fahrerduo hatte gleich mehrere Ass im Ärmel. Eines davon war die unglaubliche Qualifying-Fähigkeit von Jarno Trulli, der beinahe in jeder Qualifikation eine Superrunde aus dem Ärmel schüttelte. Da war selbst sein Teamkollege Ralf Schumacher chancenlos.

Dieser konnte nur zu zwei Zeitpunkten des Jahres mit Trulli mithalten: 1. zu Saisonmitte, als Jarno eine kleine Pechsträhne verfolgte, und 2. gegen Saisonende, als Ralf mit dem TF105B sehr viel besser zurecht kam. Zu Saisonbeginn war es hingegen umgekehrt: Der TF105 passte viel besser zu Trullis als zu Ralfs Fahrstil.

In der Endabrechnung schafften es beide Fahrer dem Team eine Pole Position und mindestens einen Podestplatz zu schenken. Das Duo Jarno Trulli und Ralf Schumacher konnte seinen Kritikern also den Wind aus den Segeln nehmen.

Die Expertenmeinung: "Die Japaner haben sich ein bisschen unter Wert geschlagen. Sie gehören zwar deutlich zu den Gewinnern der Saison, aber der letzte Durchbruch in Form von regelmäßigen Podestplätzen hat noch gefehlt. Besonders hervorheben muss man Jarno Trulli für seine tollen Qualifying-Leistungen. Er hat einfach immer das Maximum aus dem Auto herausholen können. Wenn man Jarnos Qualifying-Speed mit Ralf Schumachers Renn-Speed paaren könnte, dann hätte Toyota den perfekten Rennfahrer." (Sven Heidfeld)

Saisonziel erreicht? Ja, sogar übererfüllt.

Am Freitag analysieren wir im 3. und letzten Teil unserer Teambilanz 2005 die Leistungen von Ferrari, McLaren Mercedes und Renault.