Zum ersten Mal in diesem Jahr fragen wir uns am Samstagabend nicht: Wer holt die Pole? Stattdessen wissen wir schon seit heute Mittag, dass der Mönchengladbacher Nick Heidfeld am Sonntag zum ersten Mal in seiner Karriere vom besten Startplatz ins Rennen gehen wird.

S wie Startaufstellung

Neben dem überraschenden Pole-Mann wird der Pole-Setter der letzten drei Rennen, Kimi Räikkönen ins Rennen gehen. In Reihe zwei lauern hingegen der zweite Williams-Pilot Mark Webber und der Italiener Jarno Trulli. Erst in der dritten Reihe finden sich derweil Juan Pablo Montoya und Fernando Alonso wieder.

Der Blick auf den Monitor macht ihn derzeit nicht glücklich., Foto: Sutton
Der Blick auf den Monitor macht ihn derzeit nicht glücklich., Foto: Sutton

"Die Startaufstellung sieht etwas ungewöhnlich aus", weiß Renaults Motorenchef Denis Chevrier. "Aber dies liegt bis zu einem gewissen Grad an den unterschiedlichen Strategien, welche sich erst gegen Ende des ersten Stints eröffnen werden."

Dieser Tatsache schiebt Chevrier auch die "riesigen Zeitunterschiede" zwischen den Fahrern zu, welche "sechs oder sieben Zehntel" ausmachen und darauf hinweisen, dass "es vielleicht eine kleine Differenz bei den Spritmengen der verschiedenen Autos" geben könnte. "Besonders da die Reihenfolge ganz anders als am Morgen ist." Denn da lagen noch beide McLaren vor beiden Renault.

S wie Start

Wie auf beinahe jeder Rennstrecke, sorgt die erste Kurve nach der Freigabe des Rennens für jede Menge Zündstoff. So auch am Nürburgring, wo beinahe alle Überholmanöver hier stattfinden.

Während die beiden Williams nach den Erfahrungen der ersten sechs Rennen eher nicht zu den Raketenstartern zu zählen sind und deshalb angesichts so mancher Startprobleme wie zuletzt bei Mark Webber nicht zu den Favoriten für den Start zu zählen sind, können sowohl die beiden McLaren als auch Jarno Trulli und die Renault auf einen gewissen Startvorteil bauen.

Der Start auch am Ring eine wichtige Rolle., Foto: Sutton
Der Start auch am Ring eine wichtige Rolle., Foto: Sutton

Hier sind also Positionswechsel ebenso möglich, wie eine Kollision. Eine solche erlebten im Vorjahr nämlich Juan Pablo Montoya und Ralf Schumacher, wobei sie auch noch Cristiano da Mattas Toyota mit ins Verderben rissen.

S wie Setup

Um nach einem gelungenen Start die gewonnen Plätze auch verteidigen zu können, muss natürlich auch in der Grünen Hölle das Setup stimmen. Dabei verlangt der Nürburgring laut Fernando Alonsos Renningenieur Rod Nelson hauptsächlich eines: "Ein hohes Level an Abtrieb."

"Der Kurs verfügt über einige langsame Kurven, mit denen wir zurechtkommen müssen. Früher war es schwierig, die Radaufhängung darauf abzustimmen. Das hat sich letztes Jahr mit der Erneuerung des Fahrbahnbelags geändert", vergleicht Rod. "Das Geheimnis des Eifelkurses besteht darin, den rechten Vorderreifen in Kurve 2 und 3 im Auge zu behalten. Die holprige Anbremszone von Kurve 13 ist besonders knifflig, Kurve 8 und 9 sind sehr schnell, zudem muss das Auto dort eine perfekte Balance besitzen."

Die Grüne Hölle verlangt nach viel Abtrieb., Foto: Sutton
Die Grüne Hölle verlangt nach viel Abtrieb., Foto: Sutton

Beim Geflügelsalat benötigen die Teams auf dem Ring "mittleren Abtrieb" am Frontflügel und "hohen Abtrieb, fast schon so viel wie in Monaco" am Heckflügel. "Die Größe der Kühllufteinlässe weist ebenfalls ein mittleres Niveau auf. Man muss auf dem Nürburgring oft stark abbremsen, aber die langen Geraden die sich anschließen, reichen aus, um die Bremsscheiben- und -beläge wieder abzukühlen."

S wie Schonen

Das beste Beispiel für schonenden Umgang mit den Motoren war an diesem Wochenende British American Racing, die bekanntlich die gleichen Triebwerke wie in Imola einsetzen müssen und deshalb zuerst etwas Angst um ihre Aggregate hatten.

Nachdem Jenson Button und Takuma Sato aber ihre Fahraktivitäten im Freien Training etwas eingeschränkt hatten, sind sich die Japaner sicher, dass ihre V10-Triebwerke auch das Rennen überstehen werden. "Alles sieht gut aus, wir haben keine Bedenken", erklärte Otmar Szafnauer.

