Ferrari und Silverstone - eigentlich eine Liebesgeschichte. Bereits 16 Siege gehen auf das Konto der Scuderia, kein weiteres Team konnte mehr Siege einfahren als die Italiener. Unter den Fahrern im aktuellen Fahrerfeld holten Fernando Alonso (2011) und Kimi Räikkönen (2007) jeweils einen Sieg für Ferrari. Ob sich dieses Kunststück auch 2016 mit dem SF16-H wiederholen lässt, bleibt abzuwarten.

Das letzte Rennen: Freud und Leid in Österreich

Der Österreich Grand Prix war geprägt vom neuen Asphalt und den neuen Kerbs und wie die 2016er Generation der Boliden samt der Pirelli-Pneus darauf reagieren würden. Für Sebastian Vettel begann das Rennwochenende auf dem sanierten Red Bull Ring denkbar schlecht. Bereits vor dem ersten Freien Training am Freitag ließ Ferrari verlautbaren, das Getriebe an Sebastian Vettels SF16-H müsse gewechselt werden. Somit wurde der Deutsche in der Startaufstellung um fünf Plätze strafversetzt. Im Rennen dann der endgültige K.O.-Schlag: In Runde 26 platzte der rechte Hinterreifen auf der Start/Zielgeraden. Damit das vorzeitige Aus für den Deutschen.

Wesentlich besser lief es für Teamkollegen Kimi Räikkönen. Der Finne haderte mit dem Gripverhältnis auf dem neu asphaltierten Red Bull Ring. "Es war schwierig, zu wissen, wo der Grip war. Aber ich hätte härter attackieren können", sagte der Iceman nach dem Qualifying in Spielberg. Räikkönen lieferte sich bis Rennende einen spannenden Zweikampf mit Red Bull-Jungblut Max Verstappen, musste aber kleinbeigeben. Platz drei für den Finnen nach einigen schwierigeren Rennen ist Balsam für die eisige Seele. Auch wenn Räikkönen selbst alles andere als zufrieden mit dem untersten Platz auf dem Podium war: "Der dritte Platz ist okay, aber ich bin etwas enttäuscht, wo wir gelandet sind."

Vettel mit Wut im Bauch nach Österreich-Ausfall, Foto: Sutton
Vettel mit Wut im Bauch nach Österreich-Ausfall, Foto: Sutton

Die Erwartungen: Zweikampf mit Red Bull, mehr nicht

Traditionell ist Ferrari in Silverstone eine Bank. Nur seit einiger Zeit scheint die Scuderia mit den eigenen Traditionen brechen zu wollen. Zwar schaffte Sebastian Vettel 2015 den Sprung aufs Podium, doch die Silberpfeile waren außer Reichweite. Außerdem war es ein typischer Großbritannien GP: Wechselhaftes Wetter beeinflusste den Rennverlauf erheblich. Kimi Räikkönen kam nach dem Dreher nicht über Rang acht hinaus. Im Jahr davor fiel der Finne gar aus, der damalige Ferrari-Fahrer Fernando Alonso wurde Sechster.

Wie man es dreht und wendet, Ferrari tut sich in den letzten Jahren schwer im Home Of Motorsport. Eine Grund macht der Iceman selbst fest: "Ich ziehe den alten Streckenverlauf vor. Ich denke, der Kurs war fließender und vollständiger. Das neue Layout macht die Strecke ziemlich schnell. Es gibt ein paar langsamere Kurven, aber der alte Kurs war fließender, während der neue Abschnitt nicht so ganz zu passen scheint. Es ist nicht schlecht, denn man kann mehr überholen. Aber wenn ich wählen könnte, würde ich mich für den alten Streckenverlauf entscheiden. Ich hatte dort einige gute Rennen in der Vergangenheit und war einige Male auf dem Podium."

Dass Mercedes erneut den Ton angeben wird, steht hier außer Frage. Doch dahinter wird es spannend. Die schnelleren Kurven könnten dem SF16-H in der Tat entgegenkommen und ein Vorteil gegenüber Red Bull sein. Doch das typisch britische Wetter könnte einmal mehr gegen Ferrari sprechen. Dieses Jahr gab es bereits einige strategische Fehlentscheidungen - wie zuletzt in Kanada. Und bei wechselhaften Wetterbedingungen erhöht sich das Risiko von Fehlern am Kommandostand, aber auch im Cockpit. Räikkönen drehte sich vergangenes Jahr bekanntlich. Zuvor setzte man bei Ferrari auf einen verfrühten Wechsel auf Intermediates.

Die Statistik: Ferrari beim Großbritannien GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Ferrari 16 151952 478,785098
Kimi Räikkönen 1 145 68221
Sebastian Vettel 1 214 74646

Ferrari in Silverstone: Nachdem Ferrari 1950 nicht angereist war, nahm die Scuderia im Jahr darauf zum ersten Mal am Großbritannien GP teil. Jose Froilan Gonzalez feierte beim Debüt den Sieg. 1952 und 1953 gewann Alberto Ascari, 1954 schlug Gonzalez noch einmal zu. 1956 triumphierte Juan Manuel Fangio, 1958 Peter Collins. Danach folgte eine lange Durststrecke, erst 1990 konnte mit Alain Prost wieder ein Ferrari-Pilot gewinnen. 1998, 2002 und 2004 triumphierte Michael Schumacher, Rubens Barrichello gewann 2003. 2007 stand Kimi Räikkönen ganz oben auf dem Podest, Fernando Alonso errang 2011 den Sieg. Insgesamt ließ sich also 13 Mal ein Ferrari-Pilot in Silverstone als Sieger feiern. 2015 fuhr Sebastian Vettel als Dritter über die Ziellinie.

Kimi Räikkönen in Silverstone: Der Finne stand von 2003 bis 2007 jedes Jahr in Silverstone auf dem Podium - 2007 sogar auf der obersten Stufe. Im Vorjahr legte der Finne in der ersten Runde einen spektakulären Abflug hin, der die rote Flagge zur Folge hatte, und schied zum erst zweiten Mal in Silverstone aus. Wann immer Räikkönen die Zielflagge sah, schnitt er nicht schlechter als Achter ab, so auch 2015.

Sebastian Vettel in Silverstone: Da er 2007 nach seinem F1-Debüt in den USA erst ab dem Ungarn GP für Toro Rosso fuhr, bestritt Vettel 2008 seine Großbritannien-Premiere, bei der er allerdings nicht das Ziel sah. Bereits im folgenden Jahr feierte er jedoch seinen ersten und bislang einzigen Triumph in Silverstone. Dreimal kletterte Vettel danach noch aufs Podest, verpasste aber die oberste Stufe.

Die Prognose: Bulle vor Pferd

  • Mercedes haushoch vor Ferrari, Red Bull auch schwer zu knacken
  • Kühle Temperaturen befürchtet, zu kühl für die heißblütige Scuderia
  • Räikkönen nach Befreiungsschlag in Topform
  • Vettel nach Österreich-Ausfall mit Schaum vorm Mund

Motorsport-Magazin.com meint: Auch wenn es die Ferrari-Fans ungern hören oder lesen, aber der Großbritannien GP wird ein weiteres schwieriges Rennen für die Scuderia. Die leidgeprüften Ferraristi weltweit haben sich für 2016 einen engen Zweikampf mit Mercedes herbeigesehnt. Herausgekommen ist jetzt aber ein verbitterter Fight um Platz zwei. Den Red Bull hat sich im Saisonverlauf enorm gesteigert und ist mittlerweile etwas stärker einzuschätzen als Ferrari mit ihrem Schwachpunkt SF16-H und der teilweise etwas arg hilflos wirkenden Strategieabteilung. Der Fahrerfaktor könnte jedoch für die Rettung sorgen: Kimi Räikkönen hat mit Platz drei Blut in Österreich Blut geleckt, Sebastian Vettel will nach dem Reifenplatzer in Spielberg unbedingt wieder glänzen. Also, liebe Ferrari-Fans, den Kopf nicht hängen lassen. Es gibt Hoffnung! (Haris Durakovic)