Am Nachmittag dieses 24. Oktober 2005 hat die 26köpfige Formel 1-Kommission bei einem Meeting in London der Königsklasse des Automobilrennsports ein neues Gesicht verpasst. Nach drei Jahren wird der bei vielen Fans ungeliebte Einzelrundenmodus wieder verabschiedet, an seiner Stelle wird ab 2006 eine überarbeitete Version des vor 2003 eingesetzten Modus zum Einsatz kommen - das so genannte "Knock Out-Qualifying". Nach nur einem Jahr wird auch das Reifenwechselverbot wieder eingemottet, die Pneus dürfen im kommenden Jahr wieder getauscht werden.

Eine Sensation ist das Bekenntnis der F1-Kommission zu einem neuen Heckflügelkonzept, welches die FIA heute als den "CDG-Wing" der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Der zweigeteilte Heckflügel soll nach Einsicht der Technischen Teamdirektoren schon ab 2007 das Überholen massiv erleichtern. "Das ist die radikalste Änderung in der Formel 1 seit der Einführung der Flügel", jubelte Max Mosley nach der Beschlussfassung.

Doch nicht alle Vorschläge des Briten wurden angenommen. Der Einsatz von dritten Fahrzeugen an den Grand Prix-Freitagen wird den Bottom 6-Teams der Weltmeisterschaftstabelle auch im kommenden Jahr gestattet sein. Und auch die Ersatzautos sowie die für das Erwärmen der Reifen zum Einsatz kommenden Heizdecken dürfen sich über ihre weitere Existenz freuen.

Max Mosley hatte heute viel zu berichten..., Foto: Sutton
Max Mosley hatte heute viel zu berichten..., Foto: Sutton

Doch es ist bekannt, dass Mosley stets mehr Vorschläge einreicht, um die für ihn wesentlichen durchzubringen- und das ist dem 71jährigen durchaus gelungen. Er steht als der große Gewinner im Medienwald. Im Grunde jedoch ist sein neuster Streich eine Kehrtwende - sowohl in punkto Qualifying, beim Comeback der Reifenwechsel als auch dem CDG-Wing. Denn 2007 wird die Formel 1 nach neun Jahren Rillenreifen wieder mit den fetten profillosen Slicks antreten. Die Optik des CDG-Flügels mag für einige noch gewöhnungsbedürftig sein - doch sollte er halten, was er verspricht, könnte davon nicht nur die Formel 1 profitieren.

Es sind einschneidende Änderungen, die da heute abgesegnet wurden. Die Beschlüsse der Formel 1-Kommission im Überblick:

Qualifying-Modus & Comeback der Reifenwechsel für 2006

So funktioniert das neue Qualifying: Nach einer 15 Minuten-Session, in der alle Fahrzeuge unlimitierte Runden drehen können, scheiden die langsamsten fünf Piloten aus, sie stehen auf den Startplätzen 16 bis 20. Nach einer weiteren 15 Minuten-Session werden abermals die langsamsten fünf Piloten aussortiert, sie stehen auf den Startplätzen 11 bis 15. Am Ende wird eine 20 Minuten-Session abgehalten, in der die Top 10-Piloten um die Pole-Position kämpfen.

Die Boliden sollen zwar von Beginn der Qualifying-Session an unter Parc Fermé-Bedingungen stehen, sie dürfen aber nachbetankt werden und auch Reifenwechsel sind erlaubt. Die zehn Finaleteilnehmer müssen in den letzten zwanzig Minuten mit Rennsprit an den Start gehen, allerdings darf dabei der im Quali verbrauchte Sprit nachgefüllt werden. Insgesamt werden jedem Piloten sieben Trockenreifensätze ausgehändigt.

Max Mosley erklärte gegenüber Autosport-Atlas: "Wahrscheinlich werden die Top 10-Piloten dann die gesamten 20 Minuten über auf der Strecke sein, sodass sie am Ende der Session mit so wenig wie möglich Sprit neue Reifen ausfassen .Sie beginnen die 20 Minuten mit der Spritmenge, die sie für das Rennen gewählt haben. Wir wägen sie vor der Session ab und dann darf die in den 20 Minuten verbrauchte Spritmenge nachgetankt werden. Der Grund dafür, dass wir sie auftanken lassen besteht darin, dass wir sie ermuntern wollen, so viel wie möglich zu fahren..."

Ab 2007 kommt der Einheitsreifen., Foto: Sutton
Ab 2007 kommt der Einheitsreifen., Foto: Sutton

Max Mosley ist überzeugt davon, dass dieser neue Modus die Fans begeistern wird - die Sorgen von kritischen Stimmen, wonach der Modus für die TV-Zuseher zu kompliziert und unübersichtlich sein könnte, wischt Mosley vom Tisch: "Da mache ich mir keine Sorgen. Man wird sehen, dass die fünf Langsamsten ausscheiden und dass dann noch einmal die fünf Langsamsten ausscheiden und in den letzten zwanzig Minuten werden die Zeiten immer schneller, die Spritmengen werden geringer - und wenn die Spritmengen weniger werden, wird das Ganze richtig dramatisch, denn dann schrauben sie neue Reifen an die Autos und gehen auf Zeitenjagd. Das einzige Problem wird darin bestehen, dass jeder versuchen wird, seine Zeit in der letzten Minute zu erzielen - alle werden versuchen noch vor der karierten Flagge auf die Strecke zu fahren. Aber anstatt einer Session ohne Höhepunkte wird sich dieses Format bis zum Ende hin zuspitzen - und das ändert alles!"