Im Bezug auf die Reifen macht man sich im Michelin-Lager ebenfalls keine Sorgen, da der Nürburgring laut Rod Nelson "die Reifen nicht besonders strapaziert" und auch die "ziemlich weiche Mischung", die Renault gewählt hat, keine Probleme bereiten sollte. Ähnlich sieht man die Situation bei Bridgestone, wo die Japaner wieder einmal auf ihre konstante Rennpace setzen.

S wie Strategie

Nicks Williams könnte leichter unterwegs sein., Foto: Sutton
Nicks Williams könnte leichter unterwegs sein., Foto: Sutton

Schon seit zwei Jahren sehen die meisten Teams das Qualifying aufgrund der Parc Fermé als den ersten Teil des Rennens an. "Weil man diese Saison die Reifen während des Rennens nicht mehr wechseln darf, ist der Spielraum beim Finden einer optimalen Strategie noch kleiner geworden", betont Sauber-Technikchef Willy Rampf. "Eigentlich gibt es nur noch Zwei-Stopp-Rennen, es sei denn man muss wegen eines Motorenwechsels von hinten starten und auf eine andere Strategie ausweichen."

Da dies an diesem Wochenende noch keinem Piloten droht, war der entscheidende Faktor bei der Strategieentscheidung die Spritmenge. "Der Nürburgring ist eine der Strecken, auf denen sich das Gewicht stark auf die Rundenzeiten auswirkt. Weil Überholen hier - abgesehen von der ersten Kurve - schwierig ist, benötigt man eine gute Startposition", zeichnet Rampf ein grobes Bild von der Entstehung einer Rennstrategie. "Für das Abschlusstraining ist also eine geringe Benzinmenge empfehlenswert. Wer allerdings den ersten Boxenstopp zu früh einlegen muss, büsst sofort zahlreiche Positionen ein."

Die große Unbekannte ist somit die Spritmenge, mit welcher die 20 Piloten ihre Qualifyingrunde absolviert haben. Und dies brachten so ziemlich alle Fahrer und Verantwortlichen nach dem Qualifying und bei der Bewertung ihrer Startpositionen zum Ausdruck.

Wer wie schwer oder leicht ist lässt sich allerdings erst im Rennen beantworten - oder schlimmstenfalls in Folge von Ausfällen oder Safety Car Phasen überhaupt nicht. Bei einigen Fahrern, wie Jacques Villeneuve, ließen die Teams jedoch durchblicken, dass sie eine beträchtliche Spritmenge mit an Bord hatten.

Und auch Michael Schumacher wollte nicht ausschließen, dass einige Fahrer vor ihm "leichter" unterwegs waren, als sein F2005.

S wie Speed

Michael Schumacher führte die Top-Speed-Liste an., Foto: Sutton
Michael Schumacher führte die Top-Speed-Liste an., Foto: Sutton

Neben den Sektorzeiten im mittleren Streckenabschnitt, geben hierbei natürlich auch die Topspeedwerte beschränkten Aufschluss über die mitgeführte Benzinmenge.

Überraschenderweise findet man hier in der Topspeed-Wertung einen gewissen Michael Schumacher in seinem roten Boliden mit der Startnummer 1 und 310,4 km/h auf Platz eins. Dahinter liegen Giancarlo Fisichella, David Coulthard und Rubens Barrichello. Fernando Alonso und Kimi Räikkönen reihen sich hingegen auf den Rängen sechs und sieben ein und waren dabei fünf bis sechs km/h langsamer als noch am Samstagmorgen im letzten freien Training. Michael Schumacher war im Qualifying unterdessen drei km/h schneller unterwegs.

Bei den Zwischenzeiten im als Gewichtssektor bezeichneten zweiten Streckenabschnitt führen die beiden Williams die Zeitenliste klar vor Kimi Räikkönen und Rubens Barrichello an. Damit war der Finne - ebenso wie Fernando Alonso - gut vier Zehntel langsamer als am Morgen.

Während die McLaren und Renault Fans aus diesen Zahlen also durchaus noch zusätzliche Hoffnungen zu den bei allen Teams allgegenwärtlichen Beteuerungen einer "guten Rennpace" schöpfen dürfen, geben die Zwischenzeiten des zweiten Sektors auch den Ferrari-Fans noch etwas Hoffnungen für den Renntag mit auf den Weg. Denn hier war Michael Schumacher im Qualifying ganze sieben Zehntel langsamer als im 4. Freien Training.

S wie Spannung

Die Fans freuen sich schon auf den Grand Prix., Foto: Sutton
Die Fans freuen sich schon auf den Grand Prix., Foto: Sutton

Für Spannung ist also auch vor dem siebten Saisonlauf in der Eifel genügend gesorgt. Mit McLaren, Renault, Toyota, Williams und vielleicht sogar noch Ferrari melden gleich fünf Teams Ansprüche auf Podestplätze, wenn nicht sogar den Sieg an.

Zudem bekriegen sich Minardi und Jordan am Ende des Feldes und liefern British American Racing, Red Bull Racing und Sauber einen heißen Kampf um die hinteren Punkteränge. Die Grüne Hölle könnte also am Sonntag tatsächlich Feuer fangen.