Die Gefahren durch Feuerunfälle in der Formel 1 konnten durch hohe Investitionen in die Sicherheit von Autos und Rennstrecken drastisch minimiert werden. Auch die Overalls der Piloten wurden in den letzten 30 Jahren konsequent weiter entwickelt und haben zum hohen Sicherheitsstandard in der Königsklasse des Motorsports beigetragen. Als zweite Haut bieten sie den Fahrern Schutz vor Flammen und vor Temperaturen bis 840 Grad Celsius.

In den Gründerjahren der Formel 1, so scheint es, ging es selbst Weltmeistern bei der Auswahl ihrer Dienstkleidung in erster Linie um Bequemlichkeit und Eleganz. Der legendäre Juan Manuel Fangio zum Beispiel setzte sich vorzugsweise in Poloshirt und Stoffhose ans Lenkrad, Michael Hawthorn fuhr kein Rennen ohne Fliege.

Noch in den Siebziger Jahren waren die Rennoveralls der Fahrer aus leicht brennbarer Baumwolle und boten keinerlei Schutz vor Feuer. Erst nach dem Feuerunfall von Niki Lauda 1976 auf dem Nürburgring setzte ein allgemeines Umdenken ein, galt es nicht mehr als ein Zeichen von Schwäche, wenn sich Rennfahrer Gedanken um ihre Sicherheit machten.

So wird der Fahrer geschützt., Foto: Allianz
So wird der Fahrer geschützt., Foto: Allianz

Die Bekleidung der Fahrer wurde von da an kontinuierlich verbessert. 1979 fuhren Niki Lauda, Carlos Reutemann und Mario Andretti erstmals mit Overalls aus fünf Schichten feuerfesten Materials, wie es die NASA für Raumfahreranzüge verwendete. Das Zauberwort in der modernen Formel 1 heißt Nomex.

Nicht nur die Overalls, auch Schuhe, Unterwäsche, Handschuhe und Gesichtsmaske werden inzwischen aus der synthetischen Spezialfaser gefertigt, die – wie auch das verwandte Kevlar – zu den Aramiden gehören. Es ist nicht nur extrem resistent gegen Hitze und Feuer, sondern schützt den Fahrer auch vor aggressiven Gasen und Säuren. Trotzdem ist ein Formel-1-Overall vergleichsweise preiswert – er kostet etwa 1.200 Euro.

Weil in der Formel 1 jedes Gramm zählt, ist das geringe Gewicht ein weiterer Vorteil von Nomex. Ein Rennoverall, der normalerweise aus drei Schichten des feuerfesten Materials besteht, wiegt gerade mal 1,9 Kilo. Jeder Anzug ist Maßarbeit. Mit Hilfe modernster 3D-Computerprogramme wird er dem Fahrer auf den Leib geschneidert. Besonderen Wert legen die Hersteller dabei auf die Ergonomie, denn ein perfekt sitzender Overall ist eine wichtige Voraussetzung für eine gute Performance des Fahrers. "Der Overall muss zu einem Teil des Fahrers werden", sagt Dickie Stanford, Teammanager von BMW Williams, "denn sonst kann sich der nicht auf seinen Job konzentrieren, nämlich das Auto so schnell wie möglich zu machen und Rennen zu gewinnen."

Michael Schumachers Arbeitskleidung am Haken., Foto: Sutton
Michael Schumachers Arbeitskleidung am Haken., Foto: Sutton

Damit es wirklich an keiner Stelle kneift und spannt, wird für den Schulterbereich ein besonders flexibler Stoff verwendet, um den Piloten beim Lenken die nötige Bewegungsfreiheit zu lassen. Die innere der drei Lagen hat keine Nähte, was für den Fahrer sehr angenehm ist, denn eine scheuernde Naht kann über eine Renndistanz zur Tortur werden und im Kampf um Hundertstelsekunden den entscheidenden Unterschied ausmachen. Der perfekte Schnitt ist aber nicht nur eine Frage von Design und Komfort, sondern auch der Sicherheit. Da durch die hohen Fliehkräfte der immer schneller gewordenen Boliden auch die Belastungen für die Fahrer zugenommen haben, setzen die Hersteller der je nach Rennen unterschiedlich dicken Anzüge auf atmungsaktive Materialien. Bei einem Hitzerennen wie Malaysia leisten die Piloten Schwerstarbeit bei Cockpittemperaturen von über 70 Grad Celsius.

Das Reglement der Formel 1 stellt hohe Anforderungen an die Rennbekleidung der Fahrer. So werden die Overalls vor der Zulassung durch die FIA strengen Tests unterzogen. Der Stoff wird nicht nur 15 Mal gewaschen und 15 Mal chemisch gereinigt, sondern muss auch, im wahrsten Sinne des Wortes, seine Feuerprobe bestehen und dabei zehn Sekunden lang 820 Grad standhalten. Das BMW Williams Team nimmt für jeden Fahrer drei Overalls mit zu einem Grand Prix. Pro Saison verbraucht ein Fahrer ungefähr 16 Anzüge, falls mitten im Jahr die Sponsoren wechseln, können es auch ein paar mehr sein. Nach jedem Rennen kommen sie in die Reinigung, was schon mal zu Problemen führen kann: Als Dickie Stanford nach dem Großen Preis von Australien 2002 die Overalls wieder abholen wollte, war die Reinigung geschlossen, weil das Personal streikte. Erst nach zwei Tagen konnte ein Williams-Mitarbeiter die gereinigten Overalls in Empfang nehmen und zum nächsten Rennen nach Malaysia bringen.

Wussten Sie schon...

... dass Fahrer in einem Nomex-3-Overall selbst bei Temperaturen von 840 Grad Celsius 35 Sekunden überleben können? Zum Vergleich: In der Sauna herrschen Maximaltemperaturen von 100 Grad, bei einem Wohnungsbrand bis zu 800 Grad und die Lava bei einem Vulkanausbruch erreicht zwischen 750 und 1000 Grad.