Großer Preis von San Marino 1985 in Imola (09:07 Min.)

Für viele Formel-1-Fans gelten die 80er-Jahre als die goldene Ära der Königsklasse. Die Autos waren leistungsstark und sahen spektakulär aus, und die Piloten galten durch die Bank als charismatisch. Wie das bei retrospektiven Betrachtungen nun aber nicht selten so ist, wird die Vergangenheit zuweilen etwas verklärt, und nicht alles war so großartig, wie man es in Erinnerung hat.

"Die Formel 1 war zu dieser Zeit sehr langweilig", meint etwa Fernando Alonso zu jener Ära, die maßgeblich vom Duell zwischen Ayrton Senna und Alain Prost geprägt wurde. "Wenn man sich ein Rennen von 1985, 1988 oder 1992 ansieht, schläft man ein, weil es nur die beiden McLaren gab, der Viertplatzierte überrundet war und 25 Sekunden zwischen jedem Auto lagen. Außerdem gab es zehn Ausfälle, weil die Zuverlässigkeit sehr mäßig war."

Man mag zu den Aussagen des Spaniers stehen wie man will, in einem Punkt hat Alonso jedenfalls recht: Die Ausfallrate war in den 80er-Jahren wesentlich höher als sie es in der Gegenwart ist. Neben technischen Problemen waren dafür die sukzessive leistungsstärker werdenden Turbo-Motoren verantwortlich, die mehr und mehr Benzin fraßen, ohne dass jedoch Nachtanken erlaubt war.

Turbo-Motoren fressen Sprit

So kam es, dass regelmäßig Boliden liegenblieben, weil ihnen der Sprit zum Vorwärtskommen fehlte. Als besonders kurioses Rennen ist diesbezüglich der Große Preis von San Marino 1985 in die Geschichte eingegangen. Die damals den Namen Autodromo Dino Ferrari tragende Strecke von Imola war aufgrund ihrer langen Geraden und den langsamen Kurven besonders treibstoffraubend, was zu einem denkwürdigen Rennverlauf führte.

In der Schlussphase des Rennens befanden sich noch elf Autos auf der Strecke, als die Tankfüllungen plötzlich zur Neige gingen. Dies hatte zur Folge, dass Ayrton Senna, Stefan Johansson, Nelson Piquet, Martin Brundle und Derek Warwick ausrollten und tatenlos zusehen mussten, wie die Konkurrenz vorbeizog. Wobei "vorbeiziehen" relativ ist, denn auch die noch im Rennen verbliebenen Piloten mussten mit ihrem Sprit haushalten und drosselten dementsprechend das Tempo.

Auch Arrows-Pilot Gerhard Berger schied aus, Foto: Sutton
Auch Arrows-Pilot Gerhard Berger schied aus, Foto: Sutton

Besonders bitter war das Aus für Stefan Johansson, denn der Schwede hatte in seinem erst zweiten Rennen für Ferrari vom 15. Startplatz kommend unter dem Jubel der Tifosi gerade die Führung übernommen, als ihm das Benzin ausging. Wie sich später herausstellte, trat am Motor seines Ferraris eine elektrische Fehlfunktion auf, die bewirkte, dass mehr Sprit verbrauchte wurde als das Team annahm. Johansson dachte, seine Tankfüllung würde ausreichen, um den Grand Prix zu beenden.

Prost disqualifiziert, Boutsen schiebt

Am Ende überquerte Alain Prost dank seines verbrauchschonenden TAG-Motors die Ziellinie als Erster, blieb jedoch auf der Auslaufrunde stehen und wurde disqualifiziert, weil sein McLaren zwei Kilogramm leichter als vorgeschrieben war. Somit erbte Lotus-Pilot Elio de Angelis den Sieg - es war der zweite und letzte in der Karriere des ein Jahr später bei Testfahrten in Le Castellet verstorbenen Italieners.

Sieger Alain Prost wurden nachträglich disqualifiziert, Foto: Sutton
Sieger Alain Prost wurden nachträglich disqualifiziert, Foto: Sutton

Durch die Disqualifikation Prosts rückte Thierry Boutsen vom dritten auf den zweiten Platz vor, doch auch der Belgier hatte mit dem knapp bemessenen Sprit seine liebe Not. Mangels verbliebenem Treibstoffs schob Boutsen seinen BMW-befeuerten Arrows über die Ziellinie und damit auf das Podium. Komplettiert wurde dieses vom Renault-Piloten Patrick Tambay vor Niki Lauda und Nigel Mansell.

Der fünftplatzierte Brite brachte den kuriosen Nachmittag von Imola anschließend auf den Punkt: "Das war kein wirkliches Racing."

Auch 2017 werden die Autos aufgrund der neuen Reifen- und Aerodynamikregeln leistungsstärker und werden mehr Sprit verbrauchen. Mit einem unliebsamen Déjà-vu ist allerdings nicht zu rechnen: Die maximal erlaubte Benzinmenge wird von 100 auf 105 Kilogramm angehoben, mit ausrollenden Boliden ist demnach nicht zu rechnen.

Ergebnis Großer Preis von San Marino 1985 in Imola:

PositionFahrerHerstellerRundenZeitRückstand
1Elio de AngelisLotus-Renault601:34:35.955
2Thierry BoutsenArrows-BMW591:34:51.8901 Runde
3Patrick TambayRenault591:34:54.9671 Runde
4Niki LaudaMcLaren-TAG591:35:05.3991 Runde
5Nigel MansellWilliams-Honda581:34:20.9122 Runden
6Stefan JohanssonFerrari571:28:51.307Kein Benzin mehr
7Ayrton SennaLotus-Renault571:29:14.566Kein Benzin mehr
8Nelson PiquetBrabham-BMW571:30:35.363Kein Benzin mehr
9Martin BrundleTyrrell-Ford561:34:29.229Kein Benzin mehr
10Derek WarwickRenault561:35:09.739Kein Benzin mehr
-Alain ProstMcLaren-TAG601:33:57.118Disqualifiziert
-Eddie CheeverAlfa Romeo501:20:42.840Motor
-Piercarlo GhinzaniOsella-Alfa Romeo461:36:08.701Nicht klassifiziert
-Michele AlboretoFerrari2952:08.398Elektronik
-Manfred WinkelhockRAM-Hart2744:51.527Motor
-Philippe AlliotRAM-Hart2441:54.358Motor
-Keke RosbergWilliams-Honda2336:45.165Bremsen
-Jacques LaffiteLigier-Renault2235:35.716Turbo
-Pierluigi MartiniMinardi-Motori Moderni1423:34.761Turbo
-Andrea de CesarisLigier-Renault1121:06.239Dreher
-Mauro BaldiSpirit-Hart920:52.613Elektronik
-Francois HesnaultBrabham-BMW58:40.676Motor
-Stefan BellofTyrrell-Ford515:39.169Motor
-Gerhard BergerArrows-BMW46:41.288Motor
-Riccardo PatreseAlfa Romeo46:42.419Motor
-Jonathan PalmerZakspeed0-Nicht teilgenommen