Der heutige Mittwoch ließ sich eigentlich ganz ruhig an: Testfahrten an drei Orten, keine erwarteten Sensationen oder Skandale und keine seitenlangen Briefe von Max Mosley und Konsorten. Doch dies änderte sich am Nachmittag schlagartig als nicht nur die Weltpresse, sondern auch die Herstellervereinigung GPWC von einem unerwarteten Presseschreiben der Scuderia Ferrari überrascht wurden.

In diesem gaben die Italiener bekannt, dass sie zusammen mit der FIA und der FOM eine Verlängerung des Concorde Agreements bis ins Jahr 2012 vereinbart haben. Für die anderen drei GPWC-Mitglieder Renault, BMW und DaimlerChrysler stellt dies keine einfache Situation dar, weshalb die erste Reaktion seitens der GPWC gegenüber motorsport-magazin.com ein vertröstendes "Kein Kommentar" darstellte. Eine offizielle Stellungnahme wird im Laufe des Abends oder erst in den kommenden Tagen erwartet.

Licht am Ende des Tunnels

Vor einigen Wochen sah die Zukunft der GPWC hingegen noch rosig aus. Eine Insiderquelle verriet gegenüber The Independent, dass man "nah dran" sei einen Deal "zu unterzeichnen", welcher die "Pläne für eine alternative Rennserie ab 2008 in Gang setzen" würde. Sollte dieses Ziel immer noch verfolgt werden, müsste es jetzt jedoch ohne das Zugpferd Ferrari stattfinden. Schließlich beabsichtigen diese sich seit heute von 2008 bis 2012 an die Formel 1 und Bernie Ecclestone zu binden.

Auch dies hörte sich vor Jahresfrist noch anders an. Denn da sah Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo nicht nur "Licht am Ende des Tunnels", sondern betonte er: "Das Concorde Agreement, das seit Anfang der achtziger Jahre die Geschäfte der Formel 1 regelt, läuft Ende 2007 aus. Das bedeutet, dass Ferrari und alle anderen Teams endlich frei sind und aus einer merkwürdigen Position befreit werden."

Doch statt mit der eigenen GPWC diesen Weg der Freiheit zu gehen und die neu gewonnene Freiheit zu zelebrieren banden sich die Italiener für eine weitere Periode an Ecclestone. Vermutlich unter stark verbesserten Bezügen, welche wohl jene Aussichten der GPWC noch übertrafen. Schließlich hatte Monzetemolo im letzten Jahr noch eine Einnahmenbeteiligung von 80% - statt der bisherigen 47% - für die Teams gefordert.

Unter diesen neuen Voraussetzungen erscheinen auch einige weitere Aussagen von Montezemolo aus dem letzten Dezember in neuem Licht: "Es wird definitiv keinen Krieg oder zwei Rennserien geben", hatte er damals prophezeit. "Stattdessen wird es 2008 eine einzige Formel-1-Weltmeisterschaft geben. Und die Entscheidung darüber fällt 2005." In der aktuellen Situation würde dies bedeuten, dass diese eine Meisterschaft die Formel 1 und nicht die damals von ihm angestrebte "Neue Serie" der GPWC sein wird. "Ob diese Serie Weltmeisterschaft, Golden Series, Champions League oder sonst wie heißen wird, ist mir egal", sagte er seinerzeit. "Ich weiß, dass Ecclestone einige Namensrechte in Bezug auf die Formel 1 besitzt, aber das ist für mich kein Problem. Es gibt kein Namensproblem."

Für Ferrari ohnehin nicht mehr. Denn nun fährt man auch bis 2012 weiter in der von Bernie Ecclestone namensrechtlich geschützten Formel 1. Und dies könnte auch die anderen neun Rennställe respektive die drei weiteren Hersteller zum Umdenken bewegen. Denn mehr als nur einmal wurde in den vergangenen Jahren des GPWC-F1-Streits betont: Jene Serie die Ferrari auf ihrer Seite hat, wird gewinnen.

Deswegen wird Montezemolo auch niemals müde zu betonen: "Niemand darf vergessen, dass Ferrari für die Formel 1 wichtig ist. Was immer in der Formel 1 passiert: Wenn jemand etwas ändern will oder neue Ideen hat, muss er nach Maranello kommen, und dann werden wir sehen."

Die Auswirkungen

Ob diese Vorhersagen des Ferrari-Präsidenten tatsächlich eintreten werden ist noch ungewiss. Fakt ist jedoch, dass die Entscheidung der Italiener langfristig in der F1 zu bleiben gravierende Folgen für die Herstellervereinigung haben wird. Denn im Normalfall werden die Roten nun aus dieser Ausscheiden und damit BMW, DaimlerChrysler sowie Renault sich selbst überlassen. Ob diese ihnen zusammen mit den Privatteams folgen werden, bleibt abzuwarten.

Für Ende Januar war jedenfalls ein Meeting der GPWC mit den Teamchefs angesetzt, in dessen Rahmen man seine neue Serie und Struktur präsentieren wollte. Ob dieses nun noch immer stattfinden wird, ist ebenfalls noch unklar.

Und auch die genaue Zukunft der Formel 1 mit Ferrari ist noch nicht klar zu durchschauen. Schließlich forderte Montezemolo vor Jahresfrist noch, dass sich die Königsklasse ab 2008 "in Bezug auf die Gewinnverteilung und die Macht der Teams und Hersteller extrem verändern" müsse. "Wir wollen die Strategie mitbestimmen. Es kann nicht sein, dass die Hauptakteure die Kontrolle über die Formel 1 verloren haben, eine einzige Person, Ecclestone, den Löwenanteil der Einnahmen kassiert und wir mit Peanuts abgespeist werden."

Da Ferrari sich nun doch dem Ecclestone-Imperium verschrieben hat, dürften die Mannen aus Maranello wohl mehr als nur ein paar Nüsschen von Mr. E. angeboten bekommen haben. Denn auch in der GPWC waren sie schon mit Extrazahlungen geködert worden, welche ihrer Zeit für Aufruhr sorgten.

Letztlich bleibt vorerst eines gewiss: Mit diesem unerwarteten Schritt, welcher gestern selbst der GPWC noch unbekannt war, hat Ferrari entweder die Weichen für eine gemeinsame Zukunft gestellt oder aber die endgültige Zweiteilung der Königsklasse eingeleitet.

Böse Zungen könnten behaupten, dass Ferrari dem Testbeschränkungsbund der anderen neun Teams und Hersteller auf diese Weise die Rechnung präsentierte...