"Es war ein turbulentes Rennen mit vielen Zwischenfällen, in die auch wir verwickelt waren." Dieser Satz von BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen hätte genauso gut auch aus dem Munde von Ferraris Technikdirektor Ross Brawn stammen können.

Denn der ereignisreiche Große Preis von Europa hatte sowohl für die Weiß-Blauen als auch für die Roten jede Menge unliebsamer, aber auch schöne Überraschungen zu bieten.

Zu den schönen Erlebnissen zählen natürlich der zweite Platz von Nick Heidfeld und der dritte Rang von Rubens Barrichello. "Es ist super, nach der Pole auch noch einen zweiten Platz feiern zu können", freute sich der Mönchengladbacher. "Mit einem Sieg hatte ich nicht gerechnet, aber ich wusste, dass ein Podiumsplatz im Bereich unserer Möglichkeiten lag."

Am Start hatte sich Nick also keine Chancen auf eine Führung ausgerechnet. "Wir hatten kalkuliert, dass Kimi besser starten würde, und das war auch tatsächlich so. Ich habe in der ersten Kurve noch probiert, mir Platz eins zurückzuholen, aber letztlich blieb er vorn."

Danach fuhr Nick seinem "ersten Stint so hart wie ich konnte", um einen Vorsprung auf seine Verfolger herauszufahren und dafür zu sorgen, dass seine Dreistoppstrategie funktionierte. Und tatsächlich: "Unsere Dreistopp-Strategie ging auf, denn bis kurz vor Schluss lag ich an dritter Stelle. Mein Auto war gut, und ich habe keine nennenswerten Fehler gemacht."

In den letzten Runden kam dann Rubens Barrichello, der ebenfalls auf einer Dreistoppstrategie unterwegs war, zwar immer näher, "aber ich konnte ihn hinter mir halten, obwohl meine Hinterreifen zu diesem Zeitpunkt etwas abgebaut hatten".

Dieser Rubens Barrichello freute sich derweil nicht nur über seinen ersten Podestplatz seit dem Auftaktrennen in Australien, sondern auch über ein "lebhaftes" Wochenende. "Als Siebter zu starten und dann noch Dritter zu werden ist sehr gut", strahlte Rubinho, der aufgrund seiner Streitigkeiten mit Michael Schumacher zuletzt auch andere Schlagzeilen verbuchte. "Das Auto war sehr zuverlässig, der Motor sehr stark und die Reifen waren großartig. Ich fühle, dass wir zurück sind und von nun an hoffentlich bald Rennen gewinnen können."

Darüber würde sich auch Michael Schumacher sehr freuen. "Vor dem Start sagte ich einen fünften Platz voraus, aber da dachte ich, dass es einfacher werden würde. Denn heute war meine Rennpace nicht so gut wie sonst", musste Schumacher eingestehen. Seinen Ausflug in die Botanik begründete er unterdessen mit "plötzlichem Untersteuern", welches ihn neben die "saubere Linie" führte. "Aber auch ohne diesen Zwischenfall hätte ich Coulthard nicht einholen können. Zumindest zeigt Rubens Ergebnis, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden."

Dennoch betont Teamboss Jean Todt, dass es ein "sehr schwieriges" Rennen gewesen sein, bei welchem man vor allem zu Beginn das Risiko sah beide Autos durch die Startkollision zu verlieren. "Am Ende der ersten Runde waren Rubens und Michael dann Neunter und Vierzehnter. Also mussten wir von Anfang bis Ende fighten." Und obwohl zehn Punkte für die Ränge drei und fünf nicht "das sind, was wir anstreben, müssen wir momentan alles mitnehmen, was wir bekommen können."

Und das wäre aufgrund des von Mark Webber ausgelösten Unfalls beinahe noch weniger gewesen. "Dem Zwischenfall in der ersten Runde, den wir versucht haben zu vermeiden, dem sind wir hinterhergefahren", analysierte Ross Brawn. "Das war für Ferrari natürlich sehr unglücklich. Wieder ein frustrierendes und doch ein gutes Rennen, das auch das Potenzial des Fahrzeugs und den Wert der Strategien gezeigt hat. Die Reifen haben gut gehalten und es hätte mit einem besseren Qualifying vielleicht noch besser aussehen können."

Der Verursacher der Startkollision nahm derweil die Schuld klar auf seine Kappe. "Das ist einfach enttäuschend", gab ein frustrierter Mark Webber zu Protokoll. "Nick und ich sind beim Start nicht gut weggekommen, daraus resultierten unsere unglücklichen Positionen in der ersten Kurve. Auf der Innenseite wollten Jarno Trulli und Fernando Alonso an mir vorbei. Ich habe etwas später gebremst und wollte meine Position verteidigen. Vor allem wollte ich vor Jarno bleiben, das war für unsere Strategie wichtig. Dann konnte ich einfach nicht mehr rechtzeitig verzögern und bin Juan Pablo Montoya in die Seite gefahren. Es ist ein Jammer, ich war mit einer viel versprechenden Strategie unterwegs." Und, wie Mark hinzufügte, auf einer anderen als Nick.

Dessen Dreistoppstrategie ging laut Technikchef Sam Michael dank einer "fantastischen Fahrt" des Deutschen auf. "Wir waren mit harten Reifen unterwegs, um sicherzustellen, dass wir über die Distanz kommen. Das war die richtige Entscheidung. Es war die härtere Michelin-Mischung, die es heute auf das Podium geschafft hat. Wir haben heute ein weiteres gutes Ergebnis erzielt, und das ist genau das, was das Team gebraucht hat. Mark hatte in der ersten Kurve einen Unfall. Das ist sehr schade. Er war mit einer anderen Rennstrategie losgefahren und hatte mehr Kraftstoff an Bord als Nick und die anderen Autos um ihn herum."