Mittwochnachmittag in Mokpo, und wer läuft einem in der Nähe einer der wenigen Sehenswürdigkeiten dieser Stadt, einer speziellen Felsformation, über den Weg? Adrian Sutil, der einfach mal "aus dem Hotel raus musste, sonst werde ich da noch verrückt." Dabei wohnt er wie alle Fahrer ja im pro Nacht mindestens 700 Euro teuren "Hyundai-Hotel" in der Nähe der Rennstrecke, aber "erstens gibt es da rund herum absolut überhaupt nichts, zweitens sind die Zimmer so verräuchert, dass man es kaum aushält."

Also ein Ausflug in die Stadt Mokpo, "weil ich der Meinung bin, dass es eigentlich überall die ein oder andere Stelle gibt, wo es durchaus schön ist..." Womit er nicht unrecht hat - auch wenn der größte Teil der 240.000 Einwohner-Stadt Mokpo, knapp 400 Kilometer südlich von Seoul, aus grauen Wohnblocks á la Plattenbauten oder Industrieanlagen besteht: Ein paar schöne Stellen, bewaldete Hügel mit Felskrone, auf die man klettern kann, Gärten und Parks gibt es schon. "Wenn man ehrlich ist, dann ist es in Suzuka auch nicht schöner und das ist auch sehr weit weg von Tokio", meint Sutil - aber es gibt halt doch Unterschiede: Vor allem natürlich, "dass es in Japan halt die Formel-1-Tradition und die entsprechende Begeisterung und viele Fans gibt - während das Rennen hier keinen interessiert. Das würde sehr, sehr lange dauern, hier so etwas wie eine Formel-1-Kultur zu schaffen..."

Foto: Sutton
Foto: Sutton

Dass die Koreaner dazu überhaupt noch Gelegenheit bekommen, ist freilich eher unwahrscheinlich. Denn auch wenn der lokale Promoter die Chance, den Grand Prix auch 2014 noch einmal zu bekommen, auf etwa 50:50 einschätzt: Die finanziellen Probleme sind gewaltig, schon in diesem Jahr stand das Rennen ja lange auf der Kippe - und die Koreaner geben zu, dass sie von Ecclestone günstigere Konditionen verlangen, verlangen müssen. Nur: Warum sollte der sich darauf einlassen, wenn sowieso schon 22 Rennen im Kalender stehen und die vorherrschende Meinung bei den Teams eher dahin geht, dass das eigentlich ein bisschen zu viel sei.

Und wenn sich sowieso viele im Fahrerlager freuen würden, wenn sie nicht mehr nach Mokpo müssten - auch wenn die Strecke selbst durchaus die Zustimmung der Fahrer findet. Es ist nicht nur das alljährliche leidige Problem mit der Unterbringung in miesen Motels, die den Rest des Jahres als Stundenhotels dienen, in denen im Bad und auf der Seife noch die Haare des Vormieters hängen, es sind auch die alljährlich immer wieder auftretenden Organisationsprobleme, die alle Beteiligten nerven. Ein Grundproblem: Offensichtlich will natürlich jeder in der Gegend ein Stück vom Kuchen abbekommen - mit dem Ergebnis, dass im gleichen Bereich oftmals mehrere Firmen oder Agenturen mehr gegeneinander als miteinander arbeiten.

Foto: Sutton
Foto: Sutton

Das derzeit letzte "Kabinettstückchen" dieser Art: Am Mittwochabend kündigte plötzlich die komplette Tagschicht der lokalen Security, am Donnerstag hingen dann erst einmal weiter arbeitende Nachtschicht-Mitglieder, verstärkt durch einige eigentlich als Dolmetscher eingeteilte Helfer, müde an den Kontrollposten. "Die Tag- und die Nachtschicht werden von verschiedenen Firmen gestellt, wir haben nur gehört, es gebe da irgendwelche internen Probleme", heißt es bei den österreichischen Security-Chefs, die im Auftrag der FOM wie bei so vielen Rennen die Oberaufsicht haben. Mit leichtem Kopfschütteln angesichts der Tatsache, "dass die das hier einfach nie richtig hinkriegen..."

Bei all den Problemen ist es kein Wunder, dass ausländische Fans beim Korea-GP praktisch nicht vorhanden sind. "Im ersten Jahr kamen noch ein paar, aber es wurden immer weniger", sagt So-Choung Park, die in der Tourismus-Information arbeitet. Sie spricht gutes Englisch - in dieser Gegend eine absolute Seltenheit, "und auch einer der Punkte, über die sich internationale Besucher halt immer beklagen: Dass es nirgendwo Verständigungsmöglichkeiten gibt." Und den Koreanern, speziell denen in Mokpo und Umgebung, ist die Formel 1 egal, nichts, was sie interessiert, auch nichts, was man ihnen wirklich nahebringt: "Vielleicht hätte ein Rennen in der Nähe von Seoul, mit mehr internationalem Publikum, ein Erfolg werden können. Aber hier - und dann auch noch so? Zu wenig Promotion, auch zu wenig Information während des ganzen Jahres über das, was die Formel 1 eigentlich ist, kaum Berichte in den Medien, und während des Rennwochenendes hauptsächlich Interesse dafür, was das Ganze kostet", meint Park, "das kann ja so nicht wirklich funktionieren."

Und das heißt dann eben: Keine Zuschauer, keine Einnahmen - und mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit 2014 eben auch kein Rennen mehr. Traurig wären, wie gesagt, in der Formel 1 wohl die wenigsten darüber. Eine Frage allerdings bleibt: Eine neue Strecke, gebaut, um dann nur vier Jahre benutzt zu werden - wer hat das am Ende bezahlt? Im Zweifelsfall ganz am Ende wahrscheinlich der koreanische Steuerzahler...