Turbulent, wechselhaft, vielversprechend. So oder so ähnlich könnte der Start in die neue Turbo-Ära der Formel 1 für Caterham beschrieben werden. Nach dem letzten Platz in der Teamwertung 2013 und bisher null Punkten in vier Jahren Motorsport-Königsklasse trat Besitzer Tony Fernandes vor die gesammelte Belegschaft in Leafield: "Meine Nachricht an die 250 Menschen hier ist, dass wir es dieses Jahr schaffen müssen. Das ist sie - die letzte Chance." Und die Drohung scheint bisher zu fruchten. Mit neuer Fahrerbesetzung und einer konservativen Herangehensweise an das neue Technische Reglement schwang sich Caterham zum heimlichen Sieger der Wintertests auf. Als zuverlässigstes Renault-Team liegt der Fokus nun schon längst auf mehr als nur dem Duell mit Dauerrivale Marussia...

Caterham will im fünften Jahr in der Formel 1 endlich die ersten Zähler einfahren, Foto: Sutton
Caterham will im fünften Jahr in der Formel 1 endlich die ersten Zähler einfahren, Foto: Sutton

Das Team: Teamchef Cyril Abiteboul und Technikchef Mark Smith leiten wie gewohnt auch 2014 die Geschicke des britisch-malaysischen Rennstalls. Nachdem der Saisonstart, die Entwicklung des CT03 sowie auch die gesamte erste Saisonhälfte 2013 unter dem innerländischen Umzug von Norfolk nach Leafield gelitten hatten, sollte Caterham heuer von der größeren Stabilität profitieren. Teamchef Tony Fernandes fordert in dieser Saison eine klare Steigerung und nicht weniger als die ersten Punkte. Demnach dürfte seine Rolle als potenter Geldgeber auch 2014 nicht zur Disposition stehen. Nach der späten Bekanntgabe der Fahrer Ende Januar ist ein weiterer Unruheherd des Winters nun vollständig behoben. Das Team kann sich somit voll und ganz auf die Performance und Entwicklung des Boliden konzentrieren.

Team - Note: befriedigend - ausreichend

Der CT05 ließ optisch einige Wünsche offen, Foto: Sutton
Der CT05 ließ optisch einige Wünsche offen, Foto: Sutton

Das Auto: Der CT05 erblickte nach kleinerer Verspätung am Mittag des Teststarts in Jerez am 28. Januar 2014 offiziell das Licht der Welt - und schockierte! Mit seinem äußerst unästhetischen Rüsselnasenansatz verleitete er selbst Teamchef Abiteboul zu einem Vergleich mit den Monstern aus den Alien-Filmen. Die Entwicklung des Boliden lief jedoch absolut nach Plan. Bereits im Dezember genehmigte die FIA Caterham als zweitem Team die Chassis-Homologation nach bestandenem Crahtest. Zudem gelang die anvisierte Gewichtsreduktion nach Vorgaben des neuen Technischen Reglements.

Trotz des oftmals fehlenden Speeds im Vorjahr war Caterham zunächst darauf bedacht, die Standfestigkeit des CT05 zu gewährleisten - und traf damit voll ins Schwarze. Die wenig Aussagekräftigen Rundenzeiten bei den Tests lassen jedoch darauf schließen, dass eine Spritze in Sachen Geschwindigkeit auch 2014 durchaus gut tun würde. Der CT05 ging jedoch scheinbar den richtigen Weg, sich aus einer stabilen Basis mit funktionierender Kombination aus Renault-Power Unit, elektronischen Systemen, Kühlsystemen sowie Chassis bzw. Packaging stetig zu steigern und weiterzuentwickeln. Zwar offenbarte der neue Bolide bei den Testfahrten vor der Saison einige kleinere und größere Probleme - unter dem Strich bleiben jedoch die meisten zurückgelegten Runden aller Renault-Teams.

Auto - Note: befriedigend

Bei aller Zuverlässigkeit offenbarte auch der CT05 einige Kinderkrankheiten, Foto: Sutton
Bei aller Zuverlässigkeit offenbarte auch der CT05 einige Kinderkrankheiten, Foto: Sutton

Die Zuverlässigkeit: Spiel, Satz und Sieg: Caterham! Zumindest, was die Zuverlässigkeit unter den Renault-Antriebs-Kunden angeht. Den vierfachen Weltmeister Red Bull, das eigentliche Spitzenteam Lotus sowie die Red-Bull-geförderte Nachwuchsschmiede Toro Rosso derart klar in die Schranken zu weisen, ist für Caterham mehr als nur ein Achtungserfolg. 3.313 Testkilometer gegenüber 2.458 bei Toro Rosso, 1.710 bei Red Bull und 1.288 bei Lotus sprechen mehr als nur eine deutliche Sprache.

Selbstverständlich erlebte Caterham wie sämtliche anderen Teams auch einige Probleme und Defekte während der insgesamt zwölf Testtage in Jerez de la Fontera und im Emirat Bahrain. Diese wurden jedoch meist schnell behoben, sodass dem Team viele Longruns und somit ein ergiebiger Fluss an telemetrischen Daten gelang, der bis zum Auftaktwochenende gewinnbringend in die Entwicklung des Autos gesteckt werden kann. Die solide Zuverlässigkeit des CT05 könnte bei einer Steigerung der Grundgeschwindigkeit also durchaus dafür sorgen, dass das Schlusslicht Caterham vor allem zu Saisonbeginn einigen großen Teams ein Schnippchen schlagen könnte.

Zuverlässigkeit - Note: gut

Mit Kamui Kobayashi, Testfahrer Robin Frijns und Marcus Ericsson hat Caterham 2014 schlagkräftiges Personal beisammen, Foto: Caterham F1
Mit Kamui Kobayashi, Testfahrer Robin Frijns und Marcus Ericsson hat Caterham 2014 schlagkräftiges Personal beisammen, Foto: Caterham F1

Die Fahrer: Das Warten hat sich gelohnt. Als letztes Team gab Caterham seine Fahrer für die Saison 2014 bekannt. Anstatt des talentierten aber glücklosen Duos Giedo van der Garde und Charles Pic greifen heuer der gestandene Japaner Kamui Kobayashi sowie der vielversprechende schwedische Nachwuchspilot Marcus Ericsson ins Steuer des CT05. Letzterer machte dabei zusätzlich durch eine Mitgift von elf Millionen Euro Werbung in eigener Sache. Kobayashi hingegen ist nach über drei Jahren als Stammfahrer in der Formel-1-Welt wohlbekannt, feierte in Diensten von Sauber beim Heimrennen in Japan 2010 sogar einen Podestplatz.

Für den Posten des Test- und Ersatzfahrers sicherte sich Caterham ein Juwel. Der Niederländer Robin Frijns erhält nach seinem Aus bei Sauber aufgrund eines finanziellen Engpasses 2012 nun eine weitere Chance, einen Fuß in die Tür der Formel 1 zu stecken. Dabei stand Frijns gar lange als möglicher Einsatzfahrer 2014 auf dem Zettel von Fernandes. "Robin ist der interessanteste junge Fahrer. Wir dachten jedoch, dass wir ein bisschen konservativ vorgehen sollten, indem wir ihm Zeit geben, sich auf die Formel 1 und alle damit verbundenen Veränderungen einzustellen", so der Malaye. Der US-Amerikaner Alexander Rossi steht als GP2-Pilot als weiterer Reserve-Fahrer unter Vertrag.

Fahrer - Note: befriedigend

Redaktionskommentar

Caterhams CT05 erwies sich als heimlicher Sieger bei den Testfahrten, Foto: Sutton
Caterhams CT05 erwies sich als heimlicher Sieger bei den Testfahrten, Foto: Sutton

Saisonziel: Punkte

PRO: Caterham war bei den Testfahrten mit Abstand zuverlässigstes Renault-Team. Und das will gerade angesichts des Debakels bei Red Bull und Lotus wirklich etwas heißen. Denn mit Zuverlässigkeit könnte Caterham vor allem bei den ersten Rennen im wahrsten Sinne des Wortes punkten. Ein Kamui Kobayashi in Bestform, der Lücken zum Überholen findet, die eigentlich gar nicht da sind, ist ein weiterer Pluspunkt. (Annika Kläsener)

CONTRA: Zuverlässigkeit schön und gut, aber bei der bisher offenbarten Geschwindigkeit muss Caterham mehr als nur einen Zahn zulegen, um sich tatsächlich realistische Hoffnungen auf Punkte machen zu können. Da wäre zunächst einmal die 107%-Regel für die Rennteilnahme. Zudem dürfen wir davon ausgehen, dass selbst zu Saisonbeginn sicher mehr als die Hälfte des Feldes die Zielflagge sieht. Bei der aktuellen Leistungsfähigkeit des CT05 wären selbst in dieser Zeit der 'Abstauber' Punkte ein großes Wunder. (Samy Abdel Aal)

Nun wollen wir natürlich auch eure Meinung zum Thema hören! Schafft es Caterham im fünften Jahr endlich, den ersten Punkt in der Formel-1-Geschichte des Rennstalls zu holen? Gebt eure Stimme bei unserer Umfrage ab und beteiligt euch an der Diskussion in den Artikel-Kommentaren: