Alle paar Jahre ändert die Formel 1 ihre technischen Regularien, für 2026 steht bekanntermaßen schon das nächste Motorenreglement in den Startlöchern. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Einerseits sollten die Autos aus Sicherheitsgründen ausgebremst werden, dann wiederum gab es den Wunsch nach neuen Rundenrekorden. Zuletzt spielten bessere Überholmöglichkeiten und die Wünsche der Hersteller nach zeitgemäßer Antriebs-Technologie eine große Rolle bei Umbrüchen im Reglement.

Neue Regeln sind für die Fans der Königsklasse eine spannende Situation. Nicht nur stellt sich die Frage, ob sie ihren intendierten Zweck erfüllen, sondern welche Teams sich am besten auf die neuen Rahmenbedingungen einstellen können. Manchmal wurden Rennställe auf einen Schlag zu Siegern, während andere abrutschten. Nachdem die Saison 2022 nun vorbei ist und wir so ein Bild der Kräfteverhältnisse des ersten Jahres mit Ground-Effekt-Autos seit den 1980ern haben, können wir den Vergleich zu den vorherigen Regelumbrüchen ziehen. Hat sich die Hackordnung 2022 deutlich verändert und wie sah es zuvor in den Jahren 2017, 2014, 2009 und 1998 aus?

2022 veränderten sich die Autos deutlich, Foto: LAT Images
2022 veränderten sich die Autos deutlich, Foto: LAT Images

Als Grundlage für die Bewertung der Kräfteverhältnisse ziehen wir die Konstrukteurswertung des jeweiligen Vorjahres und der Saison des Regelumbruchs heran. Natürlich liefert dieser Vergleich kein optimales Ergebnis, da er Faktoren wie Fahrer- oder Motorenwechsel, bessere/schlechtere Strategien oder einfach nur Glück bzw. Pech nicht einbeziehen kann. Dennoch liefert die Konstrukteurs-WM am Ende zumeist einen guten Überblick über die Leistungsfähigkeit eines Teams über eine Saison hinweg.

So änderten Regelumbrüche die F1-Kräfteverhältnisse

Jahr des Regelumbruchs20222017201420091998
Ø-Positionsverschiebung pro Team1,60,81,6331,45
Größte Verbesserung33683
Größter Absturz-3-3-4-4-3
Veränderung Siegerteams-10-2-1-1
Neue Siegerteams10021
Neuer Weltmeister?JaNeinJaJaJa
Veränderung Podestteams-5-12-1-3

Beim Blick auf die Regelrevolutionen seit 1998 fallen zwei der fünf untersuchten Jahre besonders auf: 2009 und 2017. Während 2009 das Feld mit einer durchschnittlichen Positionsverschiebung von 3 Plätzen pro Team ordentlich durcheinandergewirbelt wurde, stellte 2017 in jeglicher Hinsicht die geringste Veränderung dar. 1998, 2014 und 2022 wiederrum haben die Kräfteverhältnisse in einem sehr ähnlichen Rahmen verändert.

Niki Lauda nannte die Autos 2009 'Mähdrescher', Brawn GP gewann sensationell die WM, Foto: Sutton
Niki Lauda nannte die Autos 2009 'Mähdrescher', Brawn GP gewann sensationell die WM, Foto: Sutton

Neue Weltmeister, aber weniger Siegerteams

Auffällig ist, dass abgesehen von Mercedes Titelgewinn 2017 jeder Regelumbruch ein neues Weltmeisterteam hervorgebracht hat. Nur 2022 hatte Red Bull im Vorjahr zumindest schon die Fahrer-WM gewonnen. Damit ist Max Verstappen auch der einzige Pilot, der seinen Titel nach einer Regelrevolution verteidigen konnte. Fairerweise muss jedoch erwähnt werden, dass Nico Rosberg seine Titelverteidigung 2017 gar nicht erst antrat.

2017 wurden die Boliden deutlich breiter, Mercedes fuhr trotzdem vorneweg, Foto: LAT Images
2017 wurden die Boliden deutlich breiter, Mercedes fuhr trotzdem vorneweg, Foto: LAT Images

Obwohl Regelumbrüche neue Weltmeisterteams hervorbrachten, reduzierten sie die Abwechslung an der Spitze in den einzelnen Rennen. In keinem Jahr konnten mehr verschiedene Teams als im Vorjahr ein Rennen gewinnen und nur 2014 schafften es mehr Rennställe auf das Podest als noch 2013. Besonders negativ fällt hier der Jahrgang 2022 auf: Während sich 2021 noch neun Teams über mindestens einen Pokal freuen durften, waren es 2022 nurmehr vier. 2009 ist das einzige Jahr, das mit Brawn und Red Bull gleich zwei neue Sieger hervorbrachte. 1998 durfte Jordan den ersten Sieg feiern, 2022 überwand Ferrari zwei Jahre der Sieglosigkeit.

Gemein ist auch allen Regelumbrüchen, dass sich zumindest ein Team um mindestens drei Plätze verbessern konnte, während ein anderes mindestens um deren drei abrutschte. Der Höchstwert ist jedoch bei den Verbesserungen deutlich stärker ausgeprägt als bei den zurückgefallenen Mannschaften. Brawn verbesserte sich 2009 um acht Plätze, Williams 2014 um sechs. Den größten Rückschritt hingegen mussten zweimal Team Enstone (2009 und 2014) sowie Toro Rosso (2009) mit vier Plätzen hinnehmen.

Lotus fiel 2014 weit zurück, Foto: Sutton
Lotus fiel 2014 weit zurück, Foto: Sutton

2022 eher durchschnittliche Veränderung für die Formel 1

Abgesehen vom großen Verlust bei verschiedenen Teams auf dem Podest bewegt sich die Regelrevolution von 2022 im Durchschnitt. Der Überblick der abgelaufenen Saison:

Team20212022Pos. Verschiebung
Red Bull211
Ferrari321
Mercedes13-2
Alpine541
McLaren45-1
Alfa Romeo963
Aston Martin770
Haas1082
AlphaTauri69-3
Williams810-2

Mit Alfa Romeo und AlphaTauri haben der jeweils größte Gewinner bzw. der größte Verlierer die Plätze getauscht. Mercedes hat als Champion von 2021 zwei Positionen verloren, nur 2009 ging es für Ferrari als Titelverteidiger sogar noch weiter bis auf Rang vier zurück. Einzig Aston Martin hat seinen Platz aus dem Vorjahr gehalten. Zum Vergleich: 2017 gab es sogar sechs Rennställe, die den gleichen Platz wie in der Saison 2016 belegten.

Insgesamt hat das neue Regelwerk 2022 also weder das Feld unangetastet gelassen noch eine gewaltige Veränderung hervorgerufen. Große Sprünge nach vorne wie Brawn und Red Bull 2009 oder Williams 2014 gelangen nicht. Die neuen Regeln müssen die Fans also vor allem mit besserem Racing überzeugen, denn Sensationen haben sie im Vergleich mit anderen Jahren großer Regelreformen nicht hervorgebracht.