Die erste FIA-Pressekonferenz der neuen Saison. Zu Gast sind Lokalmatador Mark Webber, GP-Rookie Narain Karthikeyan, Jenson Button und Juan Pablo Montoya. Gleich am Beginn der Veranstaltung wird man wieder gefangen von dem, was man auch den "Floskel-Terror der Formel 1" nennen könnte. Dieses Alles-Ist-Pretty-Good- und We-Have-Done-A-Good-Job-Monster hat auch den letzten Winter gut überlebt. Es sind aber nicht nur die Fahrer, die es mit ihren Antworten nähren - oft liegt es einfach auch an den gestellten Fragen…

Klar ist er aufgeregt, der Narain Karthikeyan. Immerhin fährt er bald schon seinen ersten Formel 1-GP. Klar ist das gut für Indien - aber Karthikeyan legt auch Wert auf die Feststellung: "Die Leute sagen, ich sei aus kommerziellen Gründen hier. Aber in der Britischen Formel 3 war ich ein Rennsieger - was den Speed betrifft, bin ich also auch ganz gut…" Nachdem der erste Inder der Königsklasse bereits mit den üblichen "Es ist dein erster GP. Bist du nervös?"-Pflichtfragen konfrontiert wurde, stellt der Interviewer eine kolossale dritte Frage: "Ist das alles sehr neu für dich?" Wäre man Karthikeyan, müsste man jetzt sofort aufstehen und gehen, doch Narain gibt dem Mann, was er haben will: "Ja, das ist alles neu für mich. Und ich bin sehr aufgeregt. Und ich hoffe, dass ich einen guten Job machen werde."

Spitzenfloskel: Der gute Job, den es stets zu erledigen gilt…

Da ist er also wieder, der gute Job. Könnte man diese leidige Floskel bitte schnellstens verbieten? Vielleicht im Rahmen der nächsten Reglement-Änderung? Mister Mosley? Egal. Jedenfalls sagt Jenson Button, er wüsste nicht, ob er in diesem Jahr "ein neuer Jenson Button" sei - das wollte der Interviewer nämlich wissen - eines aber sei sicher: "Ich versuche, den bestmöglichen Job zu machen." Die Tests seien super gewesen, er freue sich auf das erste Rennen, gute Wintertests, alles "pretty good", wie es so schön heißt. Und die neuen Regeln - keine Sprints mehr, sondern Ausdauer und Reifenschonen. Ob sein Fahrstil dafür geeignet sei? "Hoffentlich", sagt Button. Und: "We have to wait and see…" Diese Phrase wäre übrigens auch ein heißer Kandidat für eine schwarze Liste der luftleeren Parade-Floskeln…

Lokalmatador Mark Webber sorgt jedenfalls für eine Lachsalve, als er, auf die vielen PR-Aktionen in seinem Heimatland angesprochen, sagt: "Das ist heute mein erstes Interview!" Es geht um die großen Erwartungen seiner Landsleute und den doch eher ernüchternden Leistungen bei den Wintertests. "Wir müssen die Pace verbessern, keine Frage", räumt Webber ein. Sich Träumereien hinzugeben, funktioniere nicht in der Formel 1. Es würde nur eines geben - nein, Webber sagt nicht, man müsse einfach einen guten Job erledigen. Er sagt: "Man muss rausgehen und harte Arbeit leisten, stets weiterentwickeln und ich hoffe, dass wir an die Spitze zurück gelangen können. Ich denke, wir haben einen gewissen Rückstand - wie groß der ist? Wir wissen es nicht…."

Schumacher: Narain weiß, wo seine Rückspiegel sind…

Michael Schumacher erklärt, er hätte aufgrund des neuen Reglements rutschende Autos erwartet, doch dem sei nicht so gewesen. Klarerweise wird der Weltmeister mit jenen Stimmen konfrontiert, die nach den Wintertests einen Rückstand der Roten ausmachen, die ja mit dem modifizierten Vorjahrsauto antreten. Schumacher wiederholt seine dahingehend bereits mehrmals getätigten Äußerungen, dass man vielleicht am Beginn der Saison nicht ganz an der Spitze liegen würde, dass aber andere sich freuen würden, wenn sie einen solchen Gebrauchtwagen wie den F2004M zur Verfügung hätten. "Wir werden nahe an der Spitze sein. Ob das der erste Platz, der zweite oder der dritte sein wird, werden wir herausfinden", analysiert Schumacher. We have to wait and see…

Ob es Sorgen geben würde, weil Narain Karthikeyan so wenig F1-Erfahrung mitbringt, fragt man Webber und Schumacher. Beide sagen, dass der Inder ja über ausreichend Erfahrung in den Nachwuchsklassen verfüge und Michael Schumacher verweist darauf, dass "Narain weiß, wo seine Rückspiegel sind". Dann sagt Michael Schumacher das Unvermeidliche: "Ich bin mir sicher, dass Narain einen guten Job erledigen wird." Der Weltmeister blickt rüber zu dem Inder und fragt: "Oder?" Und Narain lächelt: "Ich denke schon, ja."

Spezialfrage: Mögen Sie Ihr Auto?

Weiter geht´s - Frage an Juan Pablo Montoya: "Juan Pablo - neues Auto, neues Team, neue Kultur. Ist das alles ein bisschen neu für dich?" Und auch Montoya steht nicht auf, sondern antwortet geduldig: "Nein, es ist sogar wirklich gut. Es war wirklich gut. Es war eine gute Zeit, um mich anzupassen." "Hat die Anpassung lange gedauert?", lautet die nächste Frage. Montoya: "Nein, das Auto ist gut zu fahren…" Und die andere Kultur? "Williams und McLaren haben zwar verschiedene Herangehensweisen, aber ich denke, dass beide Methoden wirklich gut sind." Pretty good eben. Man sei als Favorit genannt worden - was sagt Montoya dazu? Nicht viel, außer, dass man abwarten müsse. To wait and see. Und die Beziehung zu dem neuen Teamkollegen Kimi Räikkönen, was sagt Montoya dazu? Richtig geraten, er sagt: "Die ist gut." Und: "Wir haben ein paar Gemeinsamkeiten. Wir fahren beide gern mit dem Motorrad und so. Daher ist die Beziehung gut."

Sehr gut. Ob er das Auto ebenfalls mögen würde, fragt man allen Ernstes und ohne dabei rot zu werden. Montoya antwortet: "Yeah, I like the car. Der MP4-20 liegt mir noch besser als der MP4-19." Ob man auf ähnliche Art und Weise die Autos abstimmen würde, steht plötzlich und unerwartet eine substantielle Frage im Raum. Montoya: "Aaaah, ich weiß es nicht. Es ist zu früh, das kann man noch nicht sagen. Wir hatten nur zwei gemeinsame Testtage und wenn man in unterschiedlichen Testprogrammen ist, hat man auch unterschiedliche Daten."

Das neue Qualifying wird thematisiert. Auch dazu hat Montoya eine Meinung: "Ist mir egal. Ich bin zufrieden damit, es ist für alle gleich…" Dass es für alle gleich ist, betont auch Michael Schumacher, der zudem einen größeren Einfluss des Wetters ortet. Jenson Button findet es interessant, dass man "am Samstag die Autos mit wenig Sprit und neuen Reifen und am Sonntag dann mit Rennsprit und alten Reifen sehen wird". Allgemeiner Tenor: Man müsse abwarten und sehen, wie es wird. To wait and see…

Schumacher: Dennis hat auch nach 2000 angefragt!

Mittlerweile kommen die "Questions" bereits "from the floor", was sich irgendwie positiv auf deren Qualität auswirkt. Michael Schumacher wird darauf angesprochen, dass McLaren-Boss Ron Dennis unlängst verraten hat, dass er im Jahr 2000 mit dem Weltmeister über ein mögliches Engagement gesprochen hat. Schumacher bestätigt und fügt hinzu, dass es immer wieder Anfragen geben würde, dass dies normal sei und dass es auch nach dem Jahr 2000 Anfragen von Dennis gab. Wann genau die letzte dieser Anfragen stattgefunden hat, möchte Schumacher jedoch nicht verraten: "Das wäre nicht fair, das hier zu sagen. Aber er hat angefragt, das sollte genügen."

Das mögliche Startverbot für Minardi ist das nächste Thema. Mark Webber und Michael Schumacher wollen dazu keine konkrete Stellungnahme abgeben - Webber empfindet seine Meinung als "unwichtig", die F1-Politik verstehe er ohnehin nicht. Schumacher nennt als Grund, warum man Minardi ausschließen sollte: "Wenn man im Fußball plötzlich nur zehn Spieler erlauben würde und jemand möchte aber mit elf oder mehr Spielern antreten - würde man das erlauben?" Der Fragesteller erwidert in Anspielung auf die Performance der Minardi: "Naja, wenn diese elf Spieler mit den Händen auf den Rücken gebunden spielen würden, dann schon…" Schumacher stoppt das Thema: "Ich denke nicht, dass dies ein seriöses Thema ist."

Webber: Sie wollen den Titel, bevor ich dazu in der Lage bin!

Mark Webber wird damit konfrontiert, dass es in Australien bereits Leute geben würde, die bei Radiosendern anrufen und fragen, wie viele Rennen er in diesem Jahr gewinnen könne und ob der Landsmann den Titel holen würde. Webber relativiert die hohen Erwartungen seiner Landsleute: "Sie wollen einen Titel, bevor ich dazu in der Lage bin. Ich hoffe, dass wir Rennen gewinnen können, das ist keine Frage. Aber dass wir Ferrari den Titel abknöpfen können, ist ehrlich gesagt ein wenig unrealistisch. Aber man weiß ja nie. Die Saison ist lang…"

Juan Pablo Montoya wird mit der Mediendiskussion um seine Fitness respektive seinen Trainer konfrontiert. Alles halb so wild. Der alte Trainer hätte nicht Fulltime gearbeitet, das sei der einzige Unterschied. Und: Montoya ist um drei Kilogramm leichter als am Ende des letzten Jahres. Ein Nachtrag zu seiner Beziehung zu Kimi Räikkönen: Diese sei schon vor seinem Antritt bei McLaren gut gewesen. Pretty good…

Eine letzte Frage an Michael Schumacher: Ob es gut für den Sport wäre, wenn er in diesem Jahr nicht dominieren würde, fragt man den siebenfachen Weltmeister. Schumacher: "Ich denke, dass ich damit viele Fans enttäuschen würde." Der Fragesteller erwidert: "Aber viel mehr Menschen…" Schumacher unterbricht: "Das hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. Sie wissen nicht, wie viele Fans wir haben…"