Will Stevens wird der nächste Lewis Hamilton. Zumindest behaupten das einige britische Medien im Jahr 2008. England befindet sich damals im Formel-1-Boom und jedem halbwegs erfolgreichen jungen Fahrer wird eine glorreiche Zukunft prophezeit. Doch im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen hat der junge Will Stevens zu der Zeit schon einiges aufzubieten: britischer Junioren Meister und KF2-CIK FIA Europameister und Asien-Pazifik-Meister im Kart, die Ex Formel-1-Piloten Mark Blundell und Martin Brundle im Management und Unterstützung durch das Honda Formel 1 Team.

Honda steigt jedoch Ende 2008 aus der Formel 1 aus und Stevens verliert seine Unterstützer und erst mal die Perspektive in der Königsklasse. Eine Situation, die sich für Stevens einige Jahre später wiederholen wird.

Stevens fährt anschließend in der Toyota Racing Series und der britischen Formel Renault und beendet beide Serien unter den ersten Zehn der Meisterschaft. 2011 überzeugt der junge Brite bei Testfahrten der Formel Renault 3.5 und kann sich für die Saison 2012 neben Kevin Magnussen eines der begehrten Cockpits beim damaligen Meisterteam Carlin sichern. Die Saison läuft allerdings durchwachsen und am Ende des Jahres trennen sich die Wege von Carlin und Stevens. Der Brite heuert in der Formel Renault 3.5 beim Team Strakka Racing an - mit deutlich besseren Ergebnissen. Die Saison 2013 beendet er als Gesamtvierter und 2014 wird er Gesamtsechster, mit zwei Saisonsiegen in Monza und Jerez.

Will Stevens in der Formel Renault 3.5, Foto: WS by Renault
Will Stevens in der Formel Renault 3.5, Foto: WS by Renault

Bei den Young Driver Tests 2013 in Silverstone kommt Will Stevens der Formel 1 wieder ein Stück näher. Caterham nominiert ihn für die Testfahrten und auch 2014 darf Stevens in Silverstone für den britischen Rennstall testen. Stevens absolviert insgesamt mehr als 1.100 Testkilometer und wird in die Caterham Nachwuchsakademie aufgenommen, doch ein Fahrervertrag springt für ihn nicht raus.

Den bekommt er aber wenige Monate später bei Marussia. Vor dem Japan Grand Prix gibt das Team bekannt, dass Stevens als Ersatzfahrer für den Rennstall engagiert wurde. Stevens ist eigentlich sofort für den ersten Freitagstest vorgesehen, doch notwendige Papiere werden zu spät eingereicht, und Stevens erster Einsatz an einem Formel-1-Wochenende platzt kurzfristig. Kein Problem räumt das Team jedoch sofort ein, Stevens werde an einem der nächsten Rennen einen Freitagseinsatz bekommen. Dann folgt der schwere Unfall von Bianchi, der Verzicht auf ein zweites Auto in Sochi und letztendlich die Insolvenz des Rennstalls. Stevens hatte nicht nur keinen Formel-1-Einsatz bekommen, sondern war nun auch ohne Job in der Formel 1.

Stevens testete für Caterham 2013 und 2014, Foto: Sutton
Stevens testete für Caterham 2013 und 2014, Foto: Sutton

Doch unverhofft kommt oft. Mit Caterhams unerwarteter Rückkehr auf die Formel-1-Bühne suchte der Rennstall einen zweiten Fahrer neben Kamui Kobayashi. Andre Lotterer und Rubens Barrichello sagten ab, und so kam Will Stevens doch noch zu seinem Debüt in der Formel 1. Im Gegensatz zu Kobayashi sah er die Zielflagge, wenn auch als Letzter.

Dass der Name Stevens danach noch einmal in der Formel 1 auftauchen würde, war alles andere als gewiss. Am Tag vor den letzten Testfahrten vor der Saison 2015 dann die Überraschung: Manor (ehemals Marussia) hat Stevens als ersten Fahrer verpflichtet. Das Team kämpft nach der Insolvenz um eine Rückkehr in die Formel 1 und hat fest vor, in Melbourne in der Startaufstellung zu stehen.

"Es ist aufregend, zu sehen, wie sich bei Manor alles zusammenfügt nach den gewaltigen Anstrengungen, die unternommen wurden, um das Team zu retten", sagte Stevens nach seiner Verpflichtung. "Ich danke dem Team für das in mich gesetzte Vertrauen und ich kann es nicht erwarten, den Lohn für all die harte Arbeit zu sehen, wenn wir in zwei Wochen in der Startaufstellung stehen."