Gleich vorweg - um die Amerikaner braucht sich niemand Sorgen zu machen. Sie haben guten Motorsport und sie brauchen die Formel 1 überhaupt nicht. NASCAR heißt dort die wahre Motorsportserie, Champ Car und IRL sind auch, trotz Gespaltenheit - nicht schlecht. Und es ist auch bezeichnend, dass es im US-Bundesstaat Indiana Zeitungen gibt, auf deren Sportseiten in erster Linie der Champ Car-Sieg von Cristiano da Matta in Portland zu finden ist - das alberne Formel 1-Kasperltheater, diese Beleidigung des ehrwürdigen Indy Speedway, ist dort dann nur noch eine Randnotiz. Tatsächlich wäre wohl die größte Strafe für die selbstgefälligen Formel 1-Protagonisten gewesen, einfach nicht über diesen GP der Lächerlichkeit zu berichten...

Selbstverständlich gibt es aber auch viele Schlagzeilen, die der "Königsklasse des Automobilsports" gewidmet sind. Der Indianapolis Star schreibt: "Goodbye, Formula One. Good riddance. Mister Ecclestone!" "Good Riddance" - diese Redewendung bedeutet so viel wie: "Bin ich froh, dass ich den los bin...". Und weiter heißt es: "Au revoire, Michelin! Ciao, Ferrari!"

Der Kolumnist fügt hinzu: "Was wir am Sonntag erlebt haben, war nicht nur eine große Schande für den Sport und für alle Beteiligten. Es bedeutet auch das Ende des US-GP in Indianapolis. Und, da sind wir uns ziemlich sicher, auch das Ende des GP der USA."

Am Freitag noch habe Bernie Ecclestone die Veranstalter gerügt, dass sie "ihren Job, sein Rennen an die lokalen Motorsportfans zu verkaufen, nicht gut genug machen. Was würde wohl Ecclestone vorschlagen, wie man ein F1-Rennen im nächsten Jahr bewerben sollte?", fragt man zynisch. Und es gibt auch gleich einen Vorschlag für fiktive Plakate im Jahr 2006: "Der Grand Prix der USA - diesmal werden sie vielleicht fahren!"

Doch in Wahrheit kann sich wohl niemand mehr einen US-Grand Prix 2006 in Indianapolis vorstellen. Selbst Bernie Ecclestone räumte ein: Wäre er Tony George, der Präsident des Indianapolis Motor Speedway, würde er sich auch nicht mehr auf die Abhaltung eines F1-Grand Prix einlassen. Und so schreibt auch der Indianapolis Star: "Vergesst alle Verträge. Die Formel 1-Gang hat auf dem amerikanischen Markt all ihre Glaubwürdigkeit verspielt..."

Der Kolumnist erinnert daran, dass die Formel 1 seit ihrer Rückkehr in die Staaten im Jahr 2000 stets unangenehm aufgefallen ist: "Als sie vor sechs Jahren nach Indianapolis kamen, haben sie sich benommen, als müsste man sie wie Könige behandeln. Die Fahrer waren für die Fans total unerreichbar. Und die F1-Offiziellen behandeln jeden, auch die lokalen Medien, als eine unnötige Belästigung. Es war schlimm genug, dass Ferrari vor drei Jahren hier einen ausgemachten Zieleinlauf inszenierte, bei dem Michael Schumacher vom Gas ging, um Rubens Barrichello den Sieg zu ermöglichen."

Der GP der Lächerlichkeit wird gestartet..., Foto: Sutton
Der GP der Lächerlichkeit wird gestartet..., Foto: Sutton

Ja, das berühmte "Fotofinish" im Jahre 2002. Eine Ekel erregende, selbstgefällige und dumme Aktion - manche fragen sich heute noch, was damals wohl in den Köpfen von Schumacher und Barrichello vorgegangen sein muss. Schon beim ersten US-Gastspiel zeigte Schumacher das Gegenteil von Feingefühl, als er vor den US-Journalisten überheblich von einem "Kurs wie jeder andere" daherbrabbelte, während es genügt hätte, den legendären Ort, das Mekka des amerikanischen Motorsports, mit einem einzigen Satz zu würdigen...

Dieses Unvermögen, sich in andere hinein zu versetzen, hat sich in der Formel 1 ausgebreitet wie die Pest. Die Spezialisierung - man könnte auch Fachtrotteltum sagen -erlaubt es anscheinend nicht, über den eigenen Tellerrand hinaus zu blicken. Und so verwundert es nicht, wenn der erwähnte Kolumnist schreibt: "Verraten Sie mir - was war der Zweck, dass alle 20 Autos zur Startaufstellung kamen, nur damit dann 14 Autos vor dem Start die Bühne verlassen? Als der TV-Reporter Derek Daly genau diese Frage an McLaren-Konstrukteur Adrian Newey richtete, antwortete dieser: 'Vielleicht, um den Zuschauern eine Show zu liefern.' Daly, das kann ich euch sagen, hätte Newey am liebsten die Zähne eingeschlagen. Yeah - danke für diese tolle Show."

Einer der Zuschauer wird zitiert: "Das ist doch verrückt. Ich brachte meine Kinder mit, wir sind von Maryland neuneinhalb Stunden angereist - und jetzt bekommen wir das hier geboten? Das ist ein Haufen Scheiße. Die sollen jedem einzelnen von uns das Geld zurückgeben."

Das Geld zurückgeben. Wer wird denn den armen Leuten das Geld zurückgeben? Tony George hat, verständlicherweise, gleich einmal die Adressen der für diese Farce verantwortlichen Entscheidungsträger publiziert. Denn die Veranstalter kamen genauso zum Handkuss wie die Fans vor Ort. Man darf gespannt sein, was dabei herauskommen wird - es wäre jedenfalls nicht verwunderlich, würden die Fans am Ende ohne Rückzahlung dastehen. Dem Image der Formel 1 in Amerika würde das nicht weiter schaden, schlechter kann es nämlich ohnehin nicht mehr werden...