Obwohl Red Bull selbst ein Teil der Strategy Group ist - zusammen mit Ferrari, McLaren, Mercedes, Williams, Force India, der FIA und FOM - kritisiert Christian Horner deren Vorgehensweise scharf. Es sei zwar in Ordnung, wenn die Teams ihre Meinung äußerten, denn schließlich investieren sie viel in den Sport. Die Strategy Group sei jedoch dazu da, die Langlebigkeit der Formel 1 zu sichern - was sie seiner Ansicht nach nicht tut.

"Worin die Strategy Group immer wieder verwickelt wird, sind brennende Punkte des aktuellen Tages. Anstatt dass wir uns ansehen, wie ein Formel-1-Auto 2020 und darüber hinaus aussehen sollte, beschäftigen wir uns immer wieder mit den Problemen von heute und morgen, anstatt mit denen, die weiter entfernt sind", bemängelte Horner im Gespräch mit Sky Sports.

Den Bullen bei den Hörnern packen

Neben dem fehlenden Weitblick kritisierte der Brite auch die demokratische Entscheidungsweise in der Gruppe. "Natürlich müssen die Teams konsultiert werden, aber am Ende des Tages muss jemand das Geschäft leiten und jemand muss sagen: 'Diese Route schlagen wir ein' und eine demokratische Herangehensweise wird dabei unserer Meinung nach nicht funktionieren", betonte Horner.

Horner drückte die derzeitige Situation in der Strategy Group bildlich aus, indem er sagte, die vielen Gespräche und endlosen Meetings seien wie durchdrehende Räder, sie bekämen einfach nur wenig Traktion. Auch eine Anspielung auf sein eigenes Team verwendete der 42-Jährige. "Manchmal muss jemand den Bullen bei den Hörnern packen und sagen: 'Das machen wir, da gehen wir hin, so muss die Formel 1 sein'."

Er würde es bevorzugen, wenn FIA (Automobilweltverband) und FOM (Rechtevermarkter) wieder die Zügel in der Hand hielten, was laut dem Beschluss des World Motor Sport Council auch so geplant ist. Dieser stattete Bernie Ecclestone und Jean Todt unlängst mit einem Mandat aus, Entscheidungen zu dringlichen Themen in der Formel 1 zu treffen.

So setzt sich die Strategy Group zusammen, Foto: adrivo Sportpresse GmbH
So setzt sich die Strategy Group zusammen, Foto: adrivo Sportpresse GmbH

"Es müssen die FIA und die FOM sein, denn am Ende des Tages sollten die FIA und der Promoter entscheiden, was der Sport ist. Sie sollen sagen: 'Das wollen die Fans, das funktioniert, so sollte die Formel 1 sein, das sind die Regeln, wenn ihr einsteigen wollt, steigt ein, wenn nicht, dann geht und macht etwas anderes'", schilderte Horner seine Sichtweise. "Es gibt Dinge, die für die Zukunft geklärt werden müssen und wir brauchen eine klare Führung."

Derzeit werden Regeländerungen oder neue Regeln in der Strategy Group besprochen und anschließend an die Formel-1-Kommission weitergereicht. Diese besteht aus den Mitgliedern der Strategy Group, den übrigen Teams sowie Vertretern von Sponsoren und Promotern. Die Formel-1-Kommission kann die Regeln nur durchwinken oder ablehnen, nicht aber selbst Änderungen vornehmen. Wenn sie eine Regel absegnet, geht sie an den Word Motor Sport Council.

Dominanz schreckt Fans ab

Horner betonte, dass die Formel 1 eine Show sein müsse, die ein breites Publikum anspricht. Vorhersehbare Ergebnisse in Serie würden jedoch dazu führen, dass die Leute abschalten. Horner spielte dabei auf die Mercedes-Dominanz an und stellte im selben Atemzug den Unterschied zur Red Bulls Dominanz heraus. "Wir wurden dessen beschuldigt, aber wir haben nie diese Fortsetzung von Erfolg genossen - zwei unserer Meisterschaften wurden erst im letzten Rennen entschieden und wir sind nie Erster und Zweiter in der Weltmeisterschaft geworden."

Horner forderte, dass alles neu geordnet wird, damit die Teams wieder näher beieinander sind. "Ich glaube nicht, dass irgendjemand sehen will, dass Fernando Alonso nur mitfährt. Wir wollen ihn kämpfen sehen, wir wollen Daniel Ricciardo kämpfen sehen, wollen Sebastian Vettel gegen Mercedes kämpfen sehen", erläuterte Horner. "Die Teams werden das nie erreichen, denn es gibt viel zu viele Eigeninteressen und man kann nicht erwarten, dass die Teams das schaffen."

Ferrari lobt den Umgang mit Herstellern in der MotoGP, Foto: Milagro
Ferrari lobt den Umgang mit Herstellern in der MotoGP, Foto: Milagro

Arrivabene und Marchionne verweisen auf MotoGP

Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene ist mit der Regelfindung in der Formel 1 zwar auch nicht einverstanden, vertritt jedoch einen ganz anderen Standpunkt als Horner. Er wünscht sich nämlich mehr und nicht weniger Mitspracherecht der Teams und verwies auf die MotoGP, von der die Formel 1 viel lernen könne.

"Es gibt in der Motorradwelt einen großen Respekt vor den Herstellern, es gibt also einen methodischen Unterschied. Man beschließt Dinge gemeinsam, die Dinge werden mit allen relevanten Anteilseignern verhandelt, daher werden die Entscheidungen voll geteilt und schnell getroffen", meinte Arrivabene. "Es ist eine andere Herangehensweise und Haltung. Sie versuchen wirklich, sich schnelle Änderungen zu überlegen, um sich an den öffentlichen Geschmack anzupassen."

Die Verantwortlichen würden genau zuhören, schnell reagieren und die relevanten Anteilseigner einbeziehen. "Es gibt auch einen hohen Level an Respekt für die Motorenhersteller", konnte er sich einen deutlichen Seitenhieb auf die FIA nicht verkneifen.

Auch Ferrari-Präsident Sergio Marchionne betonte im Rahmen der Ferrari-Weihnachtsfeier, dass die Regeln in der Formel 1 nichts mit denen in der MotoGP zu tun haben. "Wir brauchen Anwälte, um die Regeln richtig auszulegen und wir können so nicht weitermachen", betonte er. "Wir sollten dieses System ausrangieren, was die Komplexität der Regeln angeht, denn sie sind nicht verwertbar."