Im Rennen dürfen die Piloten neue Reifen aufziehen oder jene verwenden, die sie bereits in den Tagen davor angefahren haben - das Limit besteht aus sieben Reifensätzen. Die in Quali und Rennen verwendeten Reifen müssen zudem die selbe Gummimischung aufweisen.

Nur noch ein Reifenhersteller ab 2007

Mit der Absegnung des CDG-Wings ab 2007 wurde von der F1-Kommission auch beschlossen, dass es ab 2007 nur noch einen Reifenhersteller geben wird. Deshalb war es auch möglich, schon vor 2008 die profillosen Slicks wiedereinzuführen.

Der CDG-Wing - Comeback der Windschattenschlachten?

So könnten die F1-Boliden schon ab 2007 aussehen..., Foto: FIA
So könnten die F1-Boliden schon ab 2007 aussehen..., Foto: FIA

Dass die 26köpfige F1-Kommission bei ihrem Meeting auch den erst heute Morgen von der FIA und deren Partnerfirma AMD vorgestellten radikalen CDG-Wing für 2007 absegnen würde, damit haben wohl nur die wenigsten F1-Experten gerechnet. Doch im Gegensatz zu dem neuen Qualifying-Modus wurde das Bekenntnis zu dem neuen Heckflügelkonzept nicht einstimmig beschlossen - und von den zehn Teambossen dürften nicht alle von diesem Plan begeistert sein. Und auch wenn die Teambosse in der 26köpfigen Kommission überstimmt wurden, so müssen dennoch acht von zehn Teambossen bis zum Ende des Jahres zustimmen, um gemäß dem Concorde-Abkommen schon ab 2007 den radikalen Flügel zum Einsatz zu bringen.

Max Mosley sagt: "Alle wollen eine Verbesserung. Und alle Aerodynamiker können sehen, dass diese radikale Idee die Antwort auf das Überholproblem sein kann. Und daher reagierten sie auch mit großem Enthusiasmus, denn sie sehen, dass es hier eine Lösung gibt. Und das ist mehr als nur das übliche 'Lasst uns den Diffuser ein wenig ändern...'. Nichts davon funktioniert - jetzt haben wir eine wirkliche Lösung."

Die Sorgen der Techniker: Mit dem CDG-Wing hätte das vordere Fahrzeug gegenüber dem hinterherfahrenden Fahrzeug einen Nachteil. Mosley dazu: "Sie sagen: 'Wir haben das Problem, dass diese Lösung dem nachfolgenden Auto einen derartigen Vorteil verschaffen wird, dass sich wie in den alten Windschattenzeiten in den Sechzigerjahren Gruppierungen von Fahrzeugen bilden werden.' Und ich sage: Wenn dies das einzige Problem sein sollte, dann mache ich mir keine großen Sorgen!"

Vergleich - der Abtrieb beim alten und beim neuen Konzept., Foto: FIA
Vergleich - der Abtrieb beim alten und beim neuen Konzept., Foto: FIA

Frank Williams erklärte: "Ich denke, es gibt die volle Unterstützung für diese Idee, wenn sie wirklich wie versprochen funktionieren sollte. Meine einzige Sorge ist, dass wir bis zum Ende des Jahres nur noch zwei Monate haben, um diesen Beschluss schon für 2007 zu fassen." Dem britischen Rennstallboss ging es wie vielen Formel 1-Fans: "Ich dachte zunächst, ich würde diese Optik hassen, aber man gewöhnt sich schnell daran. Wenn es funktioniert, dann sage ich 'Wow!'. Es ist unser Traum, einem Sport anzugehören, den jeder auf dieser Welt gerne sieht.

Ein weiterer Teamchef zweifelt daran, dass der radikale Flügel bereits im Jahr 2007 zum Einsatz kommen wird: "Das ist optimistisches Wunschdenken, und es gibt auch gute Gründe, das Konzept schon im Jahr 2007 einzuführen, aber ich zweifle daran, dass wir das tun können." Die Technikdirektoren der Rennställe müssen sich jetzt mit dem neuen Konzept auseinandersetzen - der scheidende Minardi-Boss Paul Stoddart erklärte: "Wenn sich nicht acht von den zehn Teambossen bis zum Ende des Jahres zu dem neuen Konzept bekennen, kann es 2007 nicht eingeführt werden - und ich setze mein Geld darauf, dass es genauso passieren wird."

Max Mosley bleibt optimistisch: "Jeder, der das Konzept sieht, reagiert mit großem Enthusiasmus. Wenn es nicht zu unvorhersehbaren Problemen kommen sollte, wird das in Ordnung gehen."