Als Giancarlo Fisichella nach einer starken Saison bei Sauber zu Renault zurückkehrte, um dort neben Fernando Alonso in einem der Top-Teams um Siege und vielleicht den Titel zu fahren, gab es wie immer in seiner F1-Karriere zwei Ansichten hierzu: Die einen sahen ihn weiterhin als einen der am meisten unterschätzten F1-Piloten, der es locker vom Talent mit dem Spanier aufnehmen könne, und die anderen sahen immer noch den am meisten überschätzten Fahrer, der gegen das spanische Wunderkind keine Chance haben würde.

Beim Saisonauftakt in Melbourne behielten dann die Fisichella-Verfechter Recht: Giancarlo holte sich den ersten Sieg der Saison und ließ Fernando Alonso auf Rang drei hinter sich. Doch dies sollte das einzige Erfolgserlebnis des Römers an den ersten sieben Rennwochenenden bleiben.

Danach setzte eine Serie aus Pleiten, Pech und Pannen ein, welche ihn in Malaysia, Bahrain und San Marino nicht im Ziel sah und ihm nur noch in Barcelona und am Nürburgring je ein paar Pünktchen nach harten bis verkorksten Rennen einbrachte.

Giancarlo wünscht sich nur etwas mehr Glück..., Foto: Sutton
Giancarlo wünscht sich nur etwas mehr Glück..., Foto: Sutton

"Das stimmt, und wir machen uns auch ernsthafte Sorgen darüber", stimmt Chefrenningenieur Pat Symonds den Problemen seines zweiten Piloten zu. "Allerdings finde ich nicht, dass man in diesen Ereignissen einen Trend erkennen kann. Fisico litt unter einer unglücklichen Folge voneinander unabhängiger Probleme. Aus unserer Sicht handelt es sich um Zuverlässigkeits-Probleme, die wir lösen müssen, denn sonst könnte ohne Weiteres auch das andere Auto darunter leiden, was unsere Position in der Weltmeisterschaft schwächen würde. Und wenn man sich die Rennen anschaut, die Giancarlo in diesem Jahr gefahren ist, muss man sagen, dass er einige der besten Vorstellungen des gesamten Feldes gegeben hat."

So empfand Symonds Fisichellas "kämpferische Fahrten in Spanien und am Nürburgring" als "fantastisch und mitreißend". Und auch sein Teamboss Flavio Briatore räumt dem Italiener alle Freiheiten im Team ein. "Ich würde Giancarlo gerne am Sonntag in Montreal siegen sehen", protestiert er gegen eine mögliche Teamorder. "Und Fernando sollte dann Zweiter werden."

Giancarlo Fisichella im Interview

Giancarlo, auch auf dem Nürburgring lief es für Dich nicht wie erhofft. Trotzdem bist Du ein fantastisches Rennen gefahren. Wie fühlt es sich an, vom Ende des Feldes noch in die Punkte zu kommen?

Giancarlo Fisichella: Ich fand es frustrierend, nur Sechster zu werden, denn ich weiß, das viel mehr möglich war. Wäre ich von meiner neunten Startposition losgefahren und nicht aus der Boxengasse, hätten wir mit unserem Paket locker Chancen auf das Podium gehabt. Leider musste ich mich wegen des Problems am Start von ganz hinten vorkämpfen, um noch drei wichtige Punkte zu retten. Ich weiß, wie hart das Team für Fernando und mich arbeitet, und deswegen ist es wichtig, dass wir beide Autos in die Punkteränge bringen, auf möglichst guten Positionen und bei ausnahmslos jedem Rennen. Von meinem Sieg in Australien abgesehen, verlief die Saison für mich bislang enttäuschend. Aber meine Rennspeed ist gut – ich brauche nur etwas mehr Glück.

Was hältst Du vom Circuit Gilles Villeneuve?

Giancarlo Fisichella: Ich finde die Strecke großartig. In den Schikanen musst du sehr präzise fahren. In diesen Passagen und durch den rutschigen Asphalt passieren schnell Fehler. Außerdem geht der Kurs stark auf die Bremsen. Aber ich habe mich dort bisher mit jedem Auto wohl gefühlt. Ich mag es, mit wenig Abtrieb zu fahren und taste mich rasch ans Limit vor. Ich bin sehr optimistisch…

Du warst in Montreal schon immer konkurrenzfähig. Kannst Du Dir das erklären?

Giancarlo Fisichella: Jeder stellt mir diese Frage und um ehrlich zu sein, ich kenne die Antwort nicht. Es ist wahr, dass ich hier immer schnell bin. Die Strecke ist etwas Besonderes: Der Grip ist ziemlich gering und die Autos rutschen gerne. Dein Fahrstil muss dann sehr präzise sein. Du musst das Auto fühlen und zu jeder Zeit alles kontrollieren um die Reifen zu schonen. Zudem verlangen die Schikanen nach einer speziellen Technik, wenn man seinen Speed behalten möchte. Ich bin darin nicht zu schlecht!

Was hast Du Dir für den Kanada-Grand Prix vorgenommen?

Giancarlo Fisichella: Ich fahre mit sehr viel Zuversicht dorthin. Renault machte vergangenes Jahr einen sehr guten Eindruck, und ich persönlich stand in Kanada schon vier Mal auf dem Podium – und 2004 wurde ich mit dem Sauber immerhin Vierter. Im Qualifying werde ich erst gegen Ende der Session rausfahren, wenn die Streckenbedingungen besser sind. Deswegen haben wir größere strategische Möglichkeiten für das Rennen. Ich glaube, dass unser Auto gut genug ist, um zumindest Podestplätze anzupeilen, so lange wir im Vorfeld nicht irgendwelche Probleme bekommen.

Zuletzt war McLaren sehr schnell. Werden Sie auch hier Euer Hauptkonkurrent sein?

Giancarlo Fisichella: Ich glaube schon. McLaren war zuletzt sehr konkurrenzfähig und ich glaube, dass sie noch immer einen kleinen Performance-Vorteil haben. Dennoch ist Montreal eine ungewöhnliche Strecke und wir haben gute Chancen zu glänzen. Wir werden um den Sieg kämpfen: Der R25 war bislang auf jeder Strecke gut. Ich wüsste nicht warum er es hier nicht sein sollte. Das neue Qualifying-Format hat zudem die Strategie wieder ins Spiel gebracht und Renault ist darin sehr gut.

Dieses Wochenende wäre für Dich also ideal um viele Punkte zu holen...

Giancarlo Fisichella: Genau! Ich habe das erste Rennen gewonnen und ich hatte einige Probleme an jedem Rennwochenende danach. Ich möchte mich stark zurückmelden und eine sehr gute Leistung zeigen. Ich bin in guter Verfassung, motiviert und weiß, dass ich das richtige Auto habe. Was könne ich mehr verlangen?