Sein Gesicht war vernarbt, sein Körper gezeichnet von Brandwunden, sein Kopf mit einer grauen Bandage eingewickelt. Doch aus seinen blauen Augen blitzte die Willensstärke. Niki Lauda selbst bezeichnete sich in der Vergangenheit als ein Getriebener und deshalb kam für ihn auch nach seinem Feuerunfall auf dem Nürburgring aufgeben nicht in Frage. Am 1. August 1976 war der Österreicher beim Großen Preis von Deutschland mit seinem Ferrari 312T2 verunglückt.

Amateurfilmaufnahmen zeigten, wie Laudas Wagen gegen eine Felswand prallte, die Fahrbahn entlang schleuderte und in Flammen aufging. Nur einen Monat nach dem Horrorunfall, am 8. September 1976 verkündete Lauda auf einer Pressekonferenz in Salzburg, dass er wieder Rennen fahren würde. "Ich wusste, je länger man wartet, desto schwieriger wird es, dieselbe Risikobereitschaft wie vor dem Unfall wieder herauszuarbeiten. Deswegen war mir ganz klar: Ich muss so schnell wie möglich in dieses Auto hinein", erzählte Lauda. Das Risiko war ihm durchaus bewusst, genauso wie die Tatsache, dass mindestens ein Fahrer pro Jahr tödlich verunglückte.

Lauda kurz vor dem Unglück, Foto: Sutton
Lauda kurz vor dem Unglück, Foto: Sutton

"Man konnte sich ausrechnen, wann man dran ist", sagte Lauda einmal. Daher wusste er auch, was in den Köpfen der Anderen vorging. "Wie kann der Depperte wieder fahren, wenn er gerade verbrannt ist?", fragte Lauda stellvertretend für jene, die nicht verstehen konnten, wie ein Mensch 42 Tage nach einem derartigen Feuerunfall - Lauda lag tagelang im Koma und bekam sogar die letzte Ölung - wieder in ein Rennauto steigen konnte. Aber sein Verlangen, ein Auto im Grenzbereich zu beherrschen, war größer als die Todesangst. Was die Anderen dachten, kümmerte ihn nicht.

Gegen den Großvater gestellt

Diese Charaktereigenschaft legte Lauda schon als Jugendlicher an den Tag als er sich gegen den Willen seines Großvaters aufbäumte, eines renommierten Wiener Unternehmers. Dieser war der Meinung, dass ein Lauda in die Wirtschaft und nicht in ein Rennauto gehörte. Doch Lauda ließ sich nie von seinen ehrgeizigen Zielen abbringen und so setzte er sich nach seinem Feuerunfall in Monza mit blutenden Wunden ins Auto. Lauda wurde beim Großen Preis von Italien Vierter, obwohl er durch die Brandverletzungen an seinen Augenlidern nur eingeschränkt sehen konnte. Dass er sich im Freien Training beinahe in die Hose gemacht hätte, gibt Lauda offen zu. Es dauerte ein halbes Jahr bis er seine Risikobereitschaft wiedergefunden hatte, um alle Extreme auszureizen.

"Irgendwann kommt der Moment, wo man so fährt wie vorher. Man fährt eben auf drei Millimeter hin zu den Leitschienen und lässt nicht zehn Zentimeter Platz", erzählte Lauda. Schon von Kindesbeinen an liebte Nikolaus Andreas Lauda Autos über alles. Von seinem eisern gesparten Taschengeld kaufte er sich mit 15 Jahren um 1.500 Schilling sein erstes Auto - ein VW Käfer Cabriolet, Baujahr 1949, mit dem er nach eigener Aussage "jeden erdenklichen Blödsinn" anstellte. Schon damals wusste er, dass er zum Rennfahren geboren war und um sein Ziel zu erreichen, scheute er auch nicht davor zurück, sein Abiturzeugnis zu fälschen. "Man konnte von weitem sehen, dass da was nicht in Ordnung war. Aber nichtsdestotrotz bin ich nach Hause marschiert, hab das kurz vorgezeigt: Die Mutter hat mich geküsst, der Vater war glücklich", erinnerte sich Lauda.

Danach konnte die steile Motorsportkarriere des Österreichers beginnen. Nachdem er keine Lust mehr hatte, "ein Wahnsinniger in einem Feld von dutzend Wahnsinnigen zu sein", wechselte Lauda von der Formel 3 in die Formel 2 und schlussendlich 1971 mit 21 Jahren in die Formel 1. Um sein Cockpit bei Brabham nicht zu verlieren, musste der Österreicher ein Jahr später einen Kredit in der Höhe von zwei Millionen Schilling aufnehmen. Zuvor war ihm eine Bank als Sponsor abgesprungen - wobei nicht zuletzt sein autoritärer Großvater seine Hände im Spiel hatte. "Mein Großvater war Aufsichtsratsvorsitzender bei dieser Bank. Als er den Sponsorvertrag absegnen sollte, hat er gefragt: Ist das mein Niki? Das kommt ja nicht in Frage", erinnert sich Lauda.

Erster Titel mit Ferrari

Für seinen Großvater war Rennfahren keine Kategorie. "Als ich ihn darauf angesprochen habe, wieso er mir jetzt alles versaut, sagte er: Ich will nicht, dass du Rennfahrer wirst und aus." Nachdem sein Großvater nicht mit sich verhandeln ließ, kam es schließlich zum Bruch zwischen den Beiden. Vier Jahre später holte Lauda seinen ersten F1-Titel mit Ferrari. Für die Scuderia war es der erste Fahrertitel seit John Surtees 1964. 1977 folgte der zweite Titel. Aussagen seiner ersten Frau Marlene, dass er zu seiner Zeit als Rennfahrer das größte Arschloch gewesen sei, bestätigt Lauda. "Spitzensportler müssen völlig fokussiert sein, sonst könnten sie sich diesem Risiko nicht aussetzen, schon gar nicht in der Formel 1", erklärte der Österreicher.

Erst nach seinem Feuerunfall 1975 hätte sich seine Einstellung etwas geändert. "Da gehen die Scheuklappen ein bisschen auf und man kriegt auch was vom normalen Leben mit", verriet Lauda. Seinem Unfall hat er auch sein Markenzeichen - die rote Kappe - zu verdanken. "Als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war mein Kopf komplett einbandagiert. Der Arzt hat mir eine Kappe aufgesetzt, damit der Verband nicht verrutscht. Und dann fragte Parmalat, ob ich ihren Schriftzug tragen würde", erzählte Lauda. Die Verbindung hielt 25 Jahre lang. Vom "Im-Kreis-Fahren" hatte Lauda schneller die Nase voll und so kündigte er 1979 seinen Rücktritt aus der Königsklasse an.

Lauda & Ron Dennis, Foto: Sutton
Lauda & Ron Dennis, Foto: Sutton

Drei Jahre später kehrte er in die Formel 1 zurück. "Es war als könnte Ron Dennis meine Gedanken lesen. Er lud mich zu einem Test ein und nach ein paar Runden wusste ich, dass ich es schaffen kann", erinnert sich Lauda an seine Testfahrt in Donington. Der Österreicher war im McLaren sofort wieder konkurrenzfähig und stand nach dem dritten Rennen wieder auf dem Podest. Zwei Jahre später gab Lauda wieder den Ton an und sicherte sich in der knappsten WM-Entscheidung der F1-Geschichte seinen dritten Titel - Lauda gewann mit einem halben Punkt Vorsprung auf Alain Prost.

Nach dem Großen Preis von Australien 1985 hängte Lauda seinen Rennhelm endgültig an den Nagel. Der Faszination der F1 konnte er sich aber nie völlig entziehen. In seiner aktuellen Rolle als Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzender hat er wieder nur ein Ziel - die Nummer 1 zu werden. Und so steht auch an seinem 65. Jubeltag die Arbeit im Vordergrund. "Wie es sich gehört", sagt Lauda abseits der Testfahrten in Bahrain.