Wenn am Sonntag um kurz vor 16 Uhr Mitteleuropäischer Zeit die Zielflagge in der Dunkelheit Abu Dhabis geschwenkt wird, findet eines der spektakulärsten Teamduelle in der Geschichte der Formel 1 sein mit Spannung erwartetes Ende. Seit dem Saisonauftakt in Australien hatten sich Lewis Hamilton und Nico Rosberg auf und abseits der Strecke einen Schlagabtausch erster Güte geliefert, und somit dafür gesorgt, dass das einseitig von Mercedes dominierte Jahr eins der neuen Turbo-Ära dennoch mit ungeheurer Spannung glänzte.

Nach vier Saisons im Zeichen von Red Bull, Sebastian Vettel sowie des Duells des Heppenheimers mit 'Erzrivale' Fernando Alonso müssen die Fans jedoch auch auf diesen Zweikampf nicht verzichten: Gemeinsam mit Valtteri Bottas (156 Punkte) setzen die beiden Superstars ihre Privatfehde auch im erbitterten Kampf um WM-Rang vier fort (159:157 Punkte pro Vettel). Beide stehen vermutlich vor dem letzten Einsatz für ihre jahrelangen Arbeitgeber Red Bull und Ferrari, und werden trotz der verlorenen WM mit Sicherheit alles daran setzen, dem jeweils anderen zum Abschluss dieser prägenden Ära noch einmal eine Niederlage zuzufügen.

Rosbergs Hoffen auf ein Wunder

Rosberg kann Hamilton aus eigener Kraft nicht mehr im WM-Kampf schlagen, Foto: Mercedes AMG
Rosberg kann Hamilton aus eigener Kraft nicht mehr im WM-Kampf schlagen, Foto: Mercedes AMG

Auf dem Papier hat Nico Rosberg bei noch 50 zu vergebenen Zählern und aktuell lediglich 17 Punkten Rückstand durchaus noch berechtige Hoffnungen auf seinen ersten Titelgewinn. Allerdings weiß der Deutsche, dass es besonderer Umstände bedarf, will er sich tatsächlich seinen Lebenstraum erfüllen. Bei normalem Rennverlauf - nein gar selbst bei einigem Chaos - ist jedes Szenario außer einem Mercedes-Doppelsieg kaum vorstellbar. Überlegenheit des Autos, Streckencharakteristik sowie Qualitäten der Fahrer lassen einmal mehr keine andere Prognose zu. Auch bei einem Sieg und 50 Punkten muss Rosberg also auf Pech, einen Defekt oder Unfall Hamiltons hoffen.

Außer dem Titelkampf sowie des heißen Duells um Rang vier verspricht das Finale in Abu Dhabi vor allem hinsichtlich der Konstrukteurswertung keine weiteren spannenden Entscheidungen. Trotz der doppelten Punkte scheint im Tableau alles bereits festgefahren. Während Vettel und Alonso das letzte Rennen für ihre langjährigen Teams bestreiten, könnte sich eine weitere Größe des Grand-Prix-Sports jedoch (vorerst?) gänzlich verabschieden: McLarens Jenson Button, seines Zeichens Ex-Weltmeister des Jahres 2009, steht wohl vor seinem finalen Auftritt in der Königsklasse des Motorsports. Ein Blitz-Comeback gibt hingegen Caterham, das nach zwei Rennen Zwangspause für das Finale das Grid wieder auf zehn Teams und zwanzig Autos auffüllt.

Bringt Pirelli die nötige Spannung nach Abu Dhabi?

Obwohl in Abu Dhabi ein Überholen trotz drei längerer Vollgasabschnitte nicht gerade einfach ist, könnte die Taktik dann doch deutlich Würze ins Rennen bringen. So kommt Pirelli für das Saisonfinale mit den Supersoft- und Softreifen - den beiden weichsten Reifenmischungen - an die Strecke. Dies sollte für zwei bis drei Stopps pro Auto garantieren, womit verschiedenen Strategien und Undercut-Versuchen definitiv die Tür geöffnet wären. Vor allem zwischen Red Bull und Williams könnte es so wieder zu packenden Duellen kommen. Ein Übergewicht an langsamen Passagen gegenüber schnellen Kurven sollte jedoch Williams bevorzugen - auch gegenüber Ferrari.

Das Rennen in Abu Dhabi startet bei Helligkeit und endet bei Nacht, Foto: Sutton
Das Rennen in Abu Dhabi startet bei Helligkeit und endet bei Nacht, Foto: Sutton

Vor einer besonderen Herausforderung stehen Teams und Piloten einmal mehr ob der ungewöhnlichen äußeren Bedingungen in Abu Dhabi, die während des Rennens stark alternieren. Zwischen dem Start bei Helligkeit am Nachmittag über die Fahrt durch die Dämmerung bis hin zum Finale bei Nacht kann die Luft- und Streckentemperatur so um deutlich über zehn Grad abnehmen. Dies wirkt sich vor allem auf das Griplevel der Reifen und somit auch auf das Fahrverhalten aus. Die Setup-Strategen und Taktiker stehen demnach vor einer doppelt kniffligen Aufgabe.