Das Herzstück eines Formel-1-Boliden ist das Monocoque. Als wichtigster Bestandteil des Rundum-Schutz-Pakets für die Fahrer muss die Sicherheitszelle aus Kohlefaser im Ernstfall extreme Belastungen aushalten. "Das Monocoque", sagt Brian O´Rourke, Leiter der Abteilung für Verbundwerkstoffe bei Williams, "spielt eine Schlüsselrolle in der Sicherheit der Formel 1."

Das Technische Reglement der FIA definiert das Monocoque als Überlebenszelle. Die Formel 1 ist in der Tat sicherer geworden, seit Colin Chapman, der legendäre Konstrukteur und Lotus-Teamchef, 1962 statt des klassischen Rohrrahmens einen genieteten Leichtmetallkasten in seinen Lotus 25 einbaute - das erste Monocoque der Grand-Prix-Geschichte. Die ersten Autos mit einer Sicherheitszelle aus Kohlefaser schickte McLaren 1984 ins Rennen. Seither wurde die Lebensversicherung für die Fahrer immer weiter entwickelt.

"Wir setzen uns bei der Entwicklung eines Autos zwei Ziele: Wir wollen einen schnellen Rennwagen bauen und den Fahrer dabei schützen so gut es geht", sagt Brian O´Rourke vor dem Großen Preis von Bahrain. "Wie sicher die Monocoques sind, zeigt die Tatsache, dass nach heftigen Kollisionen zwar die Autos oft schwer beschädigt sind, die Fahrer aber unverletzt aus einem weitgehend intakten Monocoque steigen können."

Gefertigt werden die Monocoques aus Kohlefaser. Dieser Verbundwerkstoff ist doppelt so fest wie Stahl, aber fünfmal leichter, und in der Formel 1 zählt jedes Gramm. Das Monocoque besteht aus bis zu zwölf Schichten Kohlefasermatten, deren einzelne Fasern fünfmal dünner sind als ein menschliches Haar. Zwischen die Kohlefaserschichten wird eine wabenförmige Aluminiumschicht eingearbeitet, was die Steifheit des Monocoques zusätzlich erhöht. Das Ganze wird im so genannten Autoklav, einem riesigen Backofen, unter Druck erhitzt. Nach zweieinhalb Stunden ist die Schale ausgehärtet. Trotzdem wird der Brennvorgang aus Sicherheitsgründen noch zweimal wiederholt, schließlich muss die Sicherheitszelle nicht nur aus einem Guss sein, sondern im Ernstfall auch an einem Stück bleiben. Die in der Formel 1 verwendeten Monocoques sind stabil genug, um selbst schwerste Unfälle zu überstehen. Trotzdem muss zum Schutz der Fahrer auch ein gewisses Maß an Deformierbarkeit erhalten bleiben. Diese Aufgabe übernehmen die verschiedenen Crashstrukturen um das Cockpit herum, die als eine Art Vorposten der Sicherheitszelle dazu da sind, einen Teil der Aufprallenergie zu absorbieren. Solche Crashstrukturen sind für die Fahrzeugnase, die Seitenkästen und das Heck vorgeschrieben.

Sicher gestellt wird die Belastungsfähigkeit von Crashstruktur und Monocoque durch statische und dynamische Crashtests, die seit 1985 von der FIA vorgeschrieben sind und im Laufe der Jahre immer weiter verschärft wurden. Lag es bis dahin größtenteils im Ermessen der Teams, was sie für die Sicherheit taten, sorgten die neuen Vorschriften für einen hohen und für alle verbindlichen Sicherheitsstandard. "Dass die Crashtests häufig nicht auf Anhieb bestanden werden", so FIA-Präsident Max Mosley, "beweist ihre Wichtigkeit." Durchgeführt werden sie unter Aufsicht der FIA zumeist am Cranfield Impact Centre im englischen Bedfordshire. Zur Simulation eines Frontalaufpralls wird dabei beispielsweise eine Nase am Monocoque montiert, der Kraftstofftank mit Wasser gefüllt und ein 75 Kilogramm schwerer Dummy im Sitz angeschnallt. Die insgesamt 780 Kilogramm schwere Testkonstruktion wird mit einer Geschwindigkeit von 14 Metern pro Sekunde (50,4 km/h) gegen eine feste Wand gefahren. Getestet werden auch das Heck, die seitlichen Crashstrukturen sowie der Überrollbügel.

Auch Serienautos werden verschiedenen Crashtests unterzogen, müssen dabei aber völlig unterschiedliche Anforderungen erfüllen. So sind Formel-1-Fahrer, dies als Beispiel, körperlich sehr gut trainiert, sitzen in maßgefertigten Sitzen mit großer seitlicher und rückwärtiger Absicherung und sind zudem mit festsitzenden Sechs-Punkt-Gurten angeschnallt. Bei Serienautos ist nicht nur die Aufprallgeschwindigkeit in der Regel viel geringer und die Sitze müssen Insassen unterschiedlichster Körpergröße Schutz und Halt bieten. Die Insassen sind mit bequemen Drei-Punkt-Automatikgurten gesichert, die ihnen die Bewegungsfreiheit lassen, um die Bedienungselemente im Fahrzeug erreichen zu können. Analog zum Monocoque in der Formel 1 sind die Insassen eines Serienautos durch die Fahrgastzelle geschützt. Sie stellt den Überlebensraum für die Passagiere sicher und bietet gleichzeitig ausreichende Festigkeit für die Verankerung von Sitzen und Gurten. Besonders kritisch wird es für die Insassen, wenn bei einem schweren Aufprall die Fahrgastzelle eingedrückt wird. "Vor allem beim Seitenaufprall ist das ein Problem", sagt Dr. Hartmuth Wolff vom Allianz Zentrum für Technik (AZT). "In diesem Fall sind Seitenairbags, vor allem solche mit Schutz des Kopfes, besonders nützlich und können helfen, schwere Verletzungen zu vermeiden."

Wussten Sie schon...

... dass Heck-Crashtests in der Formel 1 erst seit 1997 vorgeschrieben sind? Diese Neuerung führte zu einer weiteren Verstärkung der Crashstrukturen der Autos, von der noch im selben Jahr Giancarlo Fisichella profitierte, als er in Silverstone rückwärts gegen die Streckenbegrenzung prallte. Dabei wurde sein Jordan, wie die Auswertung der Blackbox ergab, innerhalb von 0,72 Sekunden von 227 km/h auf Null verzögert. 227 km/h entsprechen rein rechnerisch einem Fall aus 200 Metern Höhe. Das Monocoque als Lebensversicherung: Fisichella verletzte sich nur leicht am Knie.