Der Große Preis von Deutschland auf dem Nürburgring war bis zur letzten Runde hochspannend, doch neben Sebastians Vettels erstem Heimsieg war wieder einmal die Sicherheit das zentrale Thema. Bei Mark Webbers erstem Boxenstopp in Runde neun trat ein Problem mit dem Hinterrad auf, welches nicht korrekt montiert worden war, weshalb der Australier den Pneu bereits nach wenigen Metern wieder verlor. Der herrenlose Reifen rollte durch die Boxengasse, traf den Kameramann Paul Allen mit voller Wucht und schleuderte ihn zu Boden.

Die Boxenstopps werden immer schneller, Foto: Sutton
Die Boxenstopps werden immer schneller, Foto: Sutton

Allen brach sich bei dem tragischen Unfall zwei Rippen sowie das Schlüsselbein und wurde nach erster ärztlicher Versorgung vor Ort nach Koblenz ins Krankenhaus geflogen. Wie genau es zum Unglück kommen konnte, war unmittelbar nach dem Rennen noch unklar. "Wir wissen, dass die Radmutter nicht draufgegangen ist. Aber wir müssen uns erst im Detail ansehen, warum der Wagen freigegeben wurde", erklärte Red Bulls technischer Direktor Adrian Newey bei Motorsport-Magazin.com. Das Team wurde mit einer Geldstrafe in Höhe von 30.000 Euro belegt.

Nach dem Unfall entbrannte im Fahrerlager eine Sicherheitsdebatte, wobei sämtliche Verantwortliche die einhellige Meinung vertraten, dass der Schutz von in der Boxengasse arbeitenden Personen erhöht werden müsse, denn Allen kam trotz der Knochenbrüche noch recht glimpflich davon - wäre er vom Reifen am Kopf getroffen worde, hätte die Formel 1 nach Kanada binnen weniger Wochen womöglich den zweiten Todesfall beklagen müssen.

Veränderungen gefordert

"Diese Autos haben sehr viel Energie und daher tragen die Mechaniker Schutzkleidung und Helme", sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner, der verriet, dass Webber erst nach dem Rennen darüber informiert worden war, was sein herrenloser Reifen angerichtet hatte. "Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, ob andere dort arbeitende Menschen - die meist ebenso nah an der Action sind - ebenfalls mit Schutzequipment ausgestattet werden. Die Kameraleute sind so nah an der Action dran. Sie liefern großartige Bilder, aber es ist noch immer eine gefährliche Umgebung."

Mercedes-Teamchef Ross Brawn stimmte zu und dachte zunächst an Allen, ehe er sich der Rennanalyse widmete "Unsere Gedanken gelten heute dem Kameramann, der von einem losen Rad in der Boxengasse getroffen wurde. Zum Glück scheint er keine ernsthaften Verletzungen davongetragen zu haben", sagte der Brite und fügte an: "Dieser Vorfall erinnert an die Gefahren unseres Sports und dass wir die Sicherheitsvorkehrungen stets wachsam im Auge behalten müssen. Ich denke, jeder in der Boxengasse sollte einen Helm tragen." Der Vorfall ereignete sich in unmittelbarere Nähe der Mercedes-Box, doch die Silberpfeil-Mechaniker konnten sich im Gegensatz zu Allen noch rechtzeitig in Sicherheit bringen.

Wie Martin Whitmarsh, seines Zeichens Teamchef von McLaren, zu Protokoll gab, sei die Formel 1 im Umgang mit der Sicherheit in der Boxengasse in letzter Zeit ein wenig zu sorglos geworden. "Das durch die Boxengasse kullernde Rad war ziemlich unheimlich", gab er zu und richtete den Blick in die Vergangenheit: "Diejenigen unter uns, die die Zeit vor 25 ohne Tempolimits miterlebten, konnten die Gefahr riechen. Wir sind alle ein bisschen zu selbstgefällig geworden."

Das World Motorsport Council entschied jüngst, dass ab kommender Saison alle Teammitglieder, die im Rennen beim Boxenstopp involviert sind, einen Kopfschutz tragen müssen. Es wäre nicht verwunderlich, würde diese Regel bald auf alle in der Boxengasse befindlichen Personen ausgeweitet.