Es waren dramatische Tage beim Großen Preis von Australien: Monisha Kaltenborn kam angesichts der gerichtlichen Auseinandersetzung mit Giedo van der Garde kaum zum Schlafen. Der gesamte Rennstall stand auf dem Spiel. Als wäre die Belastung dreier verlorener Verfahrung - eines in der Schweiz, zwei inklusive der Berufung in Australien - noch nicht genug, prasselte auch noch die gesamte Medienkritik auf sie ein; selbst eine Reihe von Fahrern schoss scharf gegen die Juristin, die mindestens drei, wenn nicht gar vier Fahrer mit einem Vertrag für die Saison 2015 ausgestattet hatte. Auch die Argumentation, van der Garde sei ein Sicherheitsrisiko, stieß auf Unverständnis.

Dieser hatte in Melbourne Sauber am seidenen Faden und hätte sogar das Equipment des Teams in Beschlag nehmen können. Am Freitag zog er sich demonstrativ einen Overall von Marcus Ericsson an und spazierte sowohl in die Hospitality als auch die Garage des Teams. Einige Mechaniker räumten daraufhin die Box. Das ganze Fahrerlager fragte sich: Wie weit würde van der Garde gehen? Theoretisch hätte Kaltenborn sogar eine Gefängnisstrafe gedroht. Erstmals äußert sie sich nun und sagt gegenüber dem Blick: "Wenn man in einem australischen Gericht sitzt und das Wort Gefängnis hört, dann ist das schon ein Schock." Konkret hatte sie mehrere schlaflose Nächte.

Letztlich scheiterte der Einsatz des Niederländers an der fehlenden Superlizenz. "Hätte er von der FIA eine Lizenz erhalten, hätte er alles versucht, um zu fahren", ist sie sich sicher. Van der Garde hatte in Australien daraufhin "großzügig auf das Cockpit verzichtet". Erst nach dem Wochenende gab es eine überraschend schnelle Einigung: Van der Garde erhält eine großzügige Abfindung und verzichtet auf alle Cockpit-Ansprüche. Woher das Geld kommt? "Dazu kann und will ich mich nicht äußern", stellt die 43-Jährige da.

Sich selbst sieht Monisha Kaltenborn eher in einer Opferrolle: "Ja, ich habe Fehler gemacht. Ich war zu gutgläubig und habe vertraut. Und bin bitter bestraft worden. Gerichte urteilen nicht nach moralischen Prinzipien. Für sie gelten nur schriftliche Verträge ohne Rücksicht auf die weiteren Umstände." Auch Juristinnen lernen vor Gericht nie aus. Trotz des Fahrer-Chaos kann die Teamchefin voll auf das Vertrauen von Peter Sauber bauen.