Die Formel 1 biegt so langsam auf die Zielgerade ein und Sebastian Vettel nimmt konstant Kurs in Richtung Titel Nummer vier. Am kommenden Wochenende beim Großen Preis von Japan könnte der Red-Bull-Pilot die Titelverteidigung mit einem Sieg bereits vorzeitig einsacken, wenn WM-Rivale Fernando Alonso maximal Neunter im Rennen wird. Es wäre der fünfte Erfolg des Heppenheimers hintereinander und damit würde er seine traditionell überragende Form während der Asia-Wochen wieder einmal unter Beweis stellen. Red Bull stapelt jedoch tief und spricht erst von der Weltmeisterschaft, wenn es wirklich soweit ist. "Die Wahrscheinlichkeit, den Titel schon in Japan zu gewinnen, ist extrem gering", sagte Teamchef Christian Horner. "Wann wird Fernando Alonso schon einmal Neunter? So lange wir am Ende gewinnen, ist mir egal, wo wir gewinnen."

So sieht es auch Vettel, der nach bislang drei Suzuka-Siegen als großer Favorit zum fünftletzten Rennen des Jahres reist. Die meisten Beobachter rechnen damit, dass sich der 26-Jährige beim Großen Preis von Abu Dhabi zum neuen Weltmeister krönt - Vettel selbst hatte jedoch keine Lust darauf, sich an den Rechenspielchen zu beteiligen. "Zu Beginn der Saison lautete unser Ziel, um die Meisterschaft zu kämpfen", sagte er in Korea im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Das ist uns bis jetzt gut gelungen, wir sind in einer guten Position. Wo das passiert, ist nicht so wichtig - wichtig ist nur, dass es passiert."

Red Bull kann den Suzuka International Racing Course mit seinem starken RB9-Boliden zuversichtlich in Angriff nehmen. Der Mix aus schnellen Kurven und langen Geraden lag dem Auto zuletzt perfekt und daran sollte sich auch nichts ändern. Außerdem muss sich Red Bull keine Sorgen machen, dass die Konkurrenz die große Geheimwaffe auspackt und die Hackordnung auf den Kopf stellt - neue Teile sollte es allein schon wegen der Back-to-Back-Rennen kaum noch geben.

Red Bull ist eine Macht in Suzuka, Foto: Sutton
Red Bull ist eine Macht in Suzuka, Foto: Sutton

Um Vettel selbst muss man sich sowieso keine Sorgen machen, die Bilanz des 26-Jährigen in Japan ist überragend: Viermal ging er für Red Bull in Suzuka an den Start, gewann dreimal (2009, 2010, 2012). Startplatz 1 ist ebenfalls in fester Vettel-Hand: In den vergangenen vier Jahren schnappte er sich jedes Mal die Pole Position im Qualifying. Während Vettel selbst gern an 2012 und das Suzuka-Triple aus Pole, Sieg und schnellster Runde zurückdenkt, dürfte es Alonso schon etwas Bange werden. Der Spanier schied im vergangenen Jahr nach einer Startkollision schon früh aus - sollte sich Ähnliches wiederholen, könnte die WM bereits entschieden sein.

Es wäre eine Wiederholung von 2011, als Vettel ebenfalls schon in Suzuka vorzeitig zum Titelgewinn fuhr. Alonsos Chancen auf den ersten WM-Triumph mit Ferrari sehen also nicht allzu rosig aus, doch einer hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben: Alonso selbst. "Wir haben 15 Rennen lang Wunder vollbracht und wir versuchen das Wunder für die nächsten fünf Rennen am Leben zu halten", sagte er kürzlich und spielte damit auf den unterlegenen Ferrari an. Selbst ernannte Wunder, wie drei zweite Plätze in den vergangenen vier Grands Prix, werden Alonso allerdings nicht zum Titel führen. Er muss - wie er in den letzten Wochen mehrfach betonte - auf Vettel-Pech und Ausfälle seines Kontrahenten hoffen.

Ein weiteres Problem für Alonso: Die Konkurrenz trumpfte zuletzt wieder groß auf und verwies Ferrari auf die weiteren Plätze. Allen voran Lotus mit dem Doppel-Podium in Korea. Kimi Räikkönen ist heiß auf seinen zweiten Saisonsieg und auch Romain Grosjean präsentierte sich in hervorragender Form. In Korea setzte das Team aus Enstone erstmals auf den E21-Boliden mit längerem Radstand, die sich vorteilhaft auf den Reifenverbrauch auswirken soll. In Yeongam funktionierte das Update und könnte auch in Suzuka wieder an den Start gehen. Sollte die Truppe im Qualifying noch eine Schippe drauflegen können, wird es noch schwieriger für Alonso, in die Spitze zu fahren. "Wenn wir unsere Leistung am Samstag verbessern, dann gibt es immer eine Chance", so Räikkönen über einen Sieg in den verbleibenden Rennen. "Daher werden wir es sicher weiter versuchen und sehen, was wir tun können."

Lotus hat Mercedes in der Hierarchie den Rang abgelaufen, doch die Silberpfeile wollen noch einmal zurückschlagen. Nico Rosberg sehnt sich nach einem weiteren Top-Ergebnis und rechnet sich in Suzuka gute Chancen aus. "Unser Auto war in diesem Jahr bislang in schnellen Kurven gut, da wir viel Abtrieb zu haben scheinen. Also hoffe ich, dass der schnelle Streckenverlauf in Suzuka uns an diesem Wochenende entgegenkommen wird", so Rosberg. "Gerne würde ich an diesem Wochenende das gute Ergebnis nachholen, das wir bei den vergangenen Rennen verdient gehabt hätten."

Darüber würde sich Mercedes ganz besonders freuen, geht es in der Hersteller-WM doch um den zweiten Gesamtplatz hinter Red Bull mit 402 Punkten. In Korea konnten die Silberpfeile (283 Punkte) Boden gutmachen auf Ferrari (284 Punkte) - nur ein WM-Zähler trennt die beiden Autohersteller noch. Hier bräuchten Alonso und Teamkollege Felipe Massa zumindest kein Wunder für den Titelgewinn